Spahn: FDP ist thematisch "fehl am Platz".
Die Freie Demokratische Partei (FDP) hat kürzlich ein neues Positionspapier veröffentlicht, in dem sie die Abschaffung der Rente mit 63 fordert. Allerdings ist unklar, ob die Partei genau weiß, was sie will. In der ARD-Talkshow "Maischberger" wurden diese Zweifel deutlich.
Die FDP spürt den Druck, denn die Wähler scheinen sie zu verlassen. Selbst Wirtschaftsführer äußern ihre Bedenken. In einem am Montag veröffentlichten Fünf-Punkte-Papier fordert die FDP ein Ende der Rente mit 63, die für den aktuellen Jahrgang bereits bei 64 liegt. Die Partei warnt vor der steigenden Staatsverschuldung, den Ausgaben für die Sozialversicherung und der anhaltenden Schwäche der deutschen Wirtschaft. Besonders kritisch sehen sie die Vollrente für langjährig Beschäftigte.
Berliner Journalisten bezeichnen das, was die FDP in den letzten Wochen gemacht hat, scherzhaft als "Punkteritis". Vor dem Fünf-Punkte-Papier "Für eine faire Haushaltspolitik für alle Generationen" hatte die Partei bereits im April ein Zwölf-Punkte-Papier "Für eine konjunkturelle Wende" vorgelegt, das von ihrem Parteitag beschlossen wurde. Auf einer Pressekonferenz am Montag sprach FDP-Generalsekretär Djir-Sarai von einem Neun-Punkte-Papier. Vermutlich sollte dies ein Scherz sein.
Die Liberalen haben mehrere Ideen für die Rente. Das von Finanzminister Lindner (FDP) und Arbeits- und Sozialminister Heil (SPD) im März vorgelegte Rentenpaket wird nicht wie geplant heute im Kabinett beraten. Es soll noch in diesem Monat verabschiedet werden, moeglicherweise ohne die Abschaffung der Regelaltersgrenze. Denn dafür gibt es in der Ampelkoalition keine Mehrheit. Die FDP hofft, sich im parlamentarischen Verfahren nach der Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundestag darauf einigen zu können.
Oder vielleicht auch nicht. Geht es nach FDP-Fraktionschef Dürr, könnte es doch noch ein Renteneintrittsalter geben, allerdings würde es auf 72 Jahre steigen.
Max Mordhorst, der die Liberalen im Finanzausschuss des Bundestages vertritt, will dagegen das aktuelle Renteneintrittsalter vorerst beibehalten - allerdings nur für Geringverdiener.
Eine Diskussion in der Talkshow "Maischberger" im Ersten könnte Licht ins Dunkel bringen. Am Dienstagabend werden die Fraktionsvorsitzenden von FDP und CDU, Konstantin Kuhle und Jens Spahn, ein Gespräch führen. Ein Vorgeschmack: Sie werden am Ende der Sendung genauso schlau sein wie am Anfang.
Kritik an den Koalitionskriegen
Jens Spahn beginnt wie erwartet: Er kritisiert die ständigen Auseinandersetzungen in der Ampelkoalition. Angesichts des aktuellen politischen Klimas sei politische Führung nötig. "Aber statt politischer Führung gibt es seit zwei Jahren täglich Streit, jeden Tag neue Vorschläge. Die Finanz- und Wirtschaftsminister der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt senden jeden Tag andere Signale in die Welt", sagt er. Die Anleger sind nun verunsichert, was den Kurs Deutschlands im In- und Ausland angeht. "Wir brauchen eine Trendwende, eine konjunkturelle Trendwende, eine Haushaltswende - die beste Trendwende wäre das Ende der Ampel", reimt Spahn etwas unbeholfen. Dann fährt er in Prosa fort: Die Ampel ist das größte Standortrisiko für Deutschland, wir brauchen eine Rückkehr zu einer vernünftigen Politik. CDU/CSU und FDP unterstützen viele Forderungen der Liberalen, so Spahn. Aber das Problem ist der Konflikt. Und es wird Zeit, dass die FDP die Konsequenzen aus der Tatsache zieht, dass wenig von dem, was sie will, umgesetzt wird.
Kuhles Schweigen zur Rente
"Ich würde mir wirklich wünschen, dass wir uns auf das konzentrieren, was jetzt wichtig ist", sagt Konstantin Kuhle. Hier geht es nicht um die Bundesregierung oder die FDP, sondern um den Zustand der deutschen Wirtschaft. Die ist in einem schlechten Zustand. Und die drei Koalitionsparteien streiten sich darüber, wie man sie verbessern kann. "Und ich bin sicher, dass wir etwas Gutes erreichen werden."
Kuhle ist kein Fan davon, ständig Papiere zu schaffen. Jetzt müssten Gesetze erlassen werden. "Unsere Papiere sind die Grundlage dafür", sagt er. Wir brauchen eine echte wirtschaftliche Trendwende. Dazu gehöre der Abbau von Bürokratie und die Diskussion über eine Neuregelung der Überstundenbesteuerung.
Mehrfach wollte der Moderator wissen, wie es mit der Rente aussieht. Die FDP hat der Rente mit 63 seinerzeit nicht zugestimmt und sie ist auch im aktuellen Rentenpaket, das die Bundesregierung noch nicht beschlossen hat, nicht enthalten. "Für die Unternehmen in Deutschland muss sich etwas tun, denn die wirtschaftliche Situation kann nicht so bleiben wie sie ist. Deshalb wollen wir etwas ändern", so Kuhle.
Maischberger fragte jedoch wiederholt nach den Renten. Kuhle betonte, dass es nicht um die Rente mit 63 gehe, sondern um das Gesamtpaket aus Haushalt und Konjunktursanierung, also auch um die Rente. Es gehe darum, ein Paket zu finden, von dem die deutsche Wirtschaft profitiere. "Das ist der Grund, warum wir das tun, was wir tun." Die Forderung von Bundeskanzler Olaf Scholz nach einer Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro scheint darin nicht enthalten zu sein. Scholz weiß, dass die FDP das nicht akzeptieren wird, sagt Kuhle.
Spahn unterstützt die Diskussion über die Rentenreform. Er glaubt aber, dass die FDP in dieser Frage am Ziel vorbeischießt. "Das Hauptproblem, das wir haben, ist nicht die Rente. Die Grundlage für die Renten- und Sozialpolitik liegt im Wirtschaftswachstum. Leider ist die aktuelle Rentendiskussion nicht wachstumsfördernd. Insofern muss ich sagen: Sie hat ihr Ziel verfehlt."
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Quelle: www.ntv.de