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Kann die grüne Luftfahrt bis zum Jahr 2050 Realität werden?

Es sind härtere Maßnahmen erforderlich.

Trotz der Klimakrise nimmt die Zahl der Flüge weltweit zu.
Trotz der Klimakrise nimmt die Zahl der Flüge weltweit zu.

Kann die grüne Luftfahrt bis zum Jahr 2050 Realität werden?

Der Luftverkehr trägt erheblich zur globalen Klimakrise bei. Ein Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung (TAB) des Deutschen Bundestages zeigt, dass es lange dauern kann, bis eine klimafreundliche Luftfahrtindustrie durch technische Lösungen erreicht wird. Ein Professor für nachhaltigen Tourismus meint, dass die Branche selbst mehr Verantwortung trägt als die Politik.

Dem Bericht zufolge reicht eine einzige Technologie nicht aus, um den Luftverkehr umweltfreundlicher zu machen. Vielmehr ist eine Kombination von Technologien zur Erforschung verschiedener Aspekte erforderlich. Dazu gehören Elektromotoren, nachhaltige Kraftstoffe aus Abfällen oder Biomasse, grüner Wasserstoff, verbesserte Treibstoffeffizienz und effizientere Flugzeugkonstruktionen.

In seiner Antwort auf den Bericht argumentiert Stefan Gössling, Professor an der Linnaeus-Universität, dass das langfristige Ziel einer nahezu kohlenstoffneutralen Luftfahrtindustrie bis 2050 ohne drastische Maßnahmen wie Steuern oder Quoten unerreichbar sei. Die Unterstützung von Forschung und Entwicklung könnte einen Beitrag leisten, aber die Regierung und die Luftfahrtindustrie tragen eine gewisse Mitverantwortung.

Forscher und Analysten sehen weder für Triebwerke noch für alternative Kraftstoffe schnelle Lösungen voraus. Der Bericht warnt davor, dass die Entwicklungs- und Zulassungszeiten für neue Technologien in der Luftfahrt langwierig sein können, wobei einige Technologien möglicherweise bis zu 15 Jahre bis zur Marktreife und weitere 30 Jahre bis zu ihrer allgemeinen Einführung benötigen.

Gössling sieht eine Schwachstelle im Ausgangspunkt des Berichts, da für den Luftverkehr ein weniger ehrgeiziges Klimaziel als für andere Branchen festgelegt wurde, obwohl er einer der am schnellsten wachsenden Sektoren ist. Er weist darauf hin, dass in der Regel übersehen wird, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung, vor allem Vielflieger, einen großen Anteil an den luftfahrtbedingten Emissionen haben.

Dem Bericht zufolge könnten die Flugemissionen bis 2050 weltweit um 60 % steigen. Der Luftverkehrssektor hat bereits einen starken Anstieg der Passagierzahlen zu verzeichnen: von etwa 136 Millionen im Jahr 2004 auf rund 227 Millionen im Jahr 2019.

Der Bericht betont, wie wichtig es ist, die Nachfrage nach Flügen zu verringern. Zu den möglichen Maßnahmen gehört die Besteuerung von Langstreckenflügen, die die meisten Emissionen verursachen. "25 Prozent der längsten Flüge sind für 70 Prozent der Emissionen verantwortlich", erklärt Gössling.

Nach Angaben des TAB trägt der internationale Luftverkehr zwischen 3,5 und 5 Prozent zur anthropogenen Erwärmung bei. In Europa ist der Luftverkehr für etwa 4 % der jährlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Neben den CO2-Emissionen werden in dem Bericht auch Nicht-CO2-Effekte wie Rußpartikel, Wasserdampf, Schwefel- und Stickoxide genannt, die bei der Kerosinverbrennung entstehen und zur Bildung von Kondensstreifen und Zirruswolken führen. Auch wenn ihre Gesamtauswirkungen auf das Klima aufgrund des begrenzten wissenschaftlichen Kenntnisstandes schwer abzuschätzen sind, scheinen sie eine wichtige Rolle zu spielen.

