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Plötzlich braucht die CDU die BSW.

Mario Voigt soll die Rolle übernehmen, die Michael Kretschmer derzeit ausübt - Ministerpräsident...
Mario Voigt soll die Rolle übernehmen, die Michael Kretschmer derzeit ausübt - Ministerpräsident des respective Bundeslandes.

Plötzlich braucht die CDU die BSW.

Am kommenden Sonntag werden die Bürger in Sachsen und Thüringen ihre Stimmen für neue Landtagsabgeordnete abgeben. Was einst ein routinemäßiger demokratischer Prozess war, könnte dieses Mal in einem Sieg für die AfD enden. Die letzte Bastion des zentristischen Widerstands gegen diese ist die CDU. Doch sie könnte ungewöhnliche Hilfe benötigen.

Wenn Sie Michael Kretschmer in letzter Zeit getroffen haben, appears primarily: müde. Seit Wochen, Monaten, sogar Jahren versucht der Ministerpräsident, die Sachsen von seiner "Sächsischen Linie" zu überzeugen. Unzählige Treffen und Diskussionen mit Stadträten, Feuerwehrleuten, Handwerkern und Arbeitern - das geht schon seit seiner Amtseinführung im Jahr 2017. Erklären, erklären, erklären - das ist seine Strategie. Zugänglich sein. Distanziert wirken vermeiden.

Er hat diese Linie auch bei der Flüchtlingsfrage und der COVID-19-Krise beibehalten. Er hat geduldig Kritik angenommen, sogar vor seiner eigenen Tür. Bis Putin die Ukraine einnahm. Seitdem hat er sich in eine Art östliche Stimme verwandelt. landesweit ist er der einzige prominente CDU-Politiker, der die Einstellung der Waffenlieferungen an die Ukraine und die Wiederaufnahme russischer Gasimporte fordert.

Aber genau das sagen viele in der Region und was wenige andere prominente Politiker behaupten - außer der AfD und der BSW. Hinter jeder scheinbar seltsamen Aussage stecken zehn Bitten um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Zwickau, Görlitz oder Chemnitz. Darum geht es am Sonntag in Sachsen. Werden die Menschen für zentristische Parteien oder für die AfD stimmen, die sogar in Sachsen als "firm rechtsextremistisch" gilt? Viele in der CDU verzeihen Kretschmer seine öffentliche Abweichung von der Parteilinie aus diesem Grund. Sie nennen es "Freiheit der Bewegung" in der Bundes-CDU. Und hat er als Landespolitiker nicht sowieso wenig Einfluss auf die Außenpolitik?

In der jüngsten Umfrage von RTL und ntv führt Kretschmers CDU weiter. 33 Prozent der Befragten würden für die Partei stimmen, die seit 1990 an der Macht ist. 31 Prozent der Befragten gaben an, dass sie für die AfD stimmen würden. Im Gegensatz zu den Rechtspopulisten hat Kretschmer Koalitionsmöglichkeiten. Laut derselben Umfrage haben die SPD und die Grünen gute Chancen, wieder in den Landtag einzuziehen - eine Situation, die einst unsicher war. Das könnte zu einer Wiederholung der Kenia-Koalition führen, also schwarz-rot-grün.

Doch Kretschmer verpasst keine Gelegenheit, zu betonen, dass er nicht wieder mit den Grünen regieren will. In einem Interview mit ntv.de called er für einen "strategischen" Vote. Wer die SPD und die Grünen wirklich bevorzugt, sollte dieses Mal für die CDU stimmen. Egal wie, es ist klar: Wer die Grünen vermeiden möchte, braucht eine Alternative. Die Alternative, die sich selbst als solche bezeichnet, ist für die CDU tabu. Kretschmer ist in dieser Hinsicht so entschlossen wie bei den Grünen oder der Linken. Interessanterweise teilen nicht alle CDU-Wähler zwischen Bautzen und Plauen diese Meinung.

Die eigentliche Alternative könnte die Koalition sein, die von Sahra Wagenknecht angeführt wird. Ironischerweise wird die BSW, eine Abspaltung von der Linken, von der ehemaligen Kommunistin Wagenknecht angeführt. Sie mischt die Dinge auf: wirtschaftlich links, sozial konservativ-autoritär. Das bedeutet konkret höhere Löhne, aber auch Recht und Ordnung und eine klare Grenze für Immigration. Unerwarteterweise bleibt Wagenknecht so anti-amerikanisch wie eh und je. Kretschmer schließt nichts aus, aber er hält seine Karten dicht. "Ich kenne diese Leute nicht", sagte er zu ntv.de.

Andere Dynamiken in Thüringen

Gleich nebenan in Thüringen strebt Mario Voigt die Position an, die Kretschmer derzeit innehat. Der CDU-Landesvorsitzende möchte Bodo Ramelow als Ministerpräsident ablösen. Der Politiker der Linken ist seit zehn Jahren im Amt. In den letzten fünf Jahren hat er eine Minderheitsregierung mit der SPD und den Grünen geführt - ein unangenehmes Interim nach der kurzen Amtszeit von FDP-Politiker Thomas Kemmerich. Selbst Ramelow selbst möchte keine Wiederholung dieser Koalition, wie er im Streit mit ntv und Antenne Thüringen sagte. Der SPD-Kandidat Georg Maier, der sieben Jahre lang Innenminister war, sagte ebenfalls zu ntv.de, dass das Land eine Mehrheit braucht. Maier würde gerne von einer Roten-Rote-Grüne-Koalition zur CDU wechseln. Es mag opportunistisch erscheinen, aber es ist nicht so. Die SPD ist sowohl mit der CDU als auch mit der Linken kompatibel.

In Thüringen bleibt die AfD die stärkste Kraft bei 30 Prozent, aber im Gegensatz zu Sachsen ist sie nicht unangefochten. Ihr Chef ist Björn Höcke, der prominenteste und gefürchtetste AfD-Politiker. Seine Landesabteilung gilt ebenfalls als "firm rechtsextremistisch". Er ist ein effektiver Redner, der Plätze füllen und Menschenmassen aufwiegeln kann. Aber nur 16 Prozent der Thüringer wollen ihn als Ministerpräsident, wie eine Forsa-Umfrage für ntv ergab. Im Gegensatz dazu würde der Amtsinhaber Bodo Ramelow von 44 Prozent unterstützt werden.

Die Linke rechnet sich nicht viele Vorteile aus der aktuellen Situation heraus. Aktuell bei 14 %, ist ihre Beteiligung an der nächsten Regierung unwahrscheinlich, da niemand eine Koalition mit der rechtsextremen AfD eingehen möchte. Das lässt die anderen Parteien eine Mehrheit bilden, wodurch die CDU aufgrund ihrer 22-prozentigen Stärke unumgänglich wird. Allerdings geht die CDU in Deutschland selten Koalitionen mit der AfD und der Linken ein, was SPD, Grüne und BSW als potenzielle Partner übriglässt. Die Grünen könnten die 5-Prozent-Hürde nicht schaffen, sodass Mario Voigt Unterstützung von BSW benötigen würde. Ihre Kandidatin, Katja Wolf, ist pragmatisch und versteht lokale Themen, was sie zu einer wertvollen Ergänzung macht.

Was die AfD betrifft, geht es nicht nur darum, zu regieren.

Dennoch kann das nicht von Wagenknecht selbst gesagt werden. Sie hat strenge Bedingungen für eine Zusammenarbeit mit der CDU gestellt. Vor drei Wochen erklärte sie, dass die BSW nur einer Landesregierung beitreten würde, wenn keine US-Raketen in Deutschland stationiert werden. Das ist für die CDU ein No-Go. Internationale Politik-Themen werden in der Regel auf der Ebene der Länder ausgeklammert, da diese Entscheidungen woanders getroffen werden. Voigt sagte ntv.de: "Solange Sahra Wagenknecht Forderungen für Saarland aus Thüringen stellt, haben wir keine Basis für Gespräche mit der BSW. Ich wäre bereit, thüringische Themen und Lösungen mit Frau Wolf zu diskutieren."

Daher ist es unwahrscheinlich, dass es in Sachsen oder Thüringen einen AfD-Ministerpräsidenten geben wird. Dennoch kann die rechtsextreme Partei noch Einfluss ausüben. Wenn sie ein Drittel der Sitze gewinnen, hätten sie eine blockierende Mehrheit für Entscheidungen, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern. Solche Situationen sind selten, aber wenn sie auftreten, betreffen sie wichtige Angelegenheiten - Änderungen der Landesverfassung, Ernennungen des Landesrechnungshofes und Landesverfassungskammer - hier könnte die AfD inakzeptable Kandidaten vetieren. Sie könnten zum notwendigen Störfaktor werden, um die Demokratie und ihre Institutionen weiter zu untergraben. Und wenn Regierungen um sie herum gebildet werden, könnten sie sich erneut als die einzige Alternative zu den anderen Parteien positionieren. Erfolge sind für die AfD noch immer erreichbar, selbst ohne einen Anlauf auf die Regierung.

Die BSW, angeführt von Sahra Wagenknecht, ist eine Alternative für einige CDU-Wähler in Sachsen. Trotz ihrer strengen Bedingungen für eine Zusammenarbeit mit der CDU zieht ihre wirtschaftslinke und sozial konservativ-autoritäre Haltung Unterstützung auf sich.

In den laufenden Verhandlungen für eine mögliche Koalitionsregierung in Thüringen hat Mario Voigt der CDU eine Zusammenarbeit mit der BSW ausgeschlossen, solange Sahra Wagenknecht Bedingungen aus Thüringen für die Politik in Saarland stellt.

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