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Shell steigt aus der PCK-Raffinerie Schwedt aus - was nun?

Seit Jahren will Shell seine Beteiligung an PCK, einer großen Raffinerie im Nordosten Deutschlands, verkaufen. Jetzt wurde ein Käufer gefunden. Doch viele Fragen bleiben unbeantwortet.

Verschiedene Anlagen zur Rohölverarbeitung auf dem Gelände der PCK-Raffinerie GmbH. Der....aussiedlerbote.de
Verschiedene Anlagen zur Rohölverarbeitung auf dem Gelände der PCK-Raffinerie GmbH. Der Energiekonzern Shell will seine 37,5-prozentige Beteiligung an der ostdeutschen Großraffinerie PCK Schwedt an die britische Prax-Gruppe verkaufen. Bild..aussiedlerbote.de

Energie - Shell steigt aus der PCK-Raffinerie Schwedt aus - was nun?

Die PCK-Ölraffinerie Schwedt, eine der wichtigsten Industrieanlagen im Nordosten der Republik, befindet sich noch im Gleichgewicht. Die russischen Sanktionen haben die Anlage, die einst russisches Öl lieferte, getroffen. Das Unternehmen wird weitgehend von der Bundesregierung kontrolliert, und es ist unklar, wie es weitergehen wird. Ganz zu schweigen von der fernen, grüneren Zukunft. Aber eine Entscheidung ist jetzt gefallen: Der Energieriese Shell will als Aktionär aussteigen und hat die britische Praxair Group als Käufer gewonnen. Dieser wird mehr als 37,5 Prozent der Raffinerie übernehmen.

Die Geschäftsführung der PCK, der Bund und das Land Brandenburg werteten dies am Freitag als Zeichen der Stabilität für das Unternehmen, das nicht nur auf Tausende von Arbeitsplätzen in Ostdeutschland angewiesen ist, sondern auch den Nordosten mit Benzin, Diesel und Paraffin versorgt. Für die Verbraucher ändert sich nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur nichts - die Versorgung der PCK mit Rohöl und der Vertrieb von Kraftstoffen in der Region werden wie bisher fortgesetzt. Dennoch gibt es deutliche Kritikpunkte.

Christian Görke, Linken-Politiker und PCK-Experte, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Es ist unwahrscheinlich, dass diese wichtigen Anteile in die Hände eines kleinen britischen Ölhändlers fallen werden." Prax wird nicht wie geplant zu einer grünen Raffinerie für E-Treibstoffe und Wasserstoff umgebaut werden können, weil das Zukunftskonzept mindestens 15 Milliarden Euro kosten wird. Gorks Forderung: Der Bund soll die Shell-Anteile übernehmen und den Standort dauerhaft sichern.

Die Ausgangslage

Die Vorgeschichte ist eher verwirrend. Shell plante nach eigenen Angaben seit Jahren, seine Anteile zu verkaufen, um seine Raffinerieaktivitäten auf wenige Standorte zu konzentrieren. Lange galt die österreichische Alcmene Group als wahrscheinlichster Käufer, 2021 war der Deal fast perfekt. Doch dann beanspruchte Rosneft, das russische Staatsunternehmen, das über zwei Tochtergesellschaften 54 Prozent an PCK hält, das Vorkaufsrecht.

Dieser Plan scheiterte, als Russland Anfang 2022 die Ukraine angriff und die EU mit Sanktionen reagierte. Für PCK, die seit den 1960er Jahren fast ausschließlich russisches Förderöl aus der Druschba-Pipeline verarbeitet, war dies ein tiefgreifender Einschnitt. Aus politischen Gründen wollte die föderale Regierung dieser Situation ein Ende setzen. Daher übernahm die föderale Regierung als Treuhänderin die Aktien von Rosneft und damit faktisch die Mehrheit an dem Unternehmen. Anstatt Öl aus Russland zu kaufen, kauft PCK nun Tanker über die Häfen Rostock und Danzig sowie Öl aus Kasachstan über die Druschba-Pipeline.

Einkäufer

Die im Vereinigten Königreich ansässige Praxis Group ist im internationalen Handel mit Rohöl, Erdölprodukten und Biokraftstoffen tätig. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen 1.450 Mitarbeiter an acht Standorten weltweit. Im Vergleich zu Shell, einem britischen Unternehmen mit weltweit mehr als 90.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 380 Milliarden Dollar, erscheint Praxair sehr klein.

In einer Erklärung betonte Praxair sein strategisches Interesse, in der EU stärker Fuß zu fassen. Zu den Plänen von PCK sagte das Unternehmen: "Die Gruppe plant, die Aktivitäten der Raffinerien bei der Energiewende zu unterstützen und weitere Möglichkeiten in der Region zu erschließen." Weiter heißt es: "Die Übernahme wird neue Investitionen in die Raffinerie bringen."

Was der Start bedeuten könnte

Die Reaktion von Schwert war zunächst positiv, aber zurückhaltend. PCK-Chef Ralf Schairer erklärte: "Ich freue mich über diese Nachricht, weil sie uns Klarheit und Planungssicherheit für die Zukunft von PCK gibt." Der Betriebsrat fügte hinzu: "Wichtig ist für uns, dass das Unternehmen über Prax Anteile erworben hat, die an der Sicherung von Standorten und Arbeitsplätzen interessiert sind."

Ähnlich äußerten sich auch das Bundeswirtschaftsministerium und das Land Brandenburg. "Die Sicherung der PCK Schwedt ist in der Planung", erklärte ein Sprecher des Bundesministeriums. Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) wies darauf hin, dass Prax nicht nur Erfahrung mit Öl habe, sondern auch Wasserstoffprojekte betreibe. "Ich sehe eine positive Entwicklung in Schwerte."

Hindernisse

Doch viele Fragen sind noch offen. Shell teilte mit, dass der Abschluss der Transaktion in der ersten Hälfte des Jahres 2024 erwartet wird, "vorbehaltlich der Rechte der Partner und der behördlichen Genehmigungen". Bestehende Aktionäre haben unterdessen Vorkaufsrechte. Dazu gehört neben Rosneft auch der Minderheitsaktionär Eni Group, der einen Anteil von 8,3 Prozent hält.

Für rund 54 Prozent der Rosneft-Aktien kann die Entscheidung über das Vorkaufsrecht der treuhänderischen Bundesregierung überlassen werden. Was genau passieren wird, war am Freitag noch offen, ebenso wie die Frage, was die Bundesregierung mittelfristig mit den Rosneft-Aktien zu tun gedenkt. Sie gehören nicht dem Staat, der Staat verwaltet sie nur. Das Programm ist zunächst bis März 2024 befristet.

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Quelle: www.stern.de

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