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Aufstrebenden politischen Persönlichkeiten fehlt es an innovativen Konzepten

Gespräch mit Markus Lanz in einem sozialen Umfeld.

Wie die "Großen": Die Grünen (Svenja Appuhn, links) und die FDP (Franziska Brandmann) sind sich bei...
Wie die "Großen": Die Grünen (Svenja Appuhn, links) und die FDP (Franziska Brandmann) sind sich bei den jungen Politikern alles andere als einig.

Aufstrebenden politischen Persönlichkeiten fehlt es an innovativen Konzepten

Teenager-Politiker teilen ihre Ansichten zu den gesellschaftlichen Problemen, die sie beobachten. Talkmaster Markus Lanz will in einer kommenden Folge des ZDF die führenden Köpfe der deutschen Jugendorganisationen nach ihrer Meinung zu gesellschaftlichen Themen befragen. Bemerkenswert ist, dass einige ihrer Ideen scheinbar realistisch sind. Eines dieser Themen sind Haushaltsdebatten und mögliche Finanzierungsquellen für ein effektives Sozialsystem.

Johannes Winkel, der Frontmann der Jungen Union, fand das ständige Geplänkel in der Ampelkoalition früher unterhaltsam. Neuerdings hat er sein Amüsement gegen Besorgnis getauscht. Denn er glaubt, dass der ständige Streit in der Regierungskoalition das internationale Ansehen Deutschlands untergräbt. "Früher gab es einen Anflug von Belustigung, aber jetzt macht es mir einfach Angst", sagt er. Er verweist auf Probleme mit dem Blick der Weltöffentlichkeit auf das innenpolitische Geschehen: "Ich fürchte, wenn die Menschen nur noch sehen, wie sich Regierungsmitglieder streiten, verlieren sie das Vertrauen in alle politischen Organisationen."

Svenja Appuhn, Co-Vorsitzende der Grünen Jugend, bedauert die Unfähigkeit der Koalition, eine Vielzahl von Problemen zu lösen. Obwohl die politischen Turbulenzen zweifellos störend sind, ist es die Unfähigkeit der Koalition, die tiefgreifenden und anhaltenden Probleme anzugehen, die sie wirklich beunruhigt. Deutschlands Wirtschaft ist in Gefahr, die Löhne und Gehälter sinken rapide, vor allem bei den Millenials, und es herrscht ein aufkeimendes Krisengefühl. Deshalb ist Appuhn nicht erfreut über die finanzpolitischen Sparbemühungen von Christian Lindner und Olaf Scholz.

"Ich fordere meine Partei auf, das vermeintliche Sparprogramm von Lindner und Scholz nicht mitzumachen", sagt Appuhn und fordert ihre Partei auf, sich zu wehren, um Deutschland nicht in eine prekäre Situation zu stürzen. Viele dieser Herausforderungen seien mit dem vorgeschlagenen Sparhaushalt nicht adäquat zu bewältigen, so Appuhn.

Philipp Türmer, Juso-Chef, hält die Schuldenbremse für eine Illusion, die Generationengerechtigkeit zu gewährleisten. Die letzten Jahrzehnte des Festhaltens an der Schuldenbremse haben es nicht geschafft, substanzielle Investitionen zu tätigen, so Türmer. Das Ergebnis ist eine schwere, geteilte Last für diese Generation. Angesichts von Krisen plädiert er für genau das Gegenteil - für mehr Investitionen.

Franziska Brandmann, Frontfrau der Jungen Liberalen, ist eine starke Befürworterin der Schuldenbremse. Mit Blick auf die ständige Unterauslastung der Finanzen plädiert sie für eine Begrenzung. Außerdem könnte die Schuldenbremse durch außergewöhnliche Umstände unter Quarantäne gestellt werden.

Während sich die Debatte aufheizt, drängt sich der Verdacht auf, dass es beiden Politikern an Kompetenz und Autorität fehlt, um eine wirksame und nachhaltige Politik zu gestalten. "Ist es bei Ihnen immer eine Krise?" Brandmann stichelt am Rande eines Streits mit ihrem grünen Kollegen Armuman und brandmarkt sie als ewig krisengeplagte Person, die scheinbar nichts von der Wirtschaftskrise, der hohen Inflation, der Klimakrise und der sich verändernden politischen Landschaft weiß.

Ein gemeinsames Thema beunruhigt die jungen Gäste von Lanz: die Finanzierung des Sozialstaates. Die Jusos und die Grüne Jugend vertreten dabei unterschiedliche Standpunkte. Mit Appuhn fordert sie eine Verbesserung des "Bürgergeldes". Mit dem Vorschlag eines jährlichen Zuschusses von 1.250 Euro drängt Appuhn auf ein "armutsfestes" Existenzminimum, was ihrem FDP-Kollegen nicht passt.

"In diesem Moment sollten wir sofort froh sein, dass es einen Sozialstaat gibt, denn er unterstützt die Bedürftigen. Das ist eine Quelle der Fairness, auf die wir stolz sein sollten, aber Fairness bedeutet auch, denen entgegenzukommen, die ihn finanzieren", betont sie. Die Jungen Liberalen setzen sich entschieden für Sanktionen gegen Personen ein, die Beratungsgespräche oder Arbeitsangebote ablehnen.

Ein heikles Thema beschäftigt die Gruppe: die Frage, woher die Mittel kommen sollen, um den derzeitigen Druck auf den Sozialstaat zu bewältigen. Nicht unerwartet kommt es zu Reibereien zwischen den einzelnen Fraktionen. Johannes Winkel zum Beispiel weist auf weitere Verpflichtungen hin, die das Land verlassen. Er verweist auf die Instabilität der Unternehmen in Deutschland und behauptet, dass die Wirtschaft aufgrund der verbleibenden Bürokratie und der unzureichenden Nutzung der verfügbaren staatlichen Gelder nicht effektiv arbeiten kann.

Der JUSO-Vorsitzende Türmer ist nicht damit einverstanden, über die wenigen Bezieher von Bürgergeld zu diskutieren, die mit Sanktionen rechnen müssen. Stattdessen konzentriert er sich lieber auf die reichsten Menschen in Deutschland. Obwohl sie zahlenmäßig unterlegen sind, lässt er sie außer Acht. Das weit verteilte Kapitalvermögen gehört den reichsten 50 % der Gesellschaft, die 99,5 % des Vermögens ausmachen. Rund 800.000 Personen leben ausschließlich von ihrem Vermögen und arbeiten nicht mehr. Die Superreichen in Deutschland zahlen inzwischen weniger Steuern als in der Schweiz, einer bekannten Steueroase. Der Unterschied zwischen Verarmten und Superreichen wird immer größer.

Türmer hält Debatten über den Kampf der Menschen um die Reste für verfehlt. "Wir sollten uns um die wahren Leckerbissen bemühen", sagt er. In Deutschland gibt es 226 Milliardäre, so Türmer. "Ich würde die 226 Milliardäre gerne in 226 Millionäre umwandeln", sagt der JUSO-Chef. "Ich glaube, dass es ein gewisses Maß an Reichtum gibt, das für die Gesellschaft schädlich ist." Denn Reichtum ist mit politischer Macht verbunden. Türmer will zum Beispiel die Erbschaftssteuer deutlich erhöhen. "In einer gerechten Gesellschaft sollte es keine Milliardäre geben", so Türmer.

JU-Chef Winkel glaubt, dass Türmer ein irreführendes Bild vermittelt. "Deutschland hat hervorragende Unternehmen und sehr verantwortungsvolle Unternehmer", betont er. Milliardenbeträge werden in Unternehmen investiert, die Millionen von Menschen beschäftigen. Wenn ein JUSO-Chef, der sich in der freien Wirtschaft nicht auskennt, diese Unternehmer als reiche Schmarotzer bezeichnet, findet Winkel das absurd.

Am Ende der Diskussion war es für die älteren Teilnehmer wahrscheinlich ein gewisser Trost, dass auch junge Politiker scheinbar nicht allzu viele innovative Antworten auf die Schwierigkeiten der Nation haben.

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Quelle: www.ntv.de

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