Das TAB untersucht auch Alternativen zu Flugzeugtreibstoffen auf Basis fossiler Brennstoffe, wie z. B. nachhaltige Flugtreibstoffe (SAF). Dazu gehören sowohl Biokraftstoffe als auch E-Treibstoffe. E-Fuels ähneln chemisch fossilen Kraftstoffen wie Kerosin und werden durch die Umwandlung von Wasser in Wasserstoff und die anschließende Herstellung synthetischer Kraftstoffe nach dem Power-to-Liquid-Verfahren (PtL) hergestellt. Das TAB unterstreicht jedoch die Notwendigkeit eines Ausbaus der erneuerbaren Energieressourcen, um den Energiebedarf von E-Kraftstoffen zu decken.

Wasserstoff-Brennstoffzellen werden zwar schon seit einiger Zeit erforscht, doch gibt es nach wie vor Probleme, da der Wasserstoff in großen, isolierten und schweren Tanks bei Temperaturen unter 253 Grad an Bord von Flugzeugen gelagert werden muss. Eine kurzfristige Anwendung ist daher unwahrscheinlich.

Das TAB betont auch die Notwendigkeit eines einheitlichen Energieversorgungssystems an allen Flughäfen, um kostspielige Parallelinfrastrukturen zu vermeiden. Auch aus diesem Grund ist ein grundlegender Umstieg auf ein neues Energieversorgungssystem in den nächsten Jahren nicht zu erwarten.

Gossling ist der Meinung, dass der TAB-Bericht auch mit den gemachten Einschränkungen noch zu optimistisch ist. Es gibt noch nicht einmal funktionsfähige E-Fuel-Pilotanlagen - der Bericht erweckt den Eindruck, als sei nur der Bedarf an Strom das Problem. "Die Technologie ist schwer und schwierig zu skalieren; wenn sie funktioniert, werden große Mengen an Strom benötigt, die in anderen Bereichen der Elektrifizierung fehlen. Darüber hinaus wären die Kosten für E-Fuels so hoch, dass keine Fluggesellschaft sie freiwillig einsetzen würde.

Eine entscheidende Rolle sieht das TAB zunächst in der Optimierung des Flugbetriebs. Verbesserungen der Aerodynamik, wie glatte Oberflächen oder gebogene Flügelspitzen, können den Treibstoffverbrauch senken. Auch die Flugplanung auf Ebene der Fluggesellschaften und des Flugverkehrsmanagements kann die Emissionen reduzieren. Dazu gehören ein besseres Luftraummanagement zur Verringerung von Umwegen, effiziente Flugverfahren wie ein langsamerer Sinkflug, die Optimierung von Geschwindigkeit und Flugprofil sowie eine höhere Auslastung der Flugzeuge. Ein gezieltes Steuersystem könnte diese Entwicklungen beschleunigen.

"Ein stärkerer Fokus könnte auf den privaten Flugzeugsektor gelegt werden, der überwiegend für Kurzstreckenflüge genutzt wird", schlägt das Büro für Technikfolgenabschätzung vor. "In Deutschland hat die Zahl der Flüge deutlich zugenommen, was zu einem überproportionalen Anteil an den Schadstoffemissionen führt."

Gossling hält es auch für wichtig, sich zu überlegen, wer am meisten zu den Emissionen beiträgt - eine kleine Gruppe von Vielfliegern, die mehr als zehn Flüge pro Jahr absolvieren. Diese Personen fliegen oft in der Premiumklasse, die drei- bis fünfmal mehr Emissionen verursacht als die Economyklasse.

"Diese Gruppe einzuschränken oder sie dazu zu bringen, mehr in der Economy Class zu fliegen, hätte ein enormes Potenzial zur Emissionsreduzierung", sagt Gossling. "Ein Verbot von Bonusprogrammen für Vielflieger, die zusätzliche Reisen und Upgrades fördern, wäre in diesem Zusammenhang ebenfalls von Vorteil."

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Quelle: www.ntv.de

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