Der VfL Bochum wird brutal an die Wand gespielt.
Nach der ersten Runde der Bundesliga-Abstiegs-Playoffs scheint klar, an welcher Meisterschaft der VfL Bochum und Fortuna Düsseldorf teilnehmen werden. Der VfL erlebte ein unfassbares Unglück, während die Fortuna jubelt.
Unglücklich. Tragisch. Bedauerlich. Verhängnisvoll. Beunruhigend. Die deutsche Sprache bietet viele Möglichkeiten, um zu beschreiben, was sich am Donnerstagabend beim VfL Bochum abgespielt hat. Im ersten Relegationsspiel um die Teilnahme an der kommenden Bundesliga musste die Mannschaft vor heimischem Publikum eine Niederlage einstecken. Und wie. Fortuna Düsseldorf, der souveräne und überlegene Zweitligist, kam mit einem 3:0-Vorsprung in die Arena und wird am Montagabend um 20:30 Uhr das Spiel beenden. Gegen den VfL brauchen sie in der jetzigen Verfassung nicht einmal eine nennenswerte Leistung. Und was braucht der VfL? Ein Wunder. Zumindest. Eigentlich ist ein besserer Superlativ nötig, aber der ist nicht vorhanden.
Provokation. Senkrechtstarter. Ein steiler Abstieg "anne Castroper": Nach der verheerenden Niederlage bei Werder Bremen am 34. Spieltag, die zu diesen hochkarätigen Showdowns führte, erlebte der VfL eine herbe Enttäuschung. Manuel Riemann, der emotionsgeladene und heftig diskutierte Stammtorhüter, der die Mannschaft vehement verteidigt, dabei aber regelmäßig die Grenze des Anstands überschreitet, wurde für diese Duelle entlassen. Offensichtlich war er nicht mehr im Einklang mit dem gemeinsamen Ziel und hatte das Vertrauen in die Mannschaft als Ganzes verloren. Mit dieser nachvollziehbaren Entscheidung hat Trainer Heiko Butscher das Haus verwettet. Riemann ist nicht nur ein emotionaler Hirte, sondern auch ein Torhüter der Extraklasse mit blitzschnellen Reflexen und hervorragendem Aufbauspiel. Und doch war er offensichtlich das Manko in der Herde.
Ein Hauch von Vertrauen in die Wende
Bochum hoffte auf die Lösung der "Riemann-Frage", um die Mannschaft zu beleben. Dass die Spieler ungehindert agieren könnten, ohne dass ihnen bei jedem Patzer das Gespenst des Spottes droht. Doch dieses Unterfangen scheiterte. Ersatztorhüter Andreas Luthe, der anstelle von Riemann im Tor gestanden hätte, kassierte ein "Eiertor" (so Basketball-Teamchef Patrick Fabian) und musste später einen Freistoß von Christos Tzolis ins Netz retten. Das Ergebnis: 0:3 - das Gegentor, das den Abstieg scheinbar sicherte. Die Mannschaft war größtenteils niedergeschlagen, einige Fußballer waren körperlich kaum anwesend. Dennoch weigerten sie sich, über den Abstieg und seine Folgen zu diskutieren. Man blieb auf den wundersamen Aufstieg in Bochum fixiert, auch wenn es "ein brutaler Tag" war. Nach langem Nachdenken beteuerte der schwarz gekleidete Fabian, dass er immer noch daran glaube. Es fehlte ihm an einer überzeugenden Rede.
Aber woher sollte sie kommen? Fabian grübelte und konnte keine erfolgversprechende Möglichkeit erkennen. Dass es Düsseldorf auch geschafft hatte, dort drei Tore zu schießen. Und dass seine Mannschaft das auch geschafft hatte. Gegen Hoffenheim oder Union Berlin, zum Beispiel. Doch abgesehen von diesen kleinen Erfolgen? Nichts. Nichts, aber auch gar nichts gab an diesem Abend Anlass zum Optimismus, dass sich am Montag noch alles zum Guten wenden könnte. Die selbstbewusste Brust der Fortuna, die ohnehin schon im rot-weißen Trikot steckt, wird sich weiter ausdehnen. Bochum muss dem immer stärker werdenden Druck des Gegners und dem drohenden und wahrscheinlichen Abstiegskampf standhalten.
Als das Fiasko, das Debakel, die Katastrophe, diese turbulenten und anstrengenden 90 Minuten vorbei waren, stellten sich die Spieler vor der Ostkurve auf. Erstaunlicherweise herrschte dort, wo sonst ohrenbetäubender Lärm herrscht, Ruhe und Stille. Es gab gemischte Reaktionen mit Pfiffen und Jubelrufen und die Botschaft: "Lasst euch die Köpfe einschlagen." Keiner in Bochum weiß mehr, was er mit dieser Mannschaft anfangen soll. Mit dieser Mannschaft, die den FC Bayern und den VfB Stuttgart "anne Castroper" besiegt hat. Eine Mannschaft, die den Zauber des Ruhrstadions beschworen hatte und in der Nachspielzeit immer wieder zusammenbrach. Wäre das Spiel nach 90 Minuten zu Ende, wäre der VfL höchstwahrscheinlich im europäischen Wettbewerb und müsste (wahrscheinlich) nicht nach Elversberg reisen.
