- Was für eine elektrische Fahrt!
Die letzten Wochen waren voller negativer Nachrichten über E-Autos. Scheinbar werden insbesondere deutsche Modelle kaum gekauft, was die Automobilindustrie schwer trifft. Das ist nicht ganz richtig. Während die Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen in 13 europäischen Ländern tatsächlich sinken, bleiben deutsche Autohersteller gefragt. Im Jahr 2023 folgten das VW ID.4 und der Enyaq, ein Modell der tschechischen Tochter Skoda, den Tesla-Modellen Y und 3 in den EU-Verkaufsstatistiken.
Der Enyaq ist das beliebteste Elektroauto unter Deutschen
Der Enyaq (soll ein bisschen irisch klingen und "Quelle des Lebens" bedeuten), der 2021 eingeführt wurde, wurde in Deutschland ein Sternschnuppen-Auto. Letzten Herbst war der in Mlada Boleslav gebaute SUV zeitweise das zweithebeliebteste Elektroauto in Deutschland in Bezug auf die Zulassungen. In der ersten Hälfte des Jahres 2024 hielt er stabil unter den Top 3. Ein Grund dafür: Für das Modelljahr 2024 haben die Tschechen das Auto überarbeitet. Sie legten den Schwerpunkt weniger auf das Design und mehr auf die Effizienz. Die Aerodynamik wurde optimiert und der Antriebsstrang und die Elektromotoren auf den neuesten technischen Stand gebracht. Der Enyaq gilt als kleines Elektroauto-Wunder, wie intern gemunkelt wird.
Unsere Familie ist begeistert. Denn jetzt steht der neue mit der Bezeichnung Enyaq 85x Sportline 4x4 als Testwagen vor unserer Tür. Er sieht wirklich schick aus, das finden wir alle sofort. Die Farbe heißt Velvet-Rot Premium Metallic, kostet aber happige 660 Euro extra. Ohne Aufpreis wird das Auto nur in einem etwas farblosen "Energy-Blue" geliefert. Aber das Rot ist so auffällig, dass mehrere Passanten uns während des Tests enthusiastisch ansprechen. Schade, dass nicht einmal sechs Prozent der Deutschen rote Autos kaufen - drei Viertel sind grau, schwarz oder weiß. Unsere vernachlässigten Straßen könnten wenigstens bunter sein!
Ein SUV, der nicht massiv wirkt
Der Körper des Test-Enyaq steht auf 21-Zoll-Leichtmetallrädern, was dem Auto eine imposante Präsenz verleiht. Allerdings ist er technisch betrachtet nicht wirklich massiv, sodass SUV-Kritiker sich beruhigen können. Mit einer Länge von 4,65 Metern ist er kürzer als ein 3er BMW und mit einer Höhe von 1,62 Metern so hoch wie ein Golf Plus. Aber er bietet dank der perfektionierten MEB-Plattform des Elektroantriebs der VW-Gruppe viel Innenraum für Passagiere. Hinter dem Fahrer (1,91 Meter) hat der Sohn (1,95 Meter) reichlich Platz, mit einer Faustbreite Abstand zwischen seinen Knien und dem Vordersitz.
Unere längste Teststrecke führt von Köln nach Hermagor in Kärnten, Österreich. Wir starten um 6:30 Uhr. Wir müssen einen Umweg über Koblenz machen, um unseren Sohn und seine Freundin abzuholen. Insgesamt haben wir an diesem Tag genau 950 Kilometer vor uns. Ich habe im Voraus einen Ladeplan mit meinem Handy erstellt. Das Navigationssystem des Enyaq ist zuverlässig, aber nicht auf meine Bedürfnisse zugeschnitten. Ich kann es zum Beispiel nicht so einstellen, dass es nur Tesla Supercharger in der automatischen Ladeplanung berücksichtigt. Dort ist der Strom billig und es gibt fast immer freie Ladepunkte. Nur Ionity-Ladestationen (Ionity gehört unter anderem zu VW) können ausgewählt werden, aber selbst dann sucht das Navigationssystem merkwürdigerweise erst nach dem, was es will. Erst wenn man später eine Ladestation ändern möchte, schlägt es ausschließlich Ionity vor. Das ist ärgerlich, weil umständlich. Skoda sollte sich mal App-Anbieter wie ElectricRoutes anschauen, die können das. Zum Glück funktionieren Apple CarPlay und Android Auto im Enyaq perfekt, sodass man bequem mit Apps wie Maps, Waze oder Google Maps navigieren kann.
