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Björn Höcke im Justizzentrum in Halle, fotografiert durch die Stufen eines Treppenhauses.
Björn Höcke im Justizzentrum in Halle, fotografiert durch die Stufen eines Treppenhauses.

Haben wir das letzte Mal die AfD gesehen?

Die politische Gruppe, die durch den roten Pfeil symbolisiert wird, besteht aus zwei Personen mit blauen Augen. Sie und ihre hochrangigen Mitglieder haben immer wieder mit rechtlichen Problemen und Konflikten mit der Regierung zu kämpfen. Dazu gehört auch Sahra Wagenknecht. Sie hat das Gefühl, dass dies ein Zeichen für den bevorstehenden Untergang ist.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Alternative für Deutschland (AfD) zu Recht als verdächtige rechtsextremistische Partei eingestuft. Höcke stand bereits mehrfach wegen der Verwendung von SA-Parolen und Volksverhetzung vor Gericht. Gegen die Spitzenkandidaten der AfD wird wegen Bestechung ermittelt, und das deutsche Parlament hat die Immunität eines ihrer Mitglieder aufgrund von Disziplinarmaßnahmen des Militärs aufgehoben. Die AfD befindet sich derzeit in einer Flut von rechtlichen Problemen und kämpft darum, sich über Wasser zu halten.

Zunächst hielt die Partei ihren Spitzenkandidaten Maximilian Krah vor der Öffentlichkeit verborgen, wie ein betrunkener Verwandter, der seine Schwiegereltern besucht. Kürzlich ließ sich Krah jedoch ein seltsames Ablenkungsmanöver einfallen: Er fuhr mit einem Sportwagen zum Wahlkampfauftakt im bayerischen Holzkirchen vor, wurde von seinen Anhängern begeistert begrüßt und von rechten Medien wie dem AfD-Fanmagazin "Deutschlandkurier" bejubelt. Krah versucht seit geraumer Zeit, sich als mondäner Bonvivant zu profilieren.

Björn Höcke spielt derweil die Rolle des leidenschaftlichen Kobolds aus Thüringen, der ständig die Grenzen des Rechts überschreitet und emotional wird, wenn er in Schwierigkeiten gerät. Der AfD-Vorsitzende wurde wegen der Verwendung des SA-Slogans "Alles für Deutschland" zu einer Zahlung von 13.000 Euro verurteilt. "Habe ich denn keine Menschenwürde?", fragte er rhetorisch in Halle.

Dieser Schwindel ist eine langweilige Comedy-Show. Es ist klar, dass Höcke glaubt, dass seine Anhänger nur ein begrenztes Verständnis für das Gesetz haben. Es ist möglich, dass einige Leute seine Behauptung der Unwissenheit in Bezug auf den Slogan glauben. Meine Befragung einer Gruppe von Bekannten, von denen viele in Rechtsfragen versiert sind, bestätigte jedoch, dass niemand diesen speziellen Slogan auf dem Radar hatte. Auch Cathy Hummels scheint ihn nicht zu kennen. Der Thüringer Verfassungsschutz hatte den Spruch zunächst nicht in seiner Liste der verfassungsfeindlichen Symbole und Parolen. Das ändert zwar nichts an der Rechtslage, trägt aber dazu bei, dass sich der Glaube "In Deutschland darf man nichts mehr sagen!" hält.

Wenn Höcke also in Reden oder Auftritten schamlos die Parole in den Mund nimmt, dann will er damit sagen: "Seht her, mein treues deutsches Volk, wir nähern uns einer Zeit, in der ihr nicht einmal mehr eurem geliebten Vaterland alles Gute wünschen dürft!" Oder wie Höcke vor Gericht sagte: "Auch die Nazis haben 'Guten Tag' gesagt." Historisch gesehen stimmte das nicht - die Nazis sagten tatsächlich "Heil Hitler".

Wie erfolgreich Höckes Selbstmitleidstour war, zeigt die beiläufige Bemerkung eines Taxifahrers, die ein Journalist mitbekam. "Lassen Sie den Jungen in Ruhe!" Vermutlich in der Annahme, dass die Vorwürfe geringfügig sind und er ein anständiger Kerl ist.

