zum Inhalt

BND-Mitarbeiter unter Spionageverdacht – Prozess beginnt

Der Fall hat das Zeug zu einem Spionagethriller: Verschwörungstreffen, Fotos von Geheimdokumenten, Verheimlichungsversuche im Gefängnis.

Die Bundesanwaltschaft hat gegen einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) und einen....aussiedlerbote.de
Die Bundesanwaltschaft hat gegen einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) und einen mutmaßlichen Mitverschwörer Anklage erhoben. Foto.aussiedlerbote.de

Spionage - BND-Mitarbeiter unter Spionageverdacht – Prozess beginnt

Laptops, Handys, nicht einmal Uhren oder eigene Stifte sind im Gerichtssaal erlaubt. Da es sich um Landesverrat und Staatsgeheimnisse handelte, unterlag der Prozess vor dem Berliner Oberlandesgericht strengsten Sicherheitsvorkehrungen.

Ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) soll während des russischen Krieges in der Ukraine für Moskau spioniert haben. Die Nachricht schockierte Politiker und Behörden vor fast einem Jahr, kurz vor Weihnachten. Seit Mittwoch steht der BND-Mitarbeiter, der seit 2007 zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, vor Gericht. Der Mitangeklagte ist ein in Russland geborener Geschäftsmann.

Verrat Begangener „Agentenlohn“?

Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen Landesverrat in besonders schweren Fällen vor. Carsten L., 53, und sein Mitarbeiter Arthur E., 32, sollen im Herbst 2022 geheime Informationen an den russischen Geheimdienst weitergegeben haben. In der Anklage hieß es, sie hätten „Agenturgehälter“ in Höhe von 450.000 Euro bzw. 400.000 Euro erhalten. Die beiden Deutschen wurden im Gefängnis Berlin-Moabit inhaftiert.

Im Gerichtssaal saßen sie mit Abstand voneinander in einer Glasbox hinter dem Anwalt. Es besteht kein sichtbarer Kontakt.

Kommunikation ist im Gefängnis verboten

Berichten zufolge tauschten die Angeklagten jedoch im Gefängnis mit Hilfe von Assistenten schriftlich Informationen aus. Der zuständige Sechste Strafsenat sah daher neben der Fluchtgefahr auch die Gefahr einer Verdunkelung vor und erweiterte den bestehenden Haftbefehl entsprechend, wie der Vorsitzende Richter Detlev Schmidt im Prozess mitteilte.

Während Carsten L. bislang zu den Vorwürfen schwieg, sollen sich seine Mitverschwörer ausführlich geäußert haben. Für Johannes Eisenberg, den Verteidiger des BND-Mitarbeiters, handelte es sich um „sehr instabile Aussagen“ und der 32-Jährige sei ein „unzuverlässiger Mensch“. „Es gibt keine objektiven Beweise für einen relevanten Hochverrat“, sagte Eisenberg in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung.

Während des im Gefängnis verbotenen Briefwechsels soll L. seine Mitangeklagten aufgefordert haben, sämtliche Aussagen zurückzuziehen. Richter Schmidt zitierte einen am 25. November im Gefängnis gefundenen Brief und „die Sache wurde schnell ausgeschieden – sonst hätte es mehr als acht Jahre gedauert“. Das Gericht ging davon aus, dass L. der Urheber des Dokuments war.

Drucken und fotografieren Sie interne Dokumente

Laut Anklage kannten sich der BND-Mitarbeiter und der Geschäftsmann, der mit Edelsteinen und anderen Gegenständen handelte, seit Mai 2021. Spätestens im September 2022 sollen der Soldat und seine mutmaßlichen Komplizen beschlossen haben, die Wahrheit zu sagen. Den Ermittlungen im September und Oktober 2022 zufolge soll der 53-Jährige an seinen Arbeitsplätzen in Berlin und Prach bei München neun interne BND-Dokumente ausgedruckt oder aus seiner Arbeitscomputerdatei gefilmt und an den Geschäftsmann weitergegeben haben. Er soll BND-Mitarbeitern die Möglichkeit geboten haben, an Erzbergbauprojekten mitzuarbeiten.

Es soll zwei Übergaben gegeben haben. Einer davon steht auf dem Sportplatz an Prachers Arbeitsplatz in Bayern, der andere in Berlin, wo L. eine Wohnung hat. Der Geschäftsmann fungierte angeblich als Vermittler und übergab die Dokumente an den russischen Geheimdienst FSB in Moskau. Dreimal soll er nach Moskau gereist sein.

Eine Schlüsselrolle in dem Fall, einem der aufsehenerregendsten Spionagefälle der letzten Jahre, soll ein russischer Unternehmer gespielt haben. Er soll mit dem FSB in Kontakt gestanden haben. Er habe auch die Flugreise des Geschäftsmannes gebucht und finanziert, heißt es in der Anklageschrift. Den Ermittlern zufolge wird gegen ihn in einem separaten Fall ermittelt.

Aufgrund der Geheimhaltung von der Öffentlichkeit ausgeschlossen

Nähere Angaben machte Oberstaatsanwalt Lars Malsky bei der Anklageverlesung jedoch zunächst nicht. Nach knapp 20 Minuten unterbrach er seine Rede und forderte den Ausschluss der Öffentlichkeit, da die Anklage Informationen enthielte, die besonderer Geheimhaltung bedürfen.

Die Verteidigung kritisierte dies scharf. „Man sollte aufhören, Geheimnisse zu bewahren“, sagte Johannes Eisenberg, Anwalt der BND-Mitarbeiter. Damit die Öffentlichkeit den Fall bewerten kann, sind öffentliche Anhörungen erforderlich. Giuseppe Olivio, Verteidiger der mitangeklagten Unternehmer, fügte hinzu: „Was hier geheim gehalten werden sollte, ist in anderen Ländern bereits ein offenes Geheimnis.“

Es folgten hinter verschlossenen Türen Verhandlungen über den Umgang mit dem Problem. Richter Schmidt erklärte später, dass dies sehr umstritten sei. Das Treffen brachte viele Bereiche zur Sprache, über die der Senat friedlich nachdenken möchte und muss.

Prozess wegen Rücksprache unterbrochen Daraufhin unterbrach das Gericht den Prozess nach knapp zweieinhalb Stunden und hofft, am Donnerstag fortgesetzt zu werden. Zu diesem Zeitpunkt sollte eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob die Offenlegung fortgesetzt werden soll.

Lisa Jani, eine Sprecherin des Gerichts, sagte, dass das Problem voraussichtlich weiterhin bestehen werde, da so viele Informationen als vertraulich eingestuft seien. Die Verhandlungen sollten zunächst 51 Tage bis zum 17. Juli 2024 dauern. Aber Jani sagte, der Prozess werde wahrscheinlich über den Sommer hinaus andauern.

Lesen Sie auch:

Quelle: www.stern.de

Kommentare

Aktuelles