Das Laden geht schneller als Kaffeetrinken
Ich habe berechnet, dass die besten Plätze zum Laden in Weibersbrunn, Schweitendorf und wieder in Österreichs Spittal an der Drau sind. Um alle Range Anxiety-Leidenden zu beruhigen, die bei solchen Distanzen hyperventilieren könnten, es hat super geklappt. Es gab keine Probleme, obwohl es Hochsaison war. Keiner der Passagiere empfand die Ladepausen als Komforteinbuße. Im Gegenteil, nach etwa 300 Kilometern meldete sich mindestens eine Blase oder es juckte in den Kaffeewünschen. Laut unserem Plan hätten an jedem Ort etwa 20 Minuten Ladezeit mit dem Enyaq, der manchmal bei über 180 kW saugte, ausgereicht. Das ist weniger als die Zeit, die Verbrenner-Autos an den Highway-Tankstellen und Kassen Schlange standen, wo an diesem Tag unglaublich lange Schlangen bildeten. Wir blieben immer freiwillig länger, um in Ruhe Kaffee und Snacks zu genießen, damit sich der Akku auf mindestens 90 Prozent aufladen konnte.
Alle Enyaqs kommen mit einer 82 kWh Lithium-Ionen-Batterie, von der 77 kWh nutzbar sind (der Rest ist Sicherheitsreserve). Als wir den Rastplatz in Schweitenkirchen nach 598 Kilometern verließen, lag der durchschnittliche Verbrauch einschließlich Ladeverlusten bei knapp unter 20 kWh. Auf der Autobahn bei etwa 25 Grad Celsius konnten wir 385 Kilometer mit einer einzigen Batterieladung zurücklegen. Das ist ein hervorragender Wert für ein 2,2-Tonnen-Fahrzeug, das vier Erwachsene und viel Gepäck transportiert und sich durch starken Regen für die ersten 100 Kilometer kämpfen musste. Die Route aus dem Rheinland tendierte auch dazu, halb Kilometer bergauf zu gehen, wo wir immer, wenn möglich, mit 130 km/h dahinflogen. Übrigens war das auch unsere Reisegeschwindigkeit mit Verbrennungsmotoren in der Vergangenheit. Auf der Rückfahrt haben wir sogar weniger als 17,5 kWh pro 100 Kilometer verbraucht. Ein Benzin-Golf hätte etwa 62 kWh verbraucht. Beeindruckend.
Der Massagesitz ist eher enttäuschend
Das Innenraum ist hochwertig und gut verarbeitet. Hartplastik findet man nur in den unteren Bereichen, andere Oberflächen sind weich gepolstert und gestaltet. Dekorative Nähte verleihen Eleganz, und die Sportsitze bieten hervorragende Unterstützung. Der Massagefunktion im Fahrersitz ist jedoch eher enttäuschend – leider. Die Technologie durchknetet den unteren Rücken für zehn Minuten auf eine eher unmotivierte Art und Weise. Wer moderne Massagesitze in Premium-Konkurrenzmodellen wie dem VW ID.7 ausprobiert hat, wo man ausgiebige Programme wählen kann, wird von der Enyaq-Version wahrscheinlich enttäuscht sein.
Andererseits sind die Kernfunktionen wirklich ausgezeichnet. Schulnoten: Fahrdynamik: 1. Federungskomfort: 1. Fahrgeräusch: 1-. Klimatisierung: 1-. Sitzkomfort: 1-. Canton-Klangsystem: 2+. Multimedia-System: 2. Assistenzsysteme: 2+. Batterieverwaltung: 2+: Die Batterie wird automatisch oder manuell auf die ideale Temperatur gebracht, um auch im Winter die höchste Ladeeffizienz zu erreichen.
