Die deutsche Wirtschaft fordert von Brüssel eine "scharfe Anpassung".
Die Europawahl hat gezeigt, dass die Zeit für Klimaschutz und Regulierungen vorbei ist. Diese Meinung teilt sich auch die deutsche Wirtschaftsverbände, die sich für einen Wechsel hin zu Pragmatismus und Wettbewerbsfähigkeit einsetzen.
Nach der Europawahl drängen deutsche Wirtschaftsverbände auf politische Änderungen in Brüssel. Tanja Gönner, die Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Industrie (BDI), fordert einen "Wachstumsplan" mit "Wettbewerbsfähigkeit in der Industrie" als oberste Priorität für die nächste Legislaturperiode.
Es soll ein besseres Gleichgewicht zwischen Ökologie und Wettbewerbsfähigkeit im Europäischen Parlament geben. Schlüsselwirtschaftspolitik-Themen sollen in den Vordergrund rücken, wie die Vollendung des Europäischen Binnenmarktes, die Unterzeichnung von Freihandelsabkommen und eine Reduktion der Bürokratie.
Markus Steilemann, Präsident der Vereinigung der Chemischen Industrie, teilt diese Sichtweise. Er glaubt, dass "Pragmatismus und Geschwindigkeit" lange überfällig in der Europäischen Union sind, mit "Bürokratie" außerhalb der Tür gehalten werden sollten. Er fordert eine "deutliche Kursänderung", um die Wirtschaft in der internationalen Konkurrenz zu fördern und den grünen Wandel voranzutreiben. Der Fokus soll auf billiger Energie, zugänglichen Märkten, klugen Regulierungen und Innovation liegen.
Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbands deutscher Groß- und Außenhandel, Handel, Dienstleistungen (BGA), sieht die Wahlergebnisse als Aufruf zu weniger Bürokratie. Er sieht dies als eine Warnung für Beamte und ein Signal für eine wirtschaftspolitische Reformagenda in Europa.
Die Europäische Union hat eine große Erfolgsgeschichte, mit Meilensteinen wie dem Binnenmarkt, der Freizügigkeit und dem Euro.
Allerdings hat die Europawahl zu einer Verschiebung nach rechts geführt, wobei die Europäische Volkspartei (EPP) erwartet wird, weiterhin die stärkste Fraktion in Straßburg zu sein. Es gibt auch eine deutliche Zunahme von rechtspopulistischen und rechtsextremen Abgeordneten in verschiedenen EU-Staaten. Tanja Gönner hat sich über diese Entwicklung besorgt geäußert, da die Zahl jener, die Europa formen und stärken wollen, rapide abnimmt.
Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), sieht die Wahlergebnisse als Zeichen einer "Europapolitischen Wende", die von einer nationalen Wirtschaftswende begleitet werden muss. Dulger fordert die Umsetzung des "Aktivierungs-Pakets" der Traffic-Light-Regierung, um Enttäuschungen zu vermeiden.
Der Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) fordert alle demokratischen Parteien im Europäischen Parlament, eng zusammenzuarbeiten, um den Einfluss populistischer Parteien auf die Zukunft der EU zu minimieren. Dulger hofft, die notwendige Kursänderung zusammen mit den "pro-europäischen Kräften im Europäischen Parlament" zu gestalten.