Alle Wahldaten in Thüringen
Politische Kursentscheidungen in Thüringen: Mitte September wird in der Mitte Deutschlands darüber entschieden, wer die nächsten fünf Jahre das Bundesland mit seinen rund 2,1 Millionen Einwohnern regiert. Kann die AfD mit Spitzenkandidat Björn Höcke die stärkste Kraft werden?
Entscheidungstag im Freistaat Thüringen: Am 1. September sind etwa 1,66 Millionen Bürger aufgerufen, die Macht- und Mehrheitsverhältnisse im Erfurter Landtag neu zu bestimmen. Die Wahlen könnten die politische Landschaft in Thüringen grundlegend verändern.
In den Umfragen der letzten Monate liegt die AfD in Thüringen klar vorn. Neue stärkste Kraft in Thüringen könnte AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke mit seiner als "sicher rechtsextremistisch" eingestuften Landesverbände werden. Die Thüringer CDU wird derzeit von Umfragen auf Platz zwei vor der "Allianz Sahra Wagenknecht" (ASW) gesehen.
Hinweis: Die Infografiken zeigen die Ergebnisse der letzten Umfrage bis zum Wahltag und werden regelmäßig aktualisiert.
Die derzeit regierenden Parteien müssen mit erheblichen Verlusten rechnen. Die Thüringer Linke, die den aktuellen Ministerpräsidenten der rot-rot-grünen Regierungskoalition mit Bodo Ramelow stellt, kommt in den Umfragen nach der ASW-Spaltung nur noch auf 14 bis 18 Prozent der Stimmen. Das entspricht fast der Hälfte des Ergebnisses der letzten Landtagswahl 2019.
Es könnte auch schwierig für die Thüringer SPD werden. Die Sozialdemokraten sind seit 2014 in Thüringen gemeinsam mit der Linken und den Grünen an der Regierung beteiligt. In den letzten Umfragen liegt die SPD zwischen sieben und neun Prozent. Bei der Landtagswahl 2019 erreichte sie 8,2 Prozent der Zweitstimmen. SPD-Spitzenkandidat Georg Maier möchte, in eigenen Worten, dazu beitragen, "dass Thüringen eine demokratische Mehrheitregierung bekommt".
Die Grünen, die ebenfalls in Thüringen an der Regierung beteiligt sind, müssen damit rechnen, nicht mehr in den Landtag einzuziehen. Bei der Wahl 2019 schafften die Grünen nur knapp den Einzug ins Parlament mit 5,2 Prozent der Stimmen. In den Umfragen liegt die Partei zwischen vier und fünf Prozent. Die Grünen gehen mit dem Spitzenduo Madeleine Henfling und Bernhard Stengele in den Thüringer Wahlkampf.
Die FDP muss in Thüringen auf ein Wunder hoffen. Den Liberalen unter ihrem Landesvorsitzenden Thomas Kemmerich geben die Umfragen zwischen zwei und vier Prozent für die Wahl am 1. September. Das bedeutet, dass die Liberalen dieses Mal wohl an der entscheidenden Schwelle scheitern werden. 2019 schaffte die Thüringer FDP mit 5,01 Prozent gerade so den Einzug in den Landtag.
Das bedeutet, dass in Thüringen eine komplexe Regierungsbildung bevorsteht. Unter anderem ist noch unklar, ob künftig fünf, sechs oder sogar sieben Parteien im Landtag vertreten sein werden. Der Lager der bisherigen Nichtwähler könnte einen großen Einfluss haben - wenn sie sich dazu entschließen, am Wahltag ihre Stimme abzugeben.
Die Wahlbeteiligung lag 2019 bei 64,9 Prozent. Das bedeutet, dass mehr als ein Drittel der Wahlberechtigten (35,1 Prozent) an der Neuverteilung der politischen Macht im Thüringer Landtag nicht teilgenommen haben.
Selbst bei einem AfD-Sieg ist es unwahrscheinlich, dass es eine rechtsextreme Regierung mit Höcke als Ministerpräsident in Thüringen geben wird. Die anderen Parteien haben bereits im Voraus Koalitionen mit der AfD ausgeschlossen. Damit sind die Rechtspopulisten derzeit ohne Koalitionspartner und ohne ausreichende Mehrheit.
Ob der Amtsinhaber Ramelow als Regierungschef bleiben kann, ist noch unklar. Wie 2019 wäre theoretisch eine Minderheitsregierung möglich, aber die Linke ist in Thüringens Wählerpräferenz nicht mehr an erster Stelle, sondern hinter der CDU.
Wenn die Christdemokraten tatsächlich mehr Stimmen erhalten, könnte es schwierig für Ramelow werden. Der 47-jährige CDU-Fraktions- und Landesvorsitzende Mario Voigt, der über reichlich Erfahrung verfügt, würde sich likely auch Koalitionspartner suchen.
Voigt studierte Politik- und Staatswissenschaften und sitzt seit 2009 im Thüringer Landtag. Er ist jünger als Ramelow und Höcke und im Gegensatz zu ihnen ein gebürtiger Thüringer. Für eine mögliche Zusammenarbeit mit der BSW, die zur neuen drittstärksten Kraft im Landtag werden könnte, hat CDU-Chef Friedrich Merz bereits grünes Licht gegeben.
Individuelle Wählerschaften könnten bei der Wahlentscheidung entscheidend sein: Mit einem Anteil von 51,3 Prozent sind mehr als die Hälfte der etwa 1,66 Millionen Wahlberechtigten in Thüringen weiblich. Zudem sind laut Daten des Landeswahlleiters etwas mehr als ein Viertel aller potenziellen Wähler 70 Jahre oder älter.
Der Anteil junger und neuer Wähler erscheint im Vergleich zu Rentnerinnen und Rentnern viel niedriger. Bei der Landtagswahl am 1. September können rund 79.000 Thüringer erstmals wegen ihres Alters ihr Wahlrecht ausüben. Zusammen mit der Altersgruppe der 23- bis 29-Jährigen macht das Lager der unter 30-Jährigen in Thüringen insgesamt knapp unter 10,5 Prozent aus.
Hinweis: Diese Karte zeigt die Ergebnisse der letzten Kommunalwahlen 2024 in Thüringen.
In Thuringia, alle Personen, die "mindestens 18 Jahre alt sind am Wahltag, in Thuringia mit ihrem Hauptwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort gemeldet sind und nicht durch einen Gerichtsbeschluss vom Wahlrecht ausgeschlossen wurden", sind wahlberechtigt, wie der Landeswahlleiter mitteilt. "Die genaue Zahl der Wahlberechtigten wird durch das Auszählen der Wählerlisten am Wahltag ermittelt."
Die anstehende Wahl ist die achte Landtagswahl seit der Gründung des Freistaats. Wahlen finden regelmäßig alle fünf Jahre in Thuringia statt. Der Landtag in der Landeshauptstadt Erfurt besteht aus mindestens 88 Sitzen. Die Hälfte davon wird als Direktmandate aus den 44 thüringischen Wahlkreisen vergeben, die andere Hälfte wird unter den Parteienlisten nach den Mehrheitsverhältnissen verteilt.
Überschuss- und Ausgleichsmandate können die Gesamtzahl der Mitglieder erhöhen. Wie bei der Bundestagswahl können Wähler in Thuringia zwei Stimmen abgeben: eine für den Kandidaten im Wahlkreis und eine für die Landesliste der Partei.
"Mit der Wahl auf der linken Seite des Stimmzettels", erklärt der Landeswahlleiter, "können Sie einen Mitglied des Landtags bestimmen, der direkt in den Landtag einzieht." Der Gewinner im Wahlkreis ist derjenige, der vor Ort die meisten Stimmen erhält (relative Mehrheit).
Für die Verteilung der verbleibenden 44 Sitze, die über die Landesliste zu besetzen sind, ist die Information auf der rechten Seite des Stimmzettels entscheidend: "Mit dieser Stimme entscheiden die Wähler für eine bestimmte Partei (Landesliste)", erklärt der Landeswahlleiter. Berücksichtigt werden jedoch nur Parteien, die mindestens fünf Prozent der insgesamt gültigen Landesstimmen erhalten. Das bedeutet: Starke lokale Kandidaten können auch ohne Platz auf einer Partei-Landesliste in den Landtag einziehen.
In Thuringia ist auch Briefwahl möglich. Ein entsprechender Antrag muss bei der zuständigen Gemeinde am Wohnort "spätestens bis 18:00 Uhr am Freitag vor dem Wahltag" gestellt werden, wie der Landeswahlleiter betont. "Im Falle einer plötzlichen Erkrankung kann dies noch bis zum Wahltag 15:00 Uhr erfolgen."
Der ausgefüllte Stimmzettel muss in dem frankierten Rückumschlag spätestens bis 18:00 Uhr am Wahltag an die angegebene Adresse zurückgesandt werden. "Die Verantwortung dafür, dass das Briefwahlkuvert rechtzeitig eintrifft, liegt bei den Wählern selbst", ist die Regelung.
An dem Wahltag selbst sind die Wahllokale von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr geöffnet. Die Auszählung der Stimmen beginnt unmittelbar danach. Erste Prognosen zum Wahlausgang können kurz nach Schließung der Wahllokale erwartet werden. Aufgrund von Exit-Polls versuchen Meinungsforschungsinstitute, das wahrscheinliche Wahlergebnis abzuschätzen.
Die ersten verlässlicheren Prognosen sind voraussichtlich im Laufe der Wahlnacht zu erwarten. Der Landeswahlleiter wird nach Auszählung der Stimmen voraussichtlich noch am Montagabend ein vorläufiges offizielles Wahlergebnis bekanntgeben.
Die thüringische CDU, angeführt von Mario Voigt, hat eine mögliche Koalition mit der BSW angedeutet, die zur neuen drittstärksten Kraft im Landtag werden könnte. Obwohl die BSW als sicher rechtsextremistisch eingestuft wird, haben andere Parteien jede Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen, was es Höcke schwer macht, eine Regierung zu bilden.
Die BSW, angeführt von Fredrich Merz, könnte eine wichtige Rolle in der komplexen Regierungsbildung spielen, die nach der Landtagswahl in Thuringia am 1. September erwartet wird. Ob die BSW jedoch genügend Unterstützung sammeln kann, um einen entscheidenden Faktor zu werden, bleibt abzuwarten.