"Unerträgliche Tragödie": Geiselmord schockiert Israel
Das Militär "drückt sein tiefstes Bedauern über diesen tragischen Vorfall aus". Es untersucht den Vorfall und zieht daraus "unmittelbare Lehren", die an alle israelischen Streitkräfte weitergegeben werden sollen. Armeesprecher Daniel Hagari versprach eine "transparente Untersuchung".
Ihm zufolge nahmen die Soldaten die drei Geiseln "versehentlich als Bedrohung wahr". Die Soldaten eröffneten daraufhin das Feuer auf die Geiseln und "sie wurden getötet". Hagari zufolge vermutet die israelische Armee, dass die drei Geiseln entweder vor der Hamas geflohen sind oder von ihren Entführern freigelassen wurden. "Wir kennen noch keine Details", sagte ein Militärsprecher.
Die Leichen der drei Geiseln wurden nach Israel gebracht, so die Armee. Die israelischen Streitkräfte identifizierten die Unfallopfer als Alon Lulu Shamris, 26, und den Heavy-Metal-Schlagzeuger Jotam Haim, 28, die beide aus dem Kibbuz Kfar Asa entführt wurden, sowie den Beduinen Samer El-Talalka, 25, der aus dem Kibbuz Kfar Asa entführt wurde. El-Talalka, ein 25-jähriger Beduine, wurde in Nir Am, einem Kibbuz, verschleppt.
Als sich die Nachricht von der versehentlichen Tötung der drei Geiseln verbreitete, versammelten sich am Abend Hunderte von Demonstranten vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv. Unter ihnen waren auch Angehörige der Geiseln. Die Demonstranten forderten eine rasche neue Vereinbarung zur Freilassung der übrigen Geiseln. Die Menge schwenkte israelische Flaggen und hielt Plakate mit den Porträts der Geiseln hoch. Auf einem der Plakate stand: "Jeden Tag sterben Geiseln".
Der Demonstrant Merav Svirsky sagte: "Ich sterbe vor Angst, während wir uns hier nach einer verheerenden Nacht versammeln." Sein Bruder wurde im Gazastreifen als Geisel genommen. "Wir fordern jetzt eine Einigung."
Etwa hundert Geiseln wurden in der Woche bis Ende November im Rahmen eines Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und der Hamas freigelassen. Im Gegenzug ließ Israel 240 palästinensische Gefangene frei. Die Vereinbarung wurde von Katar, Ägypten und den Vereinigten Staaten vermittelt.
Das Nachrichtenportal "Axios" berichtete in der Nacht zum Freitag, dass der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, David Bania, am Wochenende den katarischen Premierminister Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani in Europa treffen wird. Dies soll der zweite Waffenstillstand zur Freilassung von Geiseln sein. Axios machte keine Angaben über den genauen Ort des Treffens oder die Anzahl der Geiseln, die freigelassen werden könnten.
Die Hamas, die von der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten als terroristische Organisation eingestuft wird, hat nach einem Großangriff auf Israel am 7. Oktober rund 250 Menschen im Gazastreifen als Geiseln genommen. Kämpfer der Hamas sind in israelische Städte eingedrungen und haben Gräueltaten an der Zivilbevölkerung verübt. Nach israelischen Angaben haben mehr als 1 130 Menschen ihr Leben verloren.
Als Reaktion darauf hat die israelische Armee seither Ziele im Gazastreifen bombardiert und eine Bodenoffensive gestartet. Nach jüngsten Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden konnten, wurden bisher rund 18 800 Menschen getötet, darunter etwa 8 000 Kinder.
Israel hat außerdem die Versorgung der palästinensischen Gebiete mit Treibstoff und Hilfsgütern weitgehend unterbrochen. In den letzten Wochen erreichte die dringend benötigte humanitäre Hilfe den Gazastreifen nur aus Ägypten über den Grenzübergang Rafah. Am Freitag beschloss das israelische Regierungskabinett, Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern "vorübergehend" die Einfahrt in das Küstengebiet über den Grenzübergang Kerem Shalom zu gestatten.
Jack Sullivan, der nationale Sicherheitsberater der US-Regierung, sprach von einem "wichtigen Schritt". Ein Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO) begrüßte die "gute Nachricht". Es müsse nun sichergestellt werden, dass die Hilfsgütertransporte alle Teile des Gazastreifens erreichen können, nicht nur den Süden, der von den Kämpfen weniger betroffen sei als der Norden.
DJ
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Quelle: www.stern.de