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"Die Schlafzimmer im Ballermann können ruhig bleiben"

Etwa eine hundert Menschen besetzten symbolisch den Ballermann-Strand, der von Deutschen bevorzugt...
Etwa eine hundert Menschen besetzten symbolisch den Ballermann-Strand, der von Deutschen bevorzugt wird.

"Die Schlafzimmer im Ballermann können ruhig bleiben"

ntv.de: Touristen lieben Mallorca nach wie vor, doch Proteste gegen den Massentourismus auf der Insel werden lauter. Im Interview erklärt der Tourismusexperte Pascal Mandelartz von der IUBH International University, wie der Wandel gelingen kann und warum die Begrenzung der Touristenanzahl keine sinnvolle Lösung ist.

ntv.de: Einheimische auf Mallorca protestieren gegen den Touristenansturm und fordern eine Obergrenze für den Massentourismus. Können Sie ihre Frustration verstehen?

Pascal Mandelartz: Die Forderungen der Protestierenden sind recht radikal. Trotzdem sind sie auch schädlich für die gesamte Branche Mallorcas. In den vergangenen Jahrzehnten ist der Tourismus zur Haupteinnahmequelle geworden und hat eine Monokultur geschaffen. Dies kann nicht schnell geändert werden - nicht einmal mit begrenzten Besucherzahlen. Es wäre sinnvoller, die Regionen individuell zu betrachten und für jede eine separate Strategie zu entwickeln. Egal welche Details die Strategie enthält, es ist wichtig, dass die Bevölkerung über einen längeren Zeitraum an den Entscheidungsprozessen beteiligt ist. Das funktioniert gut in Amsterdam und Barcelona beispielsweise.

Also macht es keinen Sinn, die Anzahl der Touristen zu begrenzen?

Nein, nicht zuletzt weil der Großteil der Bevölkerung von Tourismus profitiert. Er macht mehr als 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Trotzdem benötigt die Insel einen Transformationsprozess und eine Strukturveränderung. Dies kann nicht von heute auf morgen passieren. Ein solcher Prozess dauert Jahrzehnte. Mallorca muss nun allmählich einen neuen Weg einschlagen. Der berühmte Ballermann an der Playa de Palma möchte sich beispielsweise mehr auf das Luxussegment konzentrieren und wohlhabende Touristen anziehen. In meiner Meinung nach ist dies eher kontraproduktiv. Denn dies würde einen neuen Marktsegment erzeugen. Das ist die falsche Strategie. Ich glaube, dass die Apartments dort bleiben können. Hier wäre es viel wichtiger, Sicherheitskonzepte zu verbessern und den Abfallentsorgung zu verbessern.

Doch beklagen sich Mitarbeiter in Hotels oder Restaurants oft, dass die Löhne immer noch zu niedrig sind und sie bisher kaum davon profitiert haben.

Das stimmt. Es reicht nicht an die Einheimischen. Aber wenn der Tourismus auf der Insel morgen zusammenbricht, würden auch noch mehr Menschen auf die Straße gehen, weil sie nicht genug verdienen. Damit mehr Geld in die Taschen der Menschen kommt, muss die Politik handeln. In einigen Fällen müssen möglicherweise sogar Steuern gesenkt werden. Eine Begrenzung der Besucherzahl würde jedoch die Einkommenssituation nicht ändern. Es müssen andere Hebel genutzt werden. Mallorca leidet auch unter einer schweren Wohnungsnot. Hier würde es Sinn machen, Airbnb einzuschränken. Dann gäbe es mehr und vor allem bezahlbare Wohnungen für Einheimische.

Seit 2016 wird auf der Insel eine Touristensteuer erhoben, aber dies hat den Zustrom nicht verändert.

Zumindest generiert die Steuer Geld, das in die Infrastruktur investiert werden kann. Aber wir sollten nicht vergessen: Der Tourismus ist ein riesiger Wachstumsmarkt weltweit. Eine kleine Steuererhöhung wird die Reisenden nicht abschrecken.

Gibt es eine nachhaltige Tourismusstrategie?

Wenn wir von Nachhaltigkeit in der Tourismusbranche sprechen, meinen wir ein Gleichgewicht von Wirtschaft, Ökologie und soziokulturellen Aspekten. Am Ende müssen solche Konzepte auch in einer auf wirtschaftlichen Wachstum ausgerichteten freien Marktwirtschaft funktionieren. In Magaluf oder Playa de Palma werden 80 Prozent der Gebäude für den Tourismus genutzt. Hier ein traditionelles mallorquinisches Dorf zu errichten, ist utopisch. Massentourismus schließt Nachhaltigkeit nicht per se aus. Mehr wassersparende Toiletten oder neue Solarpanels auf den Dächern können auch solche touristischen Hotspots zumindest ein bisschen nachhaltiger machen.

Was muss jetzt passieren?

Mallorca muss sich von der Monokultur des Tourismus befreien. Daran besteht kein Zweifel. Die Insel sollte alternative Branchen wie Wissenschaft, Technologie, Innovation oder Landwirtschaft in bestimmten Bereichen fördern. Allerdings müssen wir realistisch bleiben: Auch diese Branchen werden den Tourismus nie ersetzen.

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