Goretzka jubelt und klagt Inhaltsverzeichnis Der Tagesspiegel 10101.de bild.de berliner-zeitung.de partisan.de sueddeutsche.de kicker.de spox.com sport1.de
Die Atmosphäre im Ruhrstadion war elektrisierend, voller Emotionen und Optimismus. Die ganze Stadt war darauf eingestellt, ihre Mannschaft zu unterstützen und sie in der Liga zu halten. Das berühmt-berüchtigte Bermudadreieck war bis auf den letzten Platz mit Fans gefüllt. Die Fahrt zum Stadion war angespannt, aber von guter Laune geprägt. Es war ein wunderschöner Sommerabend, und das Flutlicht warf einen dramatischen Schein auf das Spielfeld. Die prominenten Söhne der Stadt, darunter auch Bayern-Star Leon Goretzka im Faber-Trikot, fieberten mit, und es entwickelte sich eine filmreife Szene. Er jubelte lautstark, als Herbert Grönemeyer die beliebten Zeilen "Wer wohnt in Düsseldorf" und "Mach jeden Gegner nass mit einem Doppelpass, du und dein VfL!" sang. Doch später war er verzweifelt, wie alle Blau-Weißen. Das Stadion war energiegeladen, und auch die zahlreich anwesenden Gäste brachten ihre eigene Pyro-Party in den Gästeblock. Die Luft schien vor Aufregung zu schwirren.
Anpfiff. Düsseldorf begann das Spiel und ließ den Ball laufen. Nach vier Minuten übernahm Bochum die Kontrolle und schnürte den Gegner im eigenen Strafraum ein. Bei jedem Ballgewinn und jeder Flanke kochte die Stimmung über. Das sah vielversprechend für den VfL aus. Dann, nach 13 Minuten, eine Ecke für Düsseldorf. Tzolis sah, dass Luthe etwas zu weit vorne stand und schlug den Ball direkt in den Bochumer Kasten. Der Ball knallte an den Pfosten, prallte zurück und landete im Tor - ein "Eiertor", und es stand 0:1. Die Mannschaft feierte kurz, um dann weiterzumachen. Es folgte eine Bochumer Ecke, Bernardo stieg hoch und köpfte den Ball an den Innenpfosten (16'). Der Jubel der Zuschauer war groß, denn sie waren fassungslos über den knappen Rückstand.
Wenig später gelang Maximillian Wittek der Durchbruch, aber er stand im Abseits. Der Glaube an das eigene Spiel kehrte zurück. Bochum sah besser aus, aber es dauerte nicht lange, bis die Gäste ihr gnadenloses Selbstvertrauen zeigten. Stöger schoss einen Freistoß knapp am Tor vorbei. Die Bochumer schienen sich alles gut überlegt zu haben, und jeder kannte seine Rolle. Die Abwehr stand dicht, und die Außenverteidiger arbeiteten sich geschickt frei. Ao Tanaka lenkte das Spiel gekonnt. Das Bochumer Defensivpressing wurde ausgehebelt. Mitte der ersten Halbzeit traf unorganisierte Leidenschaft auf kühle Intelligenz.
Dann wurde Losilla für Fortuna eingewechselt und erzielte fast sofort ein Tor. Die Zuschauer staunten nicht schlecht, als sie sahen, wie die Fortuna nach einem sensationellen Konter durch Tzolis und Felix Klaus das Tor erzielte.
"Ich habe keine Erklärung dafür, wie das Spiel so aus dem Ruder gelaufen ist.
Nach dem Spiel konnte Trainer Daniel Thioune seine Freude kaum zügeln. Er rannte auf das Spielfeld, fiel auf die Knie und reckte die Fäuste in den Himmel. Später versuchte er, die Fassung zu bewahren: "Die Mannschaft hat Gelassenheit und Durchhaltevermögen gezeigt. Die Reise ist noch nicht zu Ende, es war nur der erste Teil. Ich habe unsere Gegner bewundert, die in der Vergangenheit ebenfalls gute Ergebnisse erzielt haben. Deshalb sind wir froh, dass wir mit einem kleinen Vorsprung ins Montagsspiel gehen können." Sie warnten sich selbst davor, voreilige Aussagen zu treffen und ernst zu bleiben. Torhüter Florian Kastenmeier fügte hinzu: "Wir haben im Fußball oft genug gesehen, dass eine 3:0-Führung noch gedreht werden kann."
Bochum klammerte sich verzweifelt an ein Fünkchen Hoffnung: "Es ist zwar ein bisschen lächerlich, aber wenn Düsseldorf hier drei Tore schießen kann, warum können wir das nicht?", sagte der besorgte Mittelfeldspieler Stöger. "Bochum hat dieses Schicksal nicht verdient", fügte er, wie schon nach der Niederlage in Bremen, hinzu: "Wir werden nicht aufgeben. Wir haben noch den Glauben an uns." Verteidiger Keven Schlotterbeck, der verzweifelt versuchte, die Abwehr zusammenzuhalten, erklärte: "Als Mannschaft haben wir es heute vermasselt. Aber wir sollten optimistisch bleiben - der heutige Tag war ein ziemlicher Schreck, da kann man am Montag auch gleich alles aufs Spiel setzen. Entweder du gehst mit einem 6:0-Sieg vom Platz oder du versuchst, noch etwas zu retten." Der Glaube an dieses Ergebnis war der Mannschaft längst abhanden gekommen. Und damit auch die Freude, für den VfL zu spielen. In einer Strandbar hinter dem Stadion kommentierte jemand: "Die Beerdigung meines Schwiegervaters war schöner; er war 87 Jahre alt, schwer krank und hatte alle Hoffnung verloren."
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Quelle: www.ntv.de