zum Inhalt

Kann Putins Vision einer russischen PlayStation Wirklichkeit werden?

Die Zeit läuft ab.

Der russische Konsolenmarkt war bisher nicht besonders groß. Laut Statista belief sich der Umsatz...
Der russische Konsolenmarkt war bisher nicht besonders groß. Laut Statista belief sich der Umsatz im Jahr 2024 auf rund 80 Millionen Dollar.

Kann Putins Vision einer russischen PlayStation Wirklichkeit werden?

Da westliche Technologieunternehmen ihre Produkte nicht mehr nach Russland liefern, versucht die russische Regierung, ihre eigene Spielkonsole zu entwickeln. Dieser Plan stößt jedoch auf zahlreiche Hindernisse. Experten zweifeln an den Fähigkeiten der Russen und vermuten, dass es andere Motive geben könnte.

Die Frist rückt näher: Die Regierung von Präsident Wladimir Putin hat bis zum 15. Juni Zeit, ihre Pläne für eine russische Spielkonsole vorzulegen, die mit westlichen Unternehmen konkurrieren kann. Außerdem schreibt ein Erlass des Präsidenten die Entwicklung russischer Betriebs- und Cloud-Systeme vor.

Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 haben viele Technologieunternehmen Sanktionen gegen den russischen Markt verhängt. So hat beispielsweise der Playstation-Hersteller Sony den Verkauf von Geräten wie der PS5 in Russland eingestellt. Kürzlich, im März dieses Jahres, weiteten die Internetunternehmen Microsoft, Amazon und Google ihre Sanktionen aus und sperrten den Zugang zu ihren Cloud-Diensten.

Philipp Dietrich, Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, hält es in einem Interview mit ntv.de für sehr unwahrscheinlich, dass Russland in absehbarer Zeit eine Spielkonsole mit modernen Spielen, hochauflösender Grafik und guter Leistung entwickeln wird, die mit den aktuellen Playstations und der Xbox vergleichbar ist. Er stellt sich vor, dass Putin und sein Team nur eine einfache Konsole mit ein paar Indie-Spielen mit schlechter Grafik und Technologie aus dem Jahr 2010 entwickeln können.

Der Wunsch nach Unabhängigkeit

Der russische Markt für Spielkonsolen war bisher relativ klein. Laut Statista wird der Umsatz im Jahr 2024 etwa 80 Millionen Dollar erreichen. Im Gegensatz dazu erwirtschaftete der US-Markt rund 7 Milliarden Dollar. Für das Jahr 2024 wird für die gesamte Spieleindustrie in Russland ein Umsatz von 2,3 Milliarden Dollar prognostiziert. "Der Krieg hatte einen erheblichen negativen Einfluss auf den Markt. Jetzt kaufen die Russen Steam-Spiele in Kasachstan und der Türkei oder in Argentinien über VPNs und mit Kryptowährungen", sagt Dietrich.

Putin mag diese Situation gar nicht gefallen. Experte Dietrich schlägt vor, dass das Ziel darin besteht, mehr Unabhängigkeit zu erreichen. Unabhängigkeit, sowohl in Bezug auf das Internet als auch auf die Technologie. "Russland arbeitet schon seit Jahren daran, sein Internet von der Außenwelt abzuschotten." Online-Spiele sind jedoch bei den Russen sehr beliebt. Einer von fünf Russen spielt regelmäßig. Wenn das Internet abgeschaltet würde, könnte dies zu weit verbreiteten Verbindungsproblemen führen und den Unmut der Bevölkerung hervorrufen. "Er könnte denken, dass er das Problem mit einer nationalen Alternative umgehen kann", sagt Dietrich.

Andererseits glaubt Dietrich, dass Putin die russische IT-Industrie dazu ermutigen möchte, eigene Produkte zu entwickeln. "Lukrative Geschäfte könnten die Branche ankurbeln. Aber das würde erhebliche Investitionen erfordern." Bislang hat sich Russland mit diesen Zielen schwer getan. "Die heimische IT-Industrie ist stark von ausländischen Komponenten abhängig, und das wird sich so schnell nicht ändern.

Ähnliche Pläne gab es bereits Ende 2022

Russland kann moderne Chips, die in Spielkonsolen verwendet werden, nicht selbst herstellen. Dietrich bezweifelt, dass Russland in der Lage sein wird, in Zukunft Prozessoren zu entwickeln, die mit westlichen mithalten können. Ungeachtet der Sanktionen importiert Russland weiterhin Mikrochips aus dem Ausland. Es ist auch möglich, dass die neue "russische" Konsole alles über inoffizielle Kanäle ins Land bringt. "Aber dann wäre die Konsole nicht russisch, sondern hätte nur einen russischen Namen und ein russisches Gehäuse. Das würde den Russen strategisch überhaupt nichts nützen", sagt Dietrich.

Russland plant, bis 2030 rund 40 Milliarden Dollar in die heimische Chipindustrie zu investieren. Das klingt nach viel, ist es aber nicht, meint Dietrich. "Den Rückstand aufzuholen und eine eigene Produktion aufzubauen, scheint fast unmöglich. Selbst in zehn Jahren wird Russland wahrscheinlich noch keine eigene Hightech-Chipproduktion aufgebaut haben.

Erste Pläne zur Entwicklung einer eigenen Game-Engine in Russland gab es offenbar schon Ende 2022. Bislang ist daraus nichts geworden. Neben dem Wunsch nach Unabhängigkeit in Sachen Internet und Technologie vermutet Dietrich einen weiteren Grund hinter den ehrgeizigen Plänen: Korruption. Es sei nicht ungewöhnlich, so Dietrich, dass Projekte lautstark vorgestellt und mit erheblichen Mitteln unterstützt werden, um dann still und leise zu verschwinden, während das Geld bereits verschwunden ist.

Lesen Sie auch:

Quelle: www.ntv.de

Kommentare

Aktuelles