Urteil in Karlsruhe - Wird es eine Wiederholung der Berliner Bundestagswahl geben? Wer zittert gerade am meisten?
Erst vor einem Monat stürzte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Regierung in eine tiefe Krise: Vom Obersten Gerichtshof zertifizierte illegale Haushaltstricks führten in diesem und in den Folgejahren zum Verschwinden von Milliarden Dollar. Notkompromisse, darunter zahlreiche Sparmaßnahmen, waren gerade abgeschlossen, als sich die Berliner Politik wieder besorgt auf Karlsruhe richtete.
Am Dienstag entscheiden die Richter über eine weitere Klage der Opposition: Es geht darum, inwieweit die Bundestagswahl 2021 in Berlin aufgrund zahlreicher Pannen am Wahltag wiederholt werden muss. Tatsächlich hat jeder das Problem gesehen. Mehr als 1.700 Menschen legten Einspruch gegen die Wahl ein, darunter auch der damalige Bundeswahlleiter selbst.
Deshalb hat der Bundestag, in dem SPD, Grüne und FDP die Regierungsmehrheit stellen, beschlossen, dass in 431 der 2.257 Berliner Wahlkreise, also etwa jedem fünften, Neuwahlen zur Bundestagswahl stattfinden sollen. Aber ist es genug? Nein, denken Sie an CDU und CSU. Die Koalition ist der Meinung, dass die Wahlen in weiteren Bereichen wiederholt werden sollten, und zieht daher, wie auch beim Haushalt, vor Gericht. Wenn sie recht hat, ist es bereits das zweite Mal innerhalb kürzester Zeit, dass die Ampel in Karlsruhe ausfällt. Wie schlimm kann es werden? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Ist eine Wiederwahl erforderlich?
Dies ist zumindest eine theoretische Möglichkeit: Der Karlsruher Richter könnte von der Entscheidung des Bundestags abweichen und festlegen, dass Wahlen überhaupt nicht wiederholt werden müssten. Experten halten dies jedoch für unwahrscheinlich.
Vielmehr stellt sich die Frage nach dem Umfang der Umverteilung: Reichen die von der Ampel-Fraktion gesetzten Grenzen aus, oder sind Neuwahlen in weiteren Bezirken nötig? Reicht es, den zweiten Wahlgang (für die Wahl einer Partei) noch einmal durchführen zu lassen, oder muss die Berliner Bundestagswahl komplett wiederholt werden? Die Unionisten wollen eine Zweitstimme über Parteilisten in der Hälfte der Berliner Wahlkreise, in denen die Bundestagswahlleiter damals die Wahl angegriffen haben. Der erste Wahlgang für die Direktkandidaten wird in beiden Wahlkreisen erneut durchgeführt.
Für wen ist es besonders wichtig?
Sollte Karlsruhe alle Ergebnisse der Berliner Bundestagswahl für ungültig erklären, müssten rund 2,4 Millionen Berliner wieder wählen. Da Berlin im Jahr 2021 bundesweit nur etwa 4 % der Wahlberechtigten ausmacht, dürften auch in diesem Fall die Auswirkungen auf die Bundestagsmehrheit bescheiden ausfallen.
Doch der Berliner Abgeordnete, der seinen Wahlkreis vor zwei Jahren nur knapp gewonnen hatte, könnte eine weitere Niederlage erleiden und aus dem Bundestag ausscheiden müssen. Andere, die 2021 verloren haben, können jetzt noch im Parlament sitzen.
Besonders gravierende Folgen könnte dies für die ehemalige Linke haben, die 2021 unter der Fünf-Prozent-Hürde bleibt und nur durch den Gewinn von drei Direktmandaten, davon zwei in Berlin, ins Parlament einziehen kann. Sollten Gregor Gysi oder Gesine Lötzsch bei einer Wiederholungswahl ihr Direktmandat verlieren, verlieren alle 39 Abgeordneten ihr Mandat – auch die 10 Überläufer um Sahra Wagenknecht.
Experten sind sich nicht einig, wie wahrscheinlich dies ist. Aus Sicht des Verfassungsrechtlers und emeritierten Professors der Berliner Humboldt-Universität Ulrich Battis ist dies durchaus möglich: „Ich erwarte eine Wiederholung der Bundestagswahl in ganz Berlin“, sagte er dem Spiegel. Doch Sophie Schönberger, Verfassungsrechtlerin an der Universität Düsseldorf, entgegnete: „Bei der Berliner Wahl gab es offensichtlich Fehler bei den abgegebenen Stimmen, aber diese Fehler gelten nicht für die Bundestagswahl. Das könnte gegen den Berliner Bund sein.“ A „Komplette Wiederholung der Wahl“, sagte sie auch dem „Tagesspiegel“.
Damit meint sie Folgendes: Im Jahr 2021 haben die Berliner nicht nur einen neuen Bundestag, sondern auch ein neues Abgeordnetenhaus gewählt. Die Wahl zum Repräsentantenhaus wird genau am 12. Februar 2023 wiederholt. Die Auswirkungen waren weitreichend: Die CDU löste die SPD als stärkste Kraft im Land ab und führt seitdem die Landesregierung.
Was ist das wahrscheinlichste Szenario?
Am Ende dürften wohl nur einige Berliner noch einmal zur Wahlurne aufgefordert werden. Die entscheidende Frage ist, wie viele Wahlkreise davon betroffen sein werden. Denkbar ist, dass das Bundesverfassungsgericht den Antrag der Union ablehnt – und dann die bereits gefasste Entscheidung des Bundestags wiederholt wird. Gerichte können jedoch auch die Zahl der Bezirke, in denen eine erneute Wahl stattfinden muss, verringern oder erhöhen. Der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler sagte dem „rbb“, das Gericht habe sich bei einer mündlichen Verhandlung im Juli nicht zu einer Präferenz geäußert. „Die Richter im Zweiten Senat schickten Fragen in alle Richtungen.“ Genaues kann man also erst wissen, wenn man das Urteil kennt: Es wird am Dienstag um 10 Uhr verkündet.
Wie geht das alles weiter?
Es kommt auch darauf an, wie der weitere Prozess abläuft. „Eine Reihe grundlegender Entscheidungen können nur getroffen werden, wenn wir wissen, ob wir vor einer Teil- oder Vollwahlwiederholung stehen“, erklärte Landeswahlleiter Brochler vor einigen Tagen. So muss beispielsweise die Anzahl der Wahllokale und Wahlhelfer sowie die Anzahl der benötigten Stimmzettel ermittelt werden. Bröchler sagte, das Karlsruher Urteil sei noch 60 Tage von der Umsetzung entfernt. Das bedeutet, dass der 11. Februar 2024 der letztmögliche Wahltag ist.
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Quelle: www.stern.de