Zeuge: Kurz beeinflusste Ernennung
Sebastian Kurz muss sich vor dem Bezirksgericht Wien wegen angeblicher Falschaussage in der „Ibiza-Affäre“ verantworten. Nun erhebt ein Kronzeuge schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler. Entgegen seinen Behauptungen soll Kurz eine aktive Rolle bei der Ernennung seiner Vertrauten gespielt haben.
Laut einem Kronzeugen hatte der frühere österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz maßgeblichen Einfluss auf die Stellenbesetzung beim staatlich kontrollierten Unternehmen Öbag. Der ehemalige Öbag-Chef Thomas Schmid sagte vor dem Wiener Bezirksgericht, dass der damalige Regierungschef und sein Team bei der Vorlage der Liste im Öbag-Aufsichtsrat mit „Ja“ oder „Nein“ geantwortet hätten. „Es ist ein Veto“, sagte Schmid.
Kurtz muss sich wegen angeblich falscher Angaben verantworten. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll er seine Rolle bei der Besetzung von Obags Position heruntergespielt haben, als er 2020 vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss von Ibiza aussagte. Der damals beliebte Ministerpräsident habe einen neuen Stil versprochen, wolle aber nicht in den Verdacht geraten, um das Amt zu konkurrieren, so die Staatsanwaltschaft zu einem möglichen Motiv. Kurz bestreitet die Vorwürfe.
Schmid, der damals zum engeren Kreis des Premierministers gehörte, war Chef eines staatlich kontrollierten Unternehmens, das zwischen 2019 und 2021 milliardenschwere Unternehmensinvestitionen im Land verwaltete. Gegen den 48-Jährigen wird in mehreren weiteren Fällen ermittelt. Sein Ziel ist es, ein Starzeuge zu werden. Schmid sagte, er habe jetzt einen Neuanfang. „Mit Herrn Kurz habe ich heute nichts mehr zu tun“, fuhr Schmid fort. Grundsätzlich sei damals allen klar gewesen, dass wichtige Personalentscheidungen eng mit hochrangigen Regierungsvertretern abgestimmt werden müssten. Aus seiner Sicht war ihm immer klar, dass Kurtz seine Ambitionen unterstützte.
Vor Beginn der Verhandlungen zeigte sich Kurtz zuversichtlich. „Ich bin mir sicher, dass der heutige Tag etwas Licht auf die hier angewandten Methoden werfen wird“, sagte der 37-Jährige. Demnächst werden die ehemaligen Finanzminister Gernot Blümel und Hartwig Löger zum Prozess eingeladen.
Anlass der Ermittlungen ist der Ibiza-Vorfall. In einem heimlich auf einer Ferieninsel aufgenommenen Video erscheint der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache anfällig für Korruption. Das Bündnis zwischen ÖVP und FPÖ scheiterte 2019 an dem Vorfall. Das Mobiltelefon des ehemaligen ÖBAG-Chefs Schmid spielte eine zentrale Rolle bei der Suche nach Beweisen für Vetternwirtschaft und Korruption während der Regierung Kurz. Mehr als 300.000 Chatprotokolle – von Staatsanwaltschaften oft als belastend eingestuft – sind eine Fundgrube für Ermittler. Schmid selbst behauptete, Kronzeuge des Vorfalls zu sein und beschuldigte mehrfach den ihm nahestehenden Kurz.
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Quelle: www.ntv.de