Die adaptive Geschwindigkeitsregelung denkt zwei Kilometer voraus
Auf der Straße funktionieren die Assistenzsysteme sogar in chaotischen Baustellen zuverlässig. Nach nur wenigen Kilometern kann man ihnen bedenkenlos die Kontrolle überlassen. Die "Predictive Adaptive Cruise Control" lässt sich nicht so leicht täuschen. An der Front des Autos ist ein Radarsensor montiert, eine Kamera liest Verkehrszeichen, und die genaue Position wird über GPS bestimmt. Außerdem verarbeitet der Bordcomputer ständig Informationen aus detaillierten Straßenkarten. Laut Škoda kann das System die nächsten ein bis zwei Kilometer im Voraus berechnen und planen.
Die Spurhalteassistenz funktioniert einwandfrei, insbesondere wenn man weiß, wie schwierig es bei der Konkurrenz sein kann (wie bei unserem privaten chinesischen MG4). Der Enyaq hält automatisch die Spur, reduziert die Geschwindigkeit, wenn nötig, vor Kurven und hält einen eingestellten Sicherheitsabstand zum Fahrzeug vor ihm ein, ohne zu ruckeln. Es kann sich bis zu 60 km/h autonom im Verkehr bewegen. Es achtet auf Gegenverkehr beim Abbiegen und Überholverkehr beim Parken. Wenn nötig, bremst es selbstständig nach Warnsignalen. Das spart Nerven und Energie. Es kann sogar autonom einparken. Wenn man ihm einmal den Weg zur heimischen Garage gezeigt hat, wird es sich in Zukunft daran erinnern und den Vorgang eigenständig durchführen, wenn gewünscht. Man kann dann im Fahrersitz sitzen und staunend zusehen, wie alles glatt abläuft.
Der Assistent macht einen Fehler – einmal – mit Folgen
Der Assistent hat jedoch einmal während unseres Tests versagt. An einem Abend nach einer Wanderung möchten wir einkaufen. Es gibt eine kurze Parkbucht an der Wand vor dem Geschäft. Die Sonne steht tief, lange Schatten werden geworfen, und es ist kaum zu erkennen, dass die Wand eine Vorstehung hat, neben der die Rinne verläuft. Langsam heranfahrend piept der Enyaq ruhig, als wäre er noch 50 Zentimeter von der Wand entfernt. Dann ein Ruck. Aufprall! Das Auto kollidiert mit der Vorstehung. Keine Warnung vom Assistenten. Keine Notbremsung, wofür der Assistent in solchen Fällen zuständig ist. Stattdessen gibt es jetzt hässliche Kratzer an der Außenlackierung. Ich stelle mir vor, es gäbe keine Wand, sondern ein Kind auf einem Dreirad. Skoda kann diesen technischen Verwirrung noch nicht erklären. Vielleicht hat die Vielfalt der Formen den Ultraschall verwirrt? Sie wollen das untersuchen.
Ein SUV, insbesondere mit Allradantrieb, ist vielleicht nicht die beste Wahl für Hamburg oder Köln City, aber er eignet sich gut für die Berge, was wir schnell merken. Von Hermagor aus geht es sechs Kilometer steil bergauf zum Guggenberg zum Hof, wo wir eine Ferienwohnung gemietet haben. Wir kennen die Gastgeber seit vielen Jahren. Ohne Allradantrieb, sagen sie, wären sie hier oben im Winter verloren. Sie haben ihr Dach mit PV ausgestattet und würden auch gerne ein Elektroauto haben. Sie mögen den Enyaq sofort.
