Finanzminister Lindner will die Schuldenbremse im nächsten Jahr teilweise reformieren
Lindner erklärte, dass die Berechnung der ökonomischen Komponenten an den "aktuellen Stand der Wirtschaftsforschung" angepasst werden sollte. Dadurch würde sich "die Schwankungsbreite verändern". Über einen Zeitraum von mehreren Jahren würde sich die voraussichtliche Verschuldung dadurch aber nicht erhöhen: "denn die größere Bandbreite in einer Rezession wird sich wieder sammeln, wenn sich die Wirtschaft erholt."
Der Konjunkturfaktor bedeutet, dass in einer Rezession in der Regel neue Kredite aufgenommen werden dürfen, die jedoch bei einem Konjunkturaufschwung wieder zurückgezahlt werden müssen. Die Höhe der zulässigen Nettokreditaufnahme wird anhand einer speziellen Formel berechnet.
Für die Anpassung der Konjunkturkomponente war keine Änderung des Grundgesetzes und damit auch keine Zweidrittelmehrheit von Bundestag und Bundesrat erforderlich. Da für diese Reform lediglich das Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse geändert werden muss, reicht eine Mehrheit der Rot-Licht-Koalition aus.
Am Freitag setzte der Bundestag dann die Schuldenbremse für 2023 aus, das vierte Jahr in Folge. Die Ampelkoalition begründete die Maßnahme mit den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf den Energiemarkt und dem Hochwasser im Ar-Tal. Die Aussetzung der Schuldenbremse ist jedoch eine unmittelbare Folge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts vom November, das einen Nachtragshaushalt für 2023 erforderlich machte.
Das Karlsruher Urteil führte auch zu wochenlangen schwierigen Verhandlungen in der Ampelkoalition über den Haushalt 2024, für den eine Finanzierungslücke von 17 Mrd. Euro geschlossen werden muss. Am Mittwoch einigte sich die Koalition schließlich auf einen Kompromiss, wonach die Lücke durch eine Reihe von Maßnahmen von Einsparungen über Steuererhöhungen bis hin zu Subventionskürzungen geschlossen werden soll.
Die Schuldenbremse soll jedoch nach Möglichkeit auch im nächsten Jahr eingehalten werden. Bundeskanzler Olav Scholz (SPD) schließt aber eine weitere Aussetzung nicht aus, wenn sich die militärische oder finanzielle Lage in der Ukraine deutlich verschlechtert.
Die Schuldenbremse ist seit 2011 im Grundgesetz verankert. Sie verpflichtet Bund und Länder, ihre Haushalte "im Wesentlichen ohne Krediteinnahmen auszugleichen". Eine Aussetzung der Schuldenbremse ist jedoch "im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notlagen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen", möglich.
DJ
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Quelle: www.stern.de