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Vorbeugende Festnahmen offenbaren die Bedrohung durch islamistischen Terror

Weihnachtsmärkte, Züge: Behörden sprechen hier von „weichen Zielen“. Es ist also sehr bequem, überall hin zu kommen. Die jüngsten Festnahmen zeigen, wie angespannt die Lage im Nahen Osten aufgrund der eskalierenden Spannungen geworden ist.

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Ein Polizist steht vor der Weihnachtspyramide in Kropke, Hannover. In Niedersachsen ist ein 20-jähriger Mann wegen des Verdachts der Planung eines Terroranschlags in der Weihnachtszeit festgenommen worden. Foto.aussiedlerbote.de

Extremismus - Vorbeugende Festnahmen offenbaren die Bedrohung durch islamistischen Terror

Innerhalb einer Woche kam es zu drei Festnahmen. Drei junge oder minderjährige Verdächtige. Mutmaßliches Angriffsziel: Weihnachtsmarkt. Erste Anzeichen für einen möglichen Terroranschlag kamen aus dem Ausland. Was ist da passiert?

Terrorismusexperten der Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass dies mit der Eskalation der Konflikte im Nahen Osten zusammenhängt, wobei Muslime und Araber die Dinge teils anders sehen als die deutsche Mehrheitsgesellschaft. Damit ist nicht unbedingt der von der Hamas am 7. Oktober geplante brutale Terroranschlag in Israel gemeint, bei dem mehr als 1.200 Menschen getötet und etwa 240 Geiseln genommen wurden. Im Gegenteil: Die wenige Tage später begonnene israelische Militäroffensive im Gazastreifen gilt als unverhältnismäßig und soll von Terrorgruppen auf der Suche nach Sympathisanten und Attentätern für ihre eigenen Zwecke ausgenutzt werden.

Terroristische Propaganda hat die Koranverbrennung in Schweden zum Anlass genommen, Widerstand gegen alles „Westliche“ zu schüren, und fördert nun aktiv „das sogenannte notwendige Narrativ vom ‚Schutz der al-Aqsa-Moschee in Jerusalem‘ und den Kampf gegen den Terrorismus.“ ” „Israel und das Judentum“, heißt es in einer Stellungnahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz in dieser Woche. Dabei seien teilweise auch Terrorgruppen wie al-Kaida oder Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) betroffen gewesen Die Ideologie ist verzerrt, weil sie die in der Vergangenheit aus der Muslimbruderschaft hervorgegangene Hamas häufig als „Islamischen Staat“ verunglimpft. Das ist zu lax und geht über ihre eigenen salafistischen Lehren hinaus.

Nach dem brutalen Angriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober war sofort klar, dass die Entwicklungen im Nahen Osten unmittelbare Auswirkungen auf die Sicherheitslage Deutschlands haben würden. Unter den Schulleitern hatte es an diesem Wochenende intensive Gespräche gegeben. Konzepte zum Schutz jüdischer Einrichtungen und anderer möglicher Angriffsziele wurden überdacht und bekannten islamistischen Bedrohungen wieder größere Aufmerksamkeit geschenkt. Es wurde eine sogenannte Sonderprüfung eingeleitet.

Hamas und Internet Samidoun verboten

Bundesinnenministerin Nancy Feser (SPD) verwies in diesem Zusammenhang auch auf ihr am 2. November ausgesprochenes Verbot gegen die Hamas und das palästinensische Netzwerk Samidoun. Terrorismusexperten rechnen nicht damit, dass Mitglieder beider Gruppierungen in Deutschland Anschläge verüben. Das Ministerium sagte, die durch ein solches Verbot möglichen Maßnahmen zur Verhinderung der angeblichen Propagandaaktivitäten der Hamas und Samitown, sowohl online als auch offline, zeigten bereits Wirkung.

Im Allgemeinen radikalisieren sich einzelne Täter oder kleine Gruppen innerhalb kurzer Zeit, und es bedarf größerer Anstrengungen, um die Solidarität mit den überwiegend muslimischen Palästinensern in aggressive, kriegerische Haltungen zur Vorbereitung auf Terroranschläge umzuwandeln. Oft kommen Entwurzelung, Versagen der Selbstwahrnehmung, Trennung oder ähnliche persönliche Frustrationen hinzu.

„Weiches Ziel“: Es gibt viele Menschen und keine Zugangskontrolle

Nach Angaben der Sicherheitsbehörden wollten die beiden am Montag von der Polizei in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg festgenommenen jungen Männer sowie der in Niedersachsen inhaftierte Iraker angeblich mit ihrem christlichen Hintergrund Veranstaltungen auf einen Weihnachtsmarkt gehen irrelevant. Stattdessen könnte es sich um „weiche Ziele“ handeln, Orte, an denen viele Menschen zusammenkommen, ohne die Kontrolle zu erlangen.

Darüber hinaus ist nicht ausgeschlossen, dass die drei Verdächtigen den Terroranschlag vom 19. Dezember 2016 nachahmen wollen. Damals fuhr ein abgelehnter tunesischer Asylbewerber mit einem gestohlenen Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, der Berliner Gedächtniskirche. Bei dem Angriff kamen 13 Menschen ums Leben.

Tatsächlich ist diese Brutalität vielen Islamisten noch immer im Gedächtnis geblieben, etwa nach dem Attentat auf Broxtedt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten Ibrahim A. vor, am 25. Januar 2023 in der Nähe des Bahnhofs Broxtedt ein 17-jähriges Mädchen und ihren zwei Jahre älteren Freund erstochen zu haben. Zwei weitere Frauen und zwei Männer wurden schwer verletzt. Nach der Festnahme des Palästinensers wurde bekannt, dass er sich bereits in einem Hamburger Gefängnis positiv über die Berliner Attentäter geäußert hatte.

Frankreich erhöht die Terrorwarnstufe

Deutschland ist nicht das einzige betroffene Land. In einer Analyse des Verfassungsschutzes heißt es: „In den letzten Wochen kam es in mehreren europäischen Nachbarn zu Terroranschlägen, bei denen teilweise ausdrücklich von Konflikten im Nahen Osten die Rede war.“ Vor diesem Hintergrund haben mehrere EU-Länder, darunter Frankreich, haben kürzlich ihre nationale Terrorwarnstufe erhöht.

„Nahost-Konfrontationen und ihre Auswirkungen auf Deutschland“ stehen auch auf der Tagesordnung eines Herbsttreffens der Innenminister von Bund und Ländern, das nächste Woche in Berlin stattfindet. Es werden Joseph Schuster, Vorsitzender des Jüdischen Zentralkomitees, und der israelische Botschafter Ron Prosol erwartet.

Bei der Diskussion über die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts betonten Vertreter des Ampel-Bündnisses jüngst, dass der vom Kabinett vorgeschlagene Gesetzentwurf klar vorsehe, dass Personen, die wegen antisemitischer Straftaten verurteilt wurden, nicht eingebürgert werden können. Tamara Zieschang, Innenministerin des Landes Sachsen-Anhalt, will noch einen Schritt weitergehen. Sie schlug vor, dass der Einbürgerungstest „Fragen nach der besonderen Verantwortung jüdischen Lebens in Deutschland und der Existenzberechtigung in Israel ergänzt“. „Bei antisemitischen Einstellungen sollte die Einbürgerung verweigert werden“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

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Quelle: www.stern.de

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