zum Inhalt

Nahostkonflikt lässt Gewalt in Deutschland eskalieren.

Das Stoppsignal wird von Faeser eingerichtet.

Bundesinnenminister Faeser ist angesichts zehntausender politischer Straftaten skeptisch.
Bundesinnenminister Faeser ist angesichts zehntausender politischer Straftaten skeptisch.

Nahostkonflikt lässt Gewalt in Deutschland eskalieren.

Das Bundeskriminalamt geht davon aus, dass im Jahr 2023 über 60.000 politisch motivierte Straftaten registriert werden, was einen deutlichen Anstieg bedeutet. Fast die Hälfte dieser Straftaten wird von Rechtsextremisten verübt werden. Aber auch eine andere Gruppe ist aktiver als je zuvor.

Seit dem Hamas-Terroranschlag auf Israel am 7. Oktober gibt es in Deutschland einen Anstieg politisch motivierter Straftaten im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt. Im vergangenen Jahr wurden der Polizei 4.369 Straftaten in diesem Zusammenhang gemeldet, im Jahr davor waren es nur 61. Das geht aus der politischen Kriminalstatistik des Bundesinnenministeriums und des Bundeskriminalamtes (BKA) in Berlin hervor.

BKA-Chef Holger Münch: "Die Situation hat sich seit dem 7. Oktober deutlich verändert." Insgesamt werden 1.927 dieser Vorfälle als antisemitisch eingestuft, wobei die meisten nach dem 7. Oktober begangen wurden. Die Polizei stuft mehr als die Hälfte der fast 4.400 erfassten Taten als aus einer "fremden Ideologie" stammend ein. Sie geht daher davon aus, dass eine nicht-religiöse Ideologie aus dem Ausland die Straftaten maßgeblich beeinflusst hat. Bundesinnenministerin Nancy Faeser bezeichnete den "ekelhaften Judenhass" als alarmierend.

Grünen-Chef Omid Nouripour bezeichnete die BKA-Zahlen als "alarmierend" und forderte, dass alle Demokraten aktiv werden müssten. In einem Interview mit ntv.de sagte Nouripour: "Besonders besorgniserregend ist die deutliche Zunahme rechtsextremistischer Straftaten." Zudem gebe es seit dem Hamas-Anschlag auf Israel am 7. Oktober einen "dramatischen Anstieg antisemitischer Straftaten, die von Tätern aus allen extremistischen Lagern begangen werden".

Nouripour betonte, dass die Behörden nach Wegen suchen sollten, um die Demokratie besser zu schützen und die Sicherheitskräfte zu stärken. Er betonte die Bedeutung einer besseren Ausrüstung und einer verstärkten Koordination zwischen den Sicherheitsorganisationen. Der Grünen-Politiker betonte die Notwendigkeit eines konsequenten juristischen Vorgehens und präventiver Maßnahmen, wie etwa Demokratieerziehung.

Eine Welle von Straftaten

Im Jahr 2023 stieg die Zahl der bei der Polizei angezeigten politisch motivierten Straftaten auf 60.028 - ein Rekordwert seit Einführung dieser Statistik im Jahr 2001, wenn auch ein Anstieg von weniger als 2 % gegenüber dem Vorjahr. Fast die Hälfte dieser Fälle war rechtsextremistisch motiviert. "Der Rechtsextremismus ist nach wie vor die größte extremistische Gefahr für unsere Demokratien und die Bürger unseres Landes", erklärte Faeser. Von den mehr als 60.000 Fällen waren 3.561 mit Gewalttaten verbunden, ein Rückgang um 12 % gegenüber 2022.

Die Statistik der politisch motivierten Kriminalität gilt als "Eingangsstatistik", da Straftaten erst dann erfasst werden, wenn sie der Polizei bekannt werden. Dies kann zu Doppelzählungen führen, wenn die Vorfälle unter mehrere Kategorien fallen.

Die meisten Straftaten (ein Drittel) waren Propagandadelikte, wie das Zeigen von verfassungswidrigen Organisationsinsignien oder Parolen. Die übrigen Hauptkategorien waren Sachbeschädigung (15,50 %), Beleidigung (13,95 %), Aufstachelung zum Hass (12,77 %), Nötigung und Bedrohung, gefolgt von Verstößen gegen das Versammlungsrecht.

Das Internet hat zu einem Anstieg der Straftaten geführt

Die Zahl der politisch motivierten Straftaten im Zusammenhang mit dem Internet stieg deutlich auf 15.488 an - ein Anstieg um 60,08 %. Besonders deutlich stieg die Zahl der Fälle mit religiösem und ausländischem Gedankengut. Den größten Anteil machten jedoch rund 7.000 Straftaten aus dem rechten Spektrum aus.

Die Zahl der polizeilich gemeldeten politisch motivierten Gewalttaten ist gegenüber 2022 um 12% zurückgegangen. Zwar machten die 1.270 Vorfälle aus dem rechten Spektrum den größten Anteil aus, aber 916 Fälle waren dem linken Spektrum zuzuordnen. "Die Hemmschwelle, politische Gegner und diensthabende Polizeibeamte mit äußerster Brutalität anzugreifen, ist in der linksextremistischen Szene gesunken", bemerkte Faeser. Zu diesen Gewalttaten gehörten Überfälle (meist aus dem rechten Spektrum) und drei vollendete Tötungsdelikte. Insgesamt wurden 1.759 Personen, und damit mehr als im Vorjahr (+5,96%), durch politisch motivierte Aggressionen verletzt. Die meisten dieser Opfer (714 Personen) wurden Opfer einer rechtsmotivierten Tat - im Durchschnitt zwei Verletzte pro Tag, rechnete Faeser vor.

Einen deutlichen Anstieg gab es bei den Hassdelikten (47,63%), die sich auf 17.007 Fälle beliefen. Diese Kategorie umfasst Situationen, in denen jemand aufgrund von Vorurteilen gegen bestimmte Gruppen gehandelt hat. Wenn die Polizei mehrere Motive vermutet, kann ein Vorfall mehrfach in der Statistik auftauchen. Die größte Gruppe mit 15.087 Fällen wird als "fremdenfeindlich" eingestuft und richtet sich in erster Linie gegen die Nationalität. In der Statistik tauchen auch "fremdenfeindliche" Motive auf, die spezifischer mit der vermuteten Nationalität verbunden sind. Antisemitische und rassistische Motive waren ebenfalls weit verbreitet.

Die Zahl der Straftaten gegen religiöse Minderheiten ist um mehr als das Doppelte auf 7029 gestiegen, wobei die meisten Straftaten gegen religiöse Personen gerichtet waren. Positiv zu vermerken ist, dass die Straftaten gegen den Staat und seine Vertreter um über 25 % auf 15.050 zurückgegangen sind. Dieser Fortschritt könnte jedoch nur von kurzer Dauer sein, denn auch die Straftaten gegen Personen, die in der Politik tätig sind oder ein Regierungsamt bekleiden, sind deutlich gestiegen (um 29,12 % auf 6 6508). Faeser bezeichnete die Situation als "Spirale der Gewalt".

Münch geht davon aus, dass sich dieser Trend mit den bevorstehenden Europa- und Kommunalwahlen fortsetzen wird und rechnet mit einem Anstieg der Fälle. Während das Motiv für diese Angriffe noch unklar ist, konnte eine überwältigende Mehrheit (über 90 %) nicht als rechts-, links-, fremd- oder religiös-ideologisch motiviert eingestuft werden. Es ist unklar, warum. Die Zahl der Straftaten gegen die Polizei, einschließlich Gewalttaten, ist dagegen zurückgegangen.

Auch die Umweltgruppe Last Generation und ihre Proteste haben ihre Spuren in den Zahlen hinterlassen. Im Jahr 2023 registrierte die Polizei alarmierende 3303 Fälle von Klima- und Umweltkriminalität, fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Die überwiegende Mehrheit (über 75 %) konnte der linken Gruppe zugeschrieben werden. Diese Straftaten reichten von Sachbeschädigung bis hin zu Einschüchterung und Bedrohung.

Anhaltende Gefahr durch dschihadistische Gewalt

Die religiös motivierten Straftaten sind auf 1458 Vorfälle angestiegen, die durch Hassreden, Drohungen und Sachbeschädigung gekennzeichnet sind. Fast alle der 94 Straftaten mit "Terrorismusqualität" fielen ebenfalls in diese Kategorie. Das BKA und das Bundesinnenministerium bescheinigen eine "anhaltend hohe Bedrohung durch islamistischen Extremismus/Terrorismus". Deutschland stehe weiterhin im Fadenkreuz von Terrororganisationen wie dem Islamischen Staat (IS) und al-Qaida sowie deren Ablegern. Das "anhaltend hohe Risiko" dschihadistisch inspirierter Gewalttaten gibt weiterhin Anlass zur Sorge. Bei den meisten Vorfällen handelt es sich um einzelne Personen oder kleinere Gruppen, wobei die Aktionen häufig von Terrororganisationen zu Propagandazwecken beansprucht werden.

Da die Beschränkungen gelockert wurden, sind politisch motivierte Straftaten im Zusammenhang mit der Pandemie weitgehend zurückgegangen. Mit 1662 Straftaten im Jahr 2021 im Vergleich zu 13 988 im Vorjahr wurde etwa die Hälfte der Straftaten aufgeklärt (46,85 %). Die Aufklärungsquote bei den Gewaltdelikten lag jedoch mit 63,35 % höher. Als aufgeklärt gelten nur Ermittlungen, bei denen bis zum 31. Januar des Folgejahres mindestens ein Verdächtiger ermittelt wurde.

Lesen Sie auch:

Quelle: www.ntv.de

Kommentare

Aktuelles