Die historischen Tabus in unserem Strafrecht sind nicht in Stein gemeißelt. Manche Menschen mögen sie sogar als lästig empfinden. Hubert Aiwanger ist ein Beispiel dafür - er hat sich über die Empfindlichkeit der Kritiker geärgert. Die Erinnerungskultur, die Geschichte eines Landes, dient den Nationalisten und Revisionisten als Dreh- und Angelpunkt, um in die eine Richtung zu ziehen, während andere in die andere Richtung ziehen. Eine weitere Konstante in der Geschichte.

Doch Höckes selbstmitleidiges Getue hat langsam ausgedient. Andere prominente Persönlichkeiten in der AfD scheinen ebenso erschöpft zu sein: Der Bundestagsabgeordnete und EU-Kandidat Petr Bystron wollte sich gerade im deutschen Parlament vorstellen, als die Polizei auftauchte und seine Wohnung im Parlament, sein Büro in München und sogar sein Haus auf Mallorca durchsuchte. Der Vorwurf: Bestechung.

Der EU-Kandidat Maximilian Krah hingegen muss trotz laufender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dresden zur Europawahl antreten. Zunächst stand der Verdacht im Zusammenhang mit Krahs Mitarbeiter, nun soll Krah selbst Geld aus China angenommen haben.

Bei jedem dieser Vorwürfe sieht die AfD das "linke Schweinesystem" in der Schuld: Die Staatsanwaltschaften handeln auf Anweisung, der Zeitpunkt ist böswillig, der Verfassungsschutz wird von fernen Kräften kontrolliert und die Justiz ist linkslastig. Die Schuld wird immer der anderen Seite zugeschoben.

Wenn die Polizei ständig vor der Haustür des Nachbarn auftaucht, fragt sich der unbedarfte Betrachter, was da los ist, vor allem bei den bürgerlichen Anhängern der AfD. Diese Menschen wollen nicht nur mehr Atomstrom und weniger Zuwanderer, sie glauben auch an den Rechtsstaat und den Erhalt der Verfassung. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die Mehrheitsgesellschaft an denjenigen in der AfD stört, die ihr Land verraten und sich für Bestechungsgelder verschwören, ähnlich wie ein Bösewicht in einem Low-Budget-Abendspiel. In der Tat ist die Führung der AfD vorsichtig, wenn es darum geht, Maximilian Krah zu verteidigen, was an sich schon bezeichnend ist.

Neben den juristischen Problemen, mit denen die AfD konfrontiert ist, muss sie sich auch strategischen Herausforderungen stellen. Dank des BSW steht die AfD nun im Wettbewerb mit einer ähnlich russlandfreundlichen Partei - wenn auch ohne die hasserfüllten Assoziationen. Andere Wähler am rechten, aber nicht unbedingt rechtsextremen Rand könnten sich von der konservativen CDU beeinflussen lassen, die sich für eine Begrenzung der Zuwanderung, die Gewährleistung der Sicherheit der Bürger und die Schaffung eines Gefühls kultureller Identität einsetzt - alles Dinge, die einige AfD-Anhänger ansprechen.

Da der SPD-Innenminister die Möglichkeit prüft, Asylbewerber nach dem Vorbild des britischen Modells in Ruanda aufzunehmen, besteht die Chance, dass einige AfD-Wähler, die zuvor von der SPD abgewandert waren, zurückkehren. Damit stellt sich unweigerlich die Frage, wohin die verbleibenden AfD-Anhänger gehen werden.

Das Gespenst von Braun-Blau wird weiter bestehen

Die harten Maßnahmen des Grundgesetzes verfestigen eine engagierte Gruppe von AfD-Mitgliedern, obwohl es Anzeichen für Spaltungen und Zersplitterung innerhalb der Partei gibt. Nach den jüngsten Umfragen hat die Partei zwei Prozentpunkte verloren, liegt aber immer noch bei 15 %.

Wer glaubt, die Überreste der AfD würden verschwinden, der irrt. Der Erfolg rechtsextremer Bewegungen ist ein Symptom für eine größere Krise, die den Westen erfasst hat: den Verfall von Modernität, Toleranz, Freiheit und dem Recht der Menschen auf Selbstbestimmung. Von der russischen Aggression über die Machenschaften Chinas bis hin zur plötzlichen Popularität der Hamas bei einigen Linken ist der Aufstieg der extremen Rechten Teil eines globalen Trends, der sich ausdrücklich gegen diese Grundwerte richtet.

Das Gespenst von Braun-Blau wird so schnell nicht verschwinden. Das Jahr 2024 wird ein brisantes Jahr werden, vor allem in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.

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Quelle: www.ntv.de

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