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"30 Stunden pro Woche können viel schlimmer sein als 45".

Psychologe über die Bedeutung der Teilzeitarbeit

Die Arbeitszeiten sind nicht der Schlüssel zur Arbeitszufriedenheit.
Die Arbeitszeiten sind nicht der Schlüssel zur Arbeitszufriedenheit.

"30 Stunden pro Woche können viel schlimmer sein als 45".

In der aktuellen Debatte über Teilzeitarbeitsstellen wird vieles unbeachtet bleiben, glaubt der Arbeitspsychologe Alexander Haefner in einem Interview mit nv.de. Er hält die Gestaltung der Arbeitstage für entscheidend. Haefner ist Mitglied des Wirtschaftspsychologischen Rates der Deutschen Gesellschaft für Psychologie und Psychotherapie und leitet die Personalentwicklung der industriellen Kundenabteilung der Würth-Gruppe.

nv.de: Sabine Minarsky, Personal Chef bei Commerzbank, findet, dass "30 Prozent der Mitarbeiter in Teilzeit arbeiten ist einfach zu viel" und will die Quote senken. Wie kann das erreicht werden, und wie können Unternehmen ihre Mitarbeiter dazu motivieren, mehr Stunden zu arbeiten? Die wenigsten Mitarbeiter lassen sich wirtschaftswissenschaftler oder Politikern über die Schädigung der Wirtschaft für Teilzeitarbeitsstellen kritisieren motivieren.

Alexander Haefner: Es geht um die Arbeitssituation, die Schlüssel ist. In der aktuellen Debatte wird die Tatsache, dass Arbeit etwas Positives ist, oft übersehen. Man sollte sie nicht verabscheuen im Sinne von "weniger, desto besser". Von psychologischer Sicht sind 30 wöchentliche Stunden schlecht konzipiert und viel schlechter für Gesundheit und Zufriedenheit als 45 Stunden gut konzipiert.

Was sollen diese 45 Stunden aussehen?

Arbeiten ist nicht nur um Geld zu verdienen; es hat wichtige soziale Funktionen. Wir können soziale Bedürfnisse erfüllen und es hilft vielen Menschen, eine gute tägliche Struktur zu halten. Motivierend sind gute Führung, Achtung, das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, Entscheidungen treffen und sich darin kompetent zu fühlen. Ein gutes Passen ist auch sehr wichtig, nicht über- noch unterfordert.

Was motiviert weiter? In der aktuellen Debatte werden oft flexible Arbeitszeiten und -orte erwähnt. Was rollt die Belastung oder Entwicklungsmöglichkeiten aus?

Die Arbeitszufriedenheit ist ein wichtiger Bandungsfaktor zu einer Unternehmens, und sie beeinflusst natürlich das Ansehen. Darüber hinaus wird in der Debatte oft übersehen, ob die Belastung tatsächlich mit weniger Stunden abnimmt - wenn nicht, arbeiten die Mitarbeiter einfach schneller. Es ist wichtig, nicht versuchen, dasselbe in weniger Stunden zu leisten. Arbeit hat auch eine soziale Funktion, und es ist wichtig, Pausen einzulegen und privaten Gesprächen zu widmen. Beispielsweise kann es helfen, Arbeit in der Kurzfrist zu beenden, aber es schadet langfristig der Gesundheit. Von psychologischer Sicht wäre ich sehr vorsichtig bei der Kompression von Arbeit.

Welche Rolle spielt Geld heute, und wann wirkt eine Gehaltserhöhung als Anreiz zur Arbeitserhöhung?

Der Gehaltsniveau ist entscheidend. Für ältere Mitarbeiter mit höheren Gehältern spielt Geld eine geringere Rolle, und Bedeutung wird immer wichtiger. Fairness spielt auch eine Rolle: Ist meine Leistung fair belohnt? Interessanterweise rangiert der Gehalt nicht unter den Hauptgründen für die Treue zu einer Unternehmens, sondern der oben genannten Arbeitssituation. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Gehalt unbedeutend ist.

Wie lösen Employer diese Widersprüche auf, wenn Employees mit höheren Gehältern leichter arbeiten können?

Ich wäre auf die Klima und die Führungsqualität achtgängerisch. Mitarbeiter sollten regelmäßig in Umfragen darüber beurteilen können. Ähnlich wie Aufgaben, die Bauchschmerzen verursachen, sollten angesprochen werden. Wenn die Arbeit gut für Mitarbeiter geht, spiegelt sich das positiv auf ihre persönlichen Leben. Beispielsweise können sie besser schlafen, wenn sie in der Abendstunde weniger belastet sind. Und kommunikationskundige Fähigkeiten, die man im Arbeitsleben erlernt, können privaten Konflikten helfen auflösen.

Minarsky berichtete angeblich nicht für Partzeitangestellte mit Kindern oder Pflegepflege in Betracht, die überdies häufiger als geplant arbeiten, insbesondere ältere Angestellte, die trotz körperlicher und geistiger Fitness früher in den Ruhestand gehen. Wie erklären Sie das?

