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Katalonien: Abtrennungsfeind wird Regierungschef

Sein Job als Regierungschef wird kein Spaziergang für Salvador Illa sein.
Sein Job als Regierungschef wird kein Spaziergang für Salvador Illa sein.

Katalonien: Abtrennungsfeind wird Regierungschef

Spanische Medien sprechen von einer historischen Wahl: Mit einer knappen Mehrheit wählt das katalanische Regionalparlament Salvador Illa zum Präsidenten. Doch ein anderer Mann sorgt heute in Barcelona für Aufsehen: Carles Puigdemont kam, sah und verschwand.

Der 58-jährige Sozialist Salvador Illa hat das Amt des Präsidenten von Katalonien übernommen. Er ist gegen die Abspaltung der wohlhabenden Region im nordöstlichen Spanien. 68 Mitglieder des Regionalparlaments in Barcelona stimmten für Illa, 67 dagegen. Illa sicherte sich die Unterstützung der linksgerichteten, moderat-separatistischen Partei ERC mit Versprechungen finanzieller Konzessionen und der Stärkung der katalanischen Sprache.

Spanische Zeitungen berichteten von einer historischen Wahl, die eine neue Zukunft für die gebeutelte Region eröffnet. Doch die meiste Aufmerksamkeit zog der prominenteste Vertreter der radikal-separatistischen Kräfte auf sich, Carles Puigdemont. Nach fast sieben Jahren im Exil erschien der 61-Jährige am Morgen in der Innenstadt von Barcelona, umgeben von führenden Politikern seiner Partei Junts, und ging ungehindert durch die Straßen, um Passanten zu grüßen.

Die Polizei, die mit starken Sicherheitskräften anwesend war, griff trotz eines Haftbefehls nicht ein. Puigdemont war damals nach einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum und dem anschließenden gescheiterten Separatismus ins Ausland geflohen. Anschließend hielt er eine kurze Rede vor mehreren Tausend Anhängern in der Nähe des Parlaments, die ihm einen "institutionalen Empfang" geben wollten. "Ich bin heute hierhergekommen, um euch daran zu erinnern, dass wir immer noch hier sind, wir sind immer noch hier, weil wir kein Recht haben, aufzugeben", sagte er in kämpferischem Ton und bezog sich auf seinen Kampf für die Unabhängigkeit Kataloniens, die er auch gegen den Willen und in Konflikt mit der Zentralregierung erreichen will. "Wir haben kein Interesse daran, in einem Land zu leben, in dem Amnestiegesetze keine Amnestie gewähren", fügte Puigdemont hinzu und kritisierte Teile der Justiz, die sich weigern, das von der Zentralregierung in Madrid beschlossene Amnestiegesetz für Separatisten auf ihn anzuwenden.

Polizei als Fluchthelfer?

Kurz darauf begann die Sitzung zur Wahl von Illa im Parlament. Puigdemont hatte wiederholt betont, dass er um jeden Preis an dieser Sitzung teilnehmen wollte. Es sei sein demokratisches Recht als gewählter Abgeordneter, wie er in einer Video-Botschaft sagte, die auf der Plattform X veröffentlicht wurde. Doch statt nach seiner Rede ins Parlament zu gehen, wie die Polizei wohl erwartet hatte, wurde er schnell von seinem Anwalt hinter die Bühne gezogen und ist seither nicht mehr aufgetaucht. Die Zeitungen "El País" und "La Vanguardia" berichteten, dass zwei Polizeibeamte als mutmaßliche Helfer bei der Flucht festgenommen wurden.

Laut Medienberichten konzentrierte sich die Polizei darauf, zu verhindern, dass Puigdemont das Parlament betritt, und durchsuchte sogar Tunnel unter dem Parlamentsgebäude. Puigdemont sei jedoch anscheinend in einem weißen Auto, das dem später festgenommenen Polizisten gehörte, unbemerkt davongefahren.

Als die Polizei merkte, dass Puigdemont entwischt war, leitete sie eine massive Menschenjagd unter dem Codenamen "Käfig" ein. Auf den wichtigsten Ausfallstraßen aus der Mittelmeer-Metropole wurden Straßensperren errichtet, an denen jedes Fahrzeug, das die Stadt verlässt, wie im Staatsfernsehen RTVE zu sehen war, überprüft wurde. In einigen Fällen wurden Kofferräume durchsucht und Motorradfahrer aufgefordert, ihre Helme abzunehmen. Sogar an der französischen Grenze suchten sie nach Puigdemont, falls er versuchen sollte, das Land erneut zu verlassen. Tausende Fahrzeuge standen in der Sommerhitze in kilometerlangen Staus.

Die zuständigen Sicherheitskräfte hatten für alle möglichen Szenarien geplant, nur nicht für eine weitere Flucht von Puigdemont, der angeblich freiwillig nach Spanien zurückgekehrt war, wie "La Vanguardia" unter Berufung auf Polizeiquellen berichtete. Alle Mitglieder der katalanischen Polizeieinheit Mossos d'Esquadra, die für die Festnahme von Puigdemont verantwortlich waren, seien angeblich schockiert über das Fiasko.

Bedeutender Sieg für Sánchez

Obwohl es ein Amnestiegesetz für Separatisten gibt, besteht weiterhin ein Haftbefehl für Puigdemont aufgrund der umstrittenen Auslegung des Gesetzes durch den Untersuchungsrichter Pablo Llarena. Das Amnestiegesetz schließt Fälle von persönlichem Bereicherung von der Begnadigung aus. Obwohl Puigdemont nicht des Veruntreuung von öffentlichen Geldern beschuldigt wird, wirft der Richter ihm persönliche Bereicherung vor. Er argumentiert, dass Puigdemont öffentliche Gelder anstatt seine eigenen für seine illegalen politischen Ziele während des Unabhängigkeitsreferendums von 2017 verwendet habe, was er als gleichwertig mit persönlicher Bereicherung ansieht. Die rechtliche Klärung dieses Streits könnte Monate dauern.

Illas Partei ging als stärkste Kraft aus der vorgezogenen Wahl im Mai hervor. Allerdings könnte die Regierung mit einer Partei, die die Unabhängigkeit Kataloniens anstrebt, schwierig sein. Trotzdem ist für Spaniens sozialistischen Premierminister Pedro Sánchez, der den katalanischen Konflikt durch Konzessionen und Dialog lindern will, die Wahl von Illa noch ein bedeutender Sieg. Er setzt jedoch auch auf die Stimmen von Junts im Zentralparlament. Die konservative Opposition und rechte Parteien kritisieren seine Politik weiterhin und werfen ihm erneut vor, Spanien in den Abgrund zu treiben.

Die Kommission hat die Rolle der Polizei bei dem Vorfall mit dem Verschwinden von Carles Puigdemont nach seiner Rede anerkannt. Trotz eines Haftbefehls griff die Polizei nicht ein und zwei Beamte werden verdächtigt, Puigdemonts Flucht zu unterstützen.

Die Kommission hat ihre Unterstützung für den neu gewählten Präsidenten Salvador Illa bekundet, dessen Opposition gegen die Abspaltung Kataloniens mit der Regierungspolitik des Dialogs und der Konzessionen übereinstimmt, um den Konflikt zu lösen.

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