Zahlreiche prominente städtische Gebiete verzichten während der Europameisterschaft auf öffentliche Vorführungen.
In England bezieht sich der Begriff "Public Viewing" auf "öffentliche Leichenhallen". In Deutschland hingegen wird er für begeistertes Fußballgucken auf überfüllten Plätzen in der Innenstadt verwendet. Die Fans hoffen auf ein zweites Sommermärchen. In vielen Großstädten wird dieser gemeinsame Jubel allerdings nicht stattfinden.
Pak Watching. Jubeln, verzweifeln und johlen im schwarz-rot-goldenen Pulk auf überfüllten Plätzen: Public Viewing mit oft Zehntausenden von Zuschauern war bei der Heim-WM 2006, dem "Sommermärchen", ein Riesenhype. Wie könnte es bei der Euro 2024 sein? Zumindest rechtlich ist der Weg frei: Der Bundesrat hat am Freitag in Berlin einer Verordnung der Bundesregierung zugestimmt, die Public Viewing-Veranstaltungen im Freien bis in die Nacht hinein erlaubt. Dennoch zeichnet sich vier Wochen vor Beginn der Europameisterschaft ab, dass viele Marktplätze dieses Mal leer bleiben könnten.
Berlin
Die Hauptstadt ist wieder bereit zum Feiern: Für die große Fanmeile am Brandenburger Tor wurde extra ein Kunstrasen verlegt und ein riesiges Fußballtor aufgestellt. Fernsehsender werden dort wiederholt vom Public Viewing berichten. In diesem Jahr gibt es eine zweite Fanmeile auf der Wiese vor dem Reichstag. Auch an den Tagen ohne Fußball oder ohne deutsche Beteiligung wird es ein großes Unterhaltungsprogramm mit Open-Air-Kino und Konzerten geben. Insgesamt erhoffen sich die Organisatoren für beide Bereiche an manchen Tagen 50.000-100.000 Menschen. Neben der Europameisterschaft werden die Spiele auch in Biergärten, Kneipen, einigen Strandbädern und einem Klettergarten übertragen.
Baden-Württemberg
Die großen Städte hier halten sich beim offiziellen Public Viewing zurück. Nur Stuttgart, Gastgeber von fünf EM-Spielen, bietet ein umfangreiches Programm. Das Public Viewing auf dem zentralen Schlossplatz bietet Platz für rund 30.000 Menschen. Stuttgart war bereits bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 Gastgeber mehrerer Spiele, bei denen regelmäßig bis zu 50.000 Menschen die Übertragungen auf dem Schlossplatz verfolgten. Die anderen Kommunen im Südwesten zeigen dagegen wenig bis kein Interesse: Freiburg, Karlsruhe, Konstanz, Ulm, Mannheim - keine von ihnen will ein kommunales Public Viewing veranstalten.
Bayern
München plant zur Fußball-Europameisterschaft eine Fanzone für 30.000 Menschen im Olympiapark. Sie können die Spiele auf einer 120 Quadratmeter großen Leinwand im Olympiasee verfolgen. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 fand das große Public Viewing im Olympiastadion statt. "Wir rechnen mit einer ähnlichen Anzahl von Zuschauern", sagte ein Sprecher der Stadt. Aufgrund von Renovierungsarbeiten findet im Stadion jedoch kein Public Viewing statt. "Die Stadt Nürnberg veranstaltet zur Europameisterschaft 2024 kein Public Viewing - anders als im Jahr 2006, als Nürnberg Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft war", teilte die Stadt mit. Geplant ist aber eine Veranstaltung eines privaten Veranstalters am Flughafen. In Augsburg, wo 2006 bis zu 5.000 Menschen die Spiele auf dem Rathausplatz verfolgten, sind nach Angaben der Stadt keine großen Public Viewings geplant.
Brandenburg
Kein Public Viewing zum Beispiel in Potsdam, aber ein größeres in Frankfurt (Oder): Die Stadt rechnet beim Halbfinale und beim Finale mit bis zu 8.000 Menschen auf dem Brunnenplatz. Diese Veranstaltung ist Teil des Stadtfestes, und beide Feiern werden gemeinsam in deutsch-polnischer Freundschaft begangen.
Bremen
In Bremen könnten die Public-Viewing