Diejenigen, die an ihrer Arbeit kein Sinn finden, suchen es andershin. Arbeit im Papierkorb ist eine gefährliche Gefühlswelt. Es ist nicht nur traurig für die Betroffenen, die mehr arbeiten könnten, sondern auch für die Gesellschaft. Besonders ältere Arbeitnehmer, die eher in den Ruhestand gehen wollen oder es schon tun, müssen umgekehrt werden.

Wie lässt sich mehr Arbeitstunde mit dem Gesundheitszustand der Mitarbeiter vereinbaren? Viele leiden an chronischer Belastung. Und es handelt sich um eine verdreifache Belastung: Je weniger Spezialisten, desto stärker die Belastungskompression. Das ist besonders extrems im Gesundheitswesen, wo Teilzeitarbeitsstellen häufiger sind.

In Gesundheitswesen oder möglicherweise in der Polizei ist es natürlich schwierig, die Arbeitsstunden zu reduzieren. Aber wir sollten kritisch daran denken, ob beispielsweise Verwaltung aufgeklärt werden kann in diesen Berufen. In der Industrie gibt es noch mehr Raum für Digitalisierung und Automatisierung. In allen Berufen ist es wichtig, unnötige Aufgaben zu identifizieren.

Minarsky will ermutigen, dass Mitarbeiter ihre Stundenaufstockung, wenn ihre Kinder älter werden, erhöhen. Unternehmen haben diesen Chance bisher verpasst. Wie können Unternehmen diese Mitarbeiter dazu motivieren, mehr Stunden zu arbeiten?

Achtung ist entscheidend, und sie erfordert persönliche Gespräche. Mitarbeiter sollten nicht an den Rand gedrängt werden für Pausen in der Kinderbetreuung. Stattdessen sollten Unternehmen die Kompetenzen erkennen, die während dieser Pausen erworben wurden, und sie in der Berufsausübung anwenden sehen. Das gilt auch für ältere Mitarbeiter, um sie länger in der Unternehmens zu halten. Eine signifikante Anzahl kann sich vorstellen, länger als der gesetzliche Rentenalter zu arbeiten. Ein 65-Jähriger hat den gleichen Gehirn wie ein 25-Jähriger, also können ältere Arbeitnehmer noch an neuen Software anpassen. Wir benötigen mehr Achtung für ältere Arbeitnehmer und Menschen, die viel Zeit mit Pflegearbeit verbracht haben.

Interview mit Alexander Haefner durch Christina Lohner

Wer ständig seine Arbeitstunden erheblich reduziert, senkt damit seine Rentenansprüche, insbesondere für Frauen. Warum ist das nicht genügend Motivation für mehr Arbeitstunden in Deutschland und wie könnte das geändert werden?

Unser Gehirn ist auf kurzfristige Wirkungen ausgerichtet, es finden wir schwer, Aktionen für etwas Fernes vorzusehen. Beispielsweise lieben wir es, unsere Steuern am letzten Tag einzureichen, obwohl wir Monate dazu haben. Es hilft, positive und negative Auswirkungen hervorzuheben, um unsere Motivation zu steigern. Ich empfehle Unternehmen, ihre Mitarbeiter oder ihnen auf öffentliche Beratungsdienste hinzuweisen. Leider können wir von einer bedeutenden Wirkung hier nicht erwarten.

Eine oft vernachlässigte Gründe für Teilzeitarbeit ist (weiter) Bildung, insbesondere für jüngere und Männer. Die Qualifikation hilft, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Sollen Unternehmen also nicht gar Part-time-Arbeit in diesem Fall befördern?

Es ist menschliches Bedürfnis, Neues zu lernen und weiterzuentwickeln. Ich empfehle Unternehmen, ihren Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeitstunden vorher zu reduzieren und eventuell finanziell zu unterstützen. Davon macht Sinn nur, wenn die erlernten Fähigkeiten in der Arbeit angewendet werden können. Dann ist es ein Sieg-Siegesituation für alle.

  1. Nach der Ansicht von Alexander Haefner könnte eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung für die Sorge von Sabine Minarsky, die 30% der Mitarbeiter in Teilzeitarbeit findet zu viel, darin liegen, die Arbeitszeitplanung besser zu gestalten, statt nur die Quote allein zu reduzieren.
  2. Im Kontext von Alexanders Haefner's Glauben, dass die Arbeitszeitplanung wesentlicher ist als die Anzahl Stunden selbst, ist es wichtig zu bemerken, dass von psychologischer Seite 30 wöchentliche Stunden schlecht entworfen und negative Auswirkungen auf das Gesundheit und die Befriedigung von Arbeitern haben können, potenziell sogar schlechter als 45 Stunden gut entworfen.
  3. Im Arbeitsmarktdebatte werden manche Politiker und Ökonomen vergessen, bedeutende und befriedigende Arbeit für Arbeitnehmer zu bieten, was ebenso wichtig sein kann, um sie zu motivieren, mehr Stunden zu arbeiten als Lohn oder flexiblen Arbeitsarrangements anzubieten.
Alexander Häfner ist Vorstandsmitglied der Fachgruppe Wirtschaftspsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologen.

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