COP28 - UN-Klimakonferenz: „Der Anfang vom Ende“ für Fossilien?
Seit fast 30 Jahren hofft die internationale Gemeinschaft, die globale Erwärmung durch Klimakonferenzen kontrollieren zu können. Doch erst jetzt, ausgerechnet beim Öl, wird der Haupttreiber der Krise – fossile Brennstoffe – nicht erwähnt. Wie Außenministerin Annalena Baerbock nach der Entscheidung in Dubai erklärte, war es ein „Tag großer Freude“?
Manche feiern den „Anfang vom Ende“ des Fossilienzeitalters. Viele glauben jedoch, dass der anhaltende Kampf gegen das Coronavirus anders sein muss.
Während sich alle Staaten den Abschied von fossilen Brennstoffen zum Ziel gesetzt haben, gelang es dem zweiwöchigen Treffen trotz der Unterstützung von mehr als 100 Staaten nicht, einen klaren Fahrplan für den Ausstieg aus Kohle, Öl und Erdgas zu erarbeiten. Stattdessen gibt es immer noch Hintertüren zu kontroversen Technologien und Formeln, die den Ländern viel Spielraum bei der Frage geben, was sie genau von ihnen erhalten.
Freude und Wut fließen gleichzeitig
„Die Kurskorrektur, die wir brauchen, ist noch nicht erreicht“, sagte Samoa-Vertreterin Anne Rasmussen sichtlich empört im Namen des besonders bedrohten Inselstaates. Minuten zuvor hatte der Vorsitzende der Versammlung, Sultan Al-Jaber, in einer angeblich einstimmigen Abstimmung mit dem Hammer geschlagen. Die Abstimmung begrüßte die Ergebnisse. Vertreter der Inselstaaten nahmen zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal an der Plenarsitzung teil. Während andere Freudentränen vergossen, weinten Inselvertreter später aus anderen Gründen.
„Wir können nicht mit der Botschaft auf unsere Inseln zurückkehren, dass dieser Prozess uns verraten hat“, sagte Rasmussen und erklärte, dass sich die Ländergruppe noch koordinieren müsse. Mehrere Vertreter standen spontan auf und applaudierten. Es ist ein Zeichen der Solidarität, aber es hat keine Konsequenzen. Der emiratische Gastgeber Jaber dankte ihm für seine Aussage und kündigte an, dass er darüber nachdenken wolle. Aber es war zu spät, die Entscheidung zu ändern.
Machtungleichheit am Verhandlungstisch
Das dramatische Ende in Dubai verdeutlicht einen grundlegenden Konflikt auf Weltklimakonferenzen: Die von der eskalierenden Krise ohnehin am stärksten betroffenen Länder haben keine große Verhandlungsmacht und werden oft ignoriert. Sie sind jedoch am stärksten von immer schwereren und häufiger auftretenden Dürren, Hitzewellen, Stürmen und Überschwemmungen betroffen.
In Dubai hingegen ist die Kohle-, Öl- und Gaslobby stark und stark vertreten. Laut einer Datenanalyse von Aktivisten wurden auf der UN-Konferenz mindestens 2.456 Vertreter fossiler Energieträger ausgezeichnet, viermal mehr als letztes Jahr in Ägypten vertreten waren. Bemerkenswert: Lobbyisten erhielten mehr Ausweise als alle Delegationen aus den zehn Staaten, die am stärksten von der globalen Erwärmung betroffen sind, zusammen. Somalia, Tschad, Niger, Guinea-Bissau, Mikronesien, Tonga, Eritrea und Sudan, Liberia und die Salomonen entsandten insgesamt nur 1.509 Vertreter. Lily Fall vom American Center for International Environmental Law beklagte, dass die Hallen und Pavillons von Lobbyisten „überfüllt“ seien.
Auch hinter den Kulissen nimmt der Druck zu: In einem vom Guardian durchgesickerten Hetzbrief des OPEC-Ölkartells wird dessen unverblümter Aufruf enthüllt, eine ehrgeizige Entscheidung zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas zu blockieren.
Die Doppelrolle des Gastgebers ist fraglich
Umweltaktivisten vermuten, dass Versammlungsleiter Al-Jaber, der auch Chef des staatlichen Ölkonzerns Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) ist, zuhört. Schließlich plant Abu Dhabi National Oil Co. auch, Milliarden von Dollar in Projekte für fossile Brennstoffe zu investieren – „ein sicherer Weg zur Beschleunigung des katastrophalen Klimawandels“, heißt es in einem Bericht von Gruppen wie Urgewald, Lingo, Reclaim Finance und Banktrack. Tatsächlich plant die Adnoc Group, die Ölproduktion bis 2030 um 25 % zu steigern.
Und so geht es weiter: Auch im nächsten Jahr findet die Weltklimakonferenz wieder im Ölland Aserbaidschan statt. Christoph Bals, politischer Leiter von Germany Watch, sagte, dies sei „sehr problematisch“. Dort gibt es auch schwere Korruption.
Lesen Sie auch:
- Jahr der Klimarekorde: Extreme sind die neue Normalität
- Vorbeugende Festnahmen offenbaren die Bedrohung durch islamistischen Terror
- Die Vereinten Nationen stimmen für einen Waffenstillstand in Israel
- SPD schließt Haushaltsbeschluss vor Jahresende aus
Quelle: www.stern.de