An einem Tag möchten wir zur Rattendorfer Alm auf dem Karnischen Höhenweg fahren, um über einen Pfad zum Zottachkopf hinaufzusteigen. Die Straße zur Alm führt fast zehn Kilometer auf unwegsamem Gelände und durch enge Kurven den bewaldeten Berg hinauf. Der Enyaq meistert die Strecke, als würde er an einem Seil hochgezogen. Die adaptive Aufhängung wertet ständig Fahrsituationen aus (Bremsen, Beschleunigen, Kurven) und reagiert mit angepasster Dämpfung und Lenkcharakteristik. Das sorgt für ein komfortables, sicheres Fahrgefühl.
Die starke Rekuperation reduziert den Verbrauch dramatisch
Unterwegs nach unten haben wir eine neue, spaßige Erfahrung gemacht. Wir sind zehn Kilometer den Berg hinab gerutscht und haben dabei regenerative Energie genutzt. Am Ende des Gailtals, wo es flach ist, zeigt das Display einen Verbrauch von -40 kWh an. So haben wir einen beträchtlichen Teil des Akkus aufgeladen, ohne an einer Ladestation zu halten. Oben auf dem Guggenberg zeigt das Display dann null Verbrauch an. Natürlich ist ein Elektroauto keine Perpetuum-Mobil-Maschine, aber hier zeigt sich klar der Vorteil der Energierückgewinnung.
Zurück in Köln und beim Abholen des Skoda Kombi empfanden wir einen Anflug von Traurigkeit. Wir hatten uns alle sehr an ihn gewöhnt, was bei Testwagen nicht üblich ist. Er war zu einem Freund geworden, der praktische Ideen wie die Regenschirme in den Fahrertür- und Beifahrertüren bot. Wir haben sogar einige Macken übersehen, wie das feste Greifen des Lenkrads, um den Assistant davon abzuhalten, ständig "Nimm das Lenkrad!" zu sagen, oder die automatische Notbremsung, die einmal ausgelöst wurde. Oder das Leuchten des Ladeanschluss-Lichts grün, wenn das Auto lädt, obwohl es blau sein sollte, um einen funktionierenden Ladevorgang anzuzeigen.
Einiges Elektroauto für viel Geld
Die Frage des Preises bleibt. Würden wir es privat kaufen? Der Enyaq startet bei 48.900 Euro in guter Basisausstattung, though der tatsächliche Preis im Geschäft könnte bei etwa 42.000 Euro liegen. Unser fast vollständig beladener Testwagen kostete 65.630 Euro. Ein Händler in Hameln bietet ihn auf Carwow für 54.437 Euro inklusive Lieferkosten an, was ein fairer Preis für ein so rundes Familien-Elektroauto mit großem Akku ist. Ein vergleichbarer Tiguan, eines der beliebtesten Verbrenner-Autos in Deutschland, kostet sogar noch mehr in der "Allspace RS"-Version mit 245 PS Motor.
Wenn Hersteller wie Skoda ein neues Auto vorstellen, laden sie normalerweise die Medien zu einem Event an einen schönen Ort ein. Dort stehen mehrere Modelle für eine einstündige oder zweistündige Testfahrt bereit, oft mit vorprogrammierten Panoramastrecken. Diese kurzen Tests geben einen ersten Eindruck, aber nicht viel mehr. Wir glauben, dass es wichtig ist, ein Auto viele Tage und Kilometer im Alltag zu testen, bevor wir unseren Lesern empfehlen, mehr als 40.000 Euro - oder nicht - zu investieren.
Der Star war zwei Wochen und über 3.000 Kilometer mit dem neuen Enyaq unterwegs. Das Familienurteil ist selten einstimmig: vier Daumen nach oben für den Skoda Enyaq.
Der Enyaq mit seinen beeindruckenden Effizienzverbesserungen für das Modelljahr 2024 bleibt eine beliebte Wahl bei deutschen Käufern. Während unseres Testfahrts beeindruckte uns seine kompakte Größe trotz seines imposanten Erscheinungsbilds und des üppigen Innenraums.
Obwohl er Premium-Features und eine ausgezeichnete Leistung bietet, liegt der Preis des Enyaq in einer ähnlichen Kategorie wie höherwertige Verbrenner-Autos.