Die Arbeitgeber kritisieren die Forderung von Scholz nach einem höheren Mindestlohn.
Olaf Scholz, der Bundeskanzler, sieht sich wegen seines Vorschlags zur Erhöhung des Mindestlohns mit Gegenwind konfrontiert. Sein Koalitionspartner, die FDP, kritisiert ihn offen, und auch die Arbeitgeber sind unzufrieden. In der eigenen Partei und in der SPD wird Scholz unterstützt, und die Linksfraktion sieht darin eine mögliche Wahlkampfstrategie.
In Berlin wendet sich FDP-Fraktionschef Christian Dürr gegen die Einmischung von Scholz in den Mindestlohnprozess und fordert, dass dieser in der Kommission behandelt wird. "Wir sind in einer sozialen Marktwirtschaft, nicht in einer Planwirtschaft. Deshalb finde ich es richtig, dass sich die Mindestlohnkommission darum kümmert und nicht ein politisches Spiel daraus macht."
Scholz spricht sich für eine schrittweise Anhebung auf 15 Euro aus. "Ich bin dafür, den Mindestlohn erst auf 14 Euro und dann auf 15 Euro zu erhöhen", sagte er dem Magazin Stern. Er kritisierte jedoch, dass die Kommission keine Einigung erzielt habe. "Die Arbeitgeber haben nur eine kleine Änderung gefordert, das war ein Vertrauensbruch", sagte der Kanzler. Sie hätten auch mit der Tradition des gegenseitigen Einvernehmens gebrochen, so Scholz. Geplant ist, den Mindestlohn im nächsten Jahr von 12,41 auf 12,82 Euro anzuheben.
"Halten Sie sich da raus"
Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, kritisierte Scholz für seine Intervention. "Wenn jemand ein Tabu bricht, dann ist es der Bundeskanzler", sagte Dulger. Scholz hatte versprochen, sich nicht in die Arbeit der Mindestlohnkommission einzumischen. "Es ist extrem gefährlich für unsere Wirtschaft, die Sicherheit der Arbeitsplätze und die Tarifautonomie, den Druck auf die Mindestlohnkommission aus politischen Gründen ständig zu erhöhen."
Auch Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg, und Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen, sprachen sich gegen die Intervention der Kanzlerin aus. Schirp sprach von einer "Unverschämtheit", Jandura von einer "Einmischung der Kanzlerin".
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU, Thorsten Frei, sagte vor Berliner Reportern, die Lohnfindung sei Sache der Arbeitgeber, nicht der Kanzlerin. "Wenn die Mindestlohnkommission nicht die richtigen Lösungen findet, kann man darüber nachdenken, die Mechanismen gegebenenfalls anzupassen. Was aber definitiv nicht funktionieren wird, ist, ihn politisch zu erhöhen, ohne die Tarifpartner zu konsultieren."
"Völlig richtig"
Dagmar Schmidt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, unterstützt die Initiative von Scholz. Sie sagte: "Das ist absolut richtig. Die Anpassung des Mindestlohns in diesem und im nächsten Jahr ist angesichts der Belastung der Arbeitnehmer zu niedrig." Auch Britta Haßelmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, unterstützt das Vorhaben. "Wir sollten die Debatte offensiv führen, statt auf eine Preiserhöhung oder Lohndumping zu warten."
Die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Susanne Ferschl, hält die Forderung der Kanzlerin für eine Wahlkampfstrategie. "Als Bundeskanzler kann Scholz mehr tun, als nur Forderungen in den Medien zu stellen. Er hat die Möglichkeit, diesen Schritt zu gehen, aber weder er noch SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil haben dafür gesorgt, dass das Mindestlohngesetz EU-konform geändert wurde. Damit will er die Wählerinnen und Wähler nur täuschen."
Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied und Mitglied der Mindestlohnkommission, pflichtet der Kanzlerin bei, denn der Gewerkschaftsbund will einen armutsfesten gesetzlichen Mindestlohn. "Die europäische Mindestlohnrichtlinie legt 60 Prozent des Medianeinkommens von Vollzeitbeschäftigten als Richtwert fest, was derzeit knapp über 14 Euro entspricht. Natürlich könnten wir im nächsten Jahr 15 Euro erreichen, denn der Trend hält an und die Preise steigen."
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Quelle: www.ntv.de