- Auf dem Rande der Entfaltung steht Varta vor der Krise.
Varta: Probleme häufen sich beim Batterie-Riesen
In letzter Zeit hat der Batteriehersteller Varta eine Reihe von Herausforderungen gemeistert: einen Cyberangriff auf die Produktion, verfehlte Finanzprognosen, den Abstieg in die vierte Liga der Börse und das Verpassen von Umsatzzielen. Beobachter sehen den traditionsreichen deutschen Konzern aus Ellwangen weiter in die Krise rutschen, obwohl Batterien als Zukunftsprodukte gelten.
Doch nun scheint der Überlebenskampf zumindest vorerst beendet zu sein. Das Unternehmen hat ein Abkommen mit Gläubigern und Investoren bekannt gegeben. Doch der Sanierungsplan enthält bittere Pillen. Die Fragen bleiben: Was kommt als Nächstes für die Schwaben? Und wie ist es dazu gekommen?
Schuldenreduktion und Porsche-Beteiligung als Rettung
Der Plan hat zwei Hauptbestandteile: eine Schuldenreduktion und eine Kreditverlängerung, die die Verbindlichkeiten von rund 500 Millionen Euro auf 200 Millionen Euro reduzieren werden. Dann wird das Grundkapital der Varta AG auf null herabgesetzt. Das Ergebnis: Aktuelle Aktionäre gehen leer aus, und das Unternehmen verliert seine Börsennotierung. Aktionärsvertreter haben bereits Protest eingeleitet.
Neben dem aktuellen Mehrheitsaktionär Michael Tojners Unternehmen wird auch Porsche aus Stuttgart an Varta beteiligt sein. Beide werden jeweils 30 Millionen Euro beisteuern. Weitere 60 Millionen Euro werden von Gläubigern als Darlehen bereitgestellt. Wenn alles nach Plan verläuft, soll das Projekt die Finanzierung der Varta AG bis zum Ende des Jahres 2027 sicherstellen. Varta hatte im Juli ein Insolvenzverfahren beantragt.
Ein Unternehmen mit reicher Geschichte
Die Wurzeln von Varta, das für "Vertrieb, Aufladung, Reparatur von Tragakkumulatoren" steht, reichen bis ins Jahr 1887 zurück. Selbst der Polarforscher Fridtjof Nansen nutzte Varta-Batterien bei einer Polarexpedition. Heute hat Varta wenig gemein mit dem Unternehmen, das einst als Fabrik für tragbare Batterien in Hagen begann. Der Grund: Varta geriet in den 1990er Jahren in eine Krise, wurde zerschlagen und in Teilen verkauft.
Boom durch Batterien für kabellose Kopfhörer
Tojner kam 2007 ins Spiel. Er kaufte die Mikrobatteriesparte und brachte sie 2017 an die Börse. Tojner schien ein gutes Auge zu haben: Der Börsengang war erfolgreich. Die Entwicklung wurde vor allem von der rapide steigenden Nachfrage nach wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien getrieben, etwa für kabellose Kopfhörer und Smartwatches.
2019 kaufte Varta auch die Haushaltsbatteriesparte zurück. Das Unternehmen verdoppelte innerhalb weniger Jahre seinen Umsatz. Millionen wurden in die Produktionsausweitung investiert, Schulden gemacht. In dieser Zeit stieg Varta auch in die Entwicklung von Batteriezellen für Elektroautos ein.
Vom Hoffnungsträger zum Sanierungsplan
Erste Risse zeigten sich 2022: Varta schien zu sehr von einem seiner wichtigsten Kunden - Apple - abhängig zu sein. Als Apple nach einem anderen Lieferanten suchte, geriet das Geschäft unter Druck. Der damalige Varta-Chef Herbert Schein verfehlte Umsatz- und Gewinnziele und trat bald zurück.
Danach verschärften sich die Probleme durch die globale Wirtschaftskrise und hohe Inflation für Verbraucherelektronik. Die Nachfrage nach den kleinen Batterien sank. Wettbewerb aus Fernost und Lieferkettenprobleme belasteten Varta zusätzlich.
Nische bei Elektroauto-Batterien
Außerdem blieb Varta-Batterie für Elektroautos eine Nischenprodukt. Die Batterie ist für Hybridfahrzeuge gedacht und kann nur eine begrenzte Menge Energie speichern. Sie speichert Energie, die während der Fahrt, zum Beispiel beim Bremsen, erzeugt wird, um einen Elektromotor anzutreiben, der den Verbrennungsmotor unterstützt.
Varta-Management behauptete weiterhin, es gebe viele Interessenten. Doch Porsche ist der einzige bekannte Kunde. Porsche plant, eine Mehrheitsbeteiligung an der Varta-Tochter V4Drive Battery zu erwerben, um dringend Hybridantriebsbatterien für den Porsche 911 Carrera GTS zu sichern.
Tojner: "Wir haben die Latte zu hoch gehängt"
Betriebsprobleme, hohe Schulden und tiefe Verluste - Varta rutschte weiter in die Krise. Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt, später wurden Hunderte Stellen gestrichen. Ein Cyberangriff im Frühjahr, der die Produktion an deutschen Standorten lahmlegte, verschärfte die Lage.
Mitarbeiter- und Aktionärsvertreter machen die Krise vor allem auf Managementfehler zurück. Tojner, Aufsichtsratschef von Varta, gab recently im "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zu: "Wir haben die Latte zu hoch gehängt. Wir haben verschiedene Projekte gestartet, viel investiert und die Produktion ausgeweitet."
Zu viel Geld sei leichtsinnig investiert worden, sagte Tojner. Der Zusammenbruch sei das Ergebnis einer unzureichenden Risikobewertung und einer Überlastung der Organisation. "Im Nachhinein muss das Aufsichtsrat, mit mir an der Spitze, auch Fehler eingestehen", sagte er. "Ich hätte viel früher auf gründliche Risikoanalysen bestehen müssen."
Was kommt als Nächstes?
Varta will alle deutschen Standorte erhalten. Es wird eine moderate Reduzierung von Verwaltungstellen geben, aber in der Produktion werden weitere Mitarbeiter gesucht. Die genaue Auswirkung auf die aktuelle Belegschaft von rund 4.000 Mitarbeitern ist noch unklar.
Das Abkommen muss in den kommenden Wochen finalisiert und dem Insolvenzgericht vorgelegt werden. Die Zustimmung der beteiligten Parteien und die Genehmigung durch die Bundes Kartellbehörde sind erforderlich. Es wird erwartet, dass der Konzeptentwurf mehrere Monate dauern wird. Es wird gehofft, dass der Prozess noch in diesem Jahr abgeschlossen wird.
Obwohl der Sanierungsplan vorliegt, bleibt die Zukunft von Varta ungewiss. Mit dem Verlust der Börsennotierung und den aktuellen Aktionären, die leer ausgehen, wird das Unternehmen stark von der Schuldenreduktion und der finanziellen Unterstützung durch Porsche und Gläubiger abhängen, um seine Position zu stabilisieren.
Während Varta seinen Sanierungsplan umsetzt, werden Stakeholder und die deutsche Öffentlichkeit die Entwicklung genau beobachten und auf eine erfolgreiche Wende hoffen.