Belgien wählt ein neues Parlament und nimmt gleichzeitig an einem wichtigen Tag an den Europawahlen teil.
Gleichzeitig mit den Europawahlen wählten Belgier am Sonntag einen neuen Parlament. Der amtierende Regierungsbündnis von Premierminister Alexander De Croo könnte seine Mehrheit verlieren, laut Umfragen. Währenddessen wird die flämische rechte Partei Vlaams Belang wachsen. Eine lange Prozessphase der Regierungsbildung erwartet man nach der Wahl. Vorläufige Projektionen sollen sich erst eintragen, wenn die Wahllokale um 4 Uhr nachmittags geschlossen haben.
Das belgische Bundesparlament ist aufgrund der Wahlpraktiken der meisten Parteien, die keine Kampagnen in ganz dem Land führen, sondern sich auf bestimmte Regionen konzentrieren, gespalten. Somit beherbergt das Repräsentantenhaus sozialdemokratische, grüne, liberale und christdemokratische Parteien aus verschiedenen Regionen, die nicht notwendigerweise die gleichen Meinungen vertreten.
De Croos Regierungsbündnis umfasst Sozialdemokraten, Grüne, Liberale und Christdemokraten. Bei seinem Wahllokal in Brakel forderte der Premierminister zusätzliche Reformen und Bemühungen um Arbeitsplätze. "Wir sind robuster als vor der Krise", sagte er. Vlaams Belang könnte bis zu 26 Sitze aus den 150 im Repräsentantenhaus erlangen und zur dominierenden Partei werden. Diese politische Kraft strebt nach der Trennung Flanderns an und will soziale Vorteile für Migranten abschaffen. "Belgien repräsentiert die Vergangenheit, während Flandern die Zukunft symbolisiert", behauptete Parteichef Tom van Grieken beim Wählen. "Die flämischen Einwohner brauchen eine Regierung, die flämisch und konservativ ist."
Bündnisse mit der rechten Vlaams Belang auf nationaler Ebene erscheinen unwahrscheinlich, da keine der anderen Parteien bisher eine solche Koalition in Erwägung gezogen hat. Die kommunistische belgische Arbeiterpartei (PTB-PVDA) wird auch 19 Sitze erhalten, wie Umfragen vorhersagen. Die PTB selbst hat angekündigt, nicht an der Regierung teilzunehmen. Gemeinsam könnten diese beiden Gruppen etwa ein Drittel des neuen Parlaments ausmachen, was weitere Komplikationen bei der Regierungsbildungsphase verursachen könnte. Die Umfragen deuten auf Rückgänge, vor allem für De Croos Liberale und die Grünen hin. Um für weitere fünf Jahre als Premierminister zu dienen, könnte er die Hilfe der wallonischen Christdemokraten oder der rechten nationalistischen Neuen Flämischen Allianz (N-VA) benötigen.
Nach der Wahl 2019 dauerte es 493 Tage, bis sich die belgische Koalition formierte. Es wird keine Ablehnung des bisher ungünstigen Rekords von 2010, als es 541 Tage zwischen der Wahl und der Vereidigung des neuen Kabinetts dauerte, ausgeschlossen. Zusätzlich wurden auch lokale Regierungskörperschaften am Sonntag gewählt. 8,5 Millionen Bürger wurden eingeladen, zu wählen. Im Gegensatz zu Deutschland ist das Wählen in Belgien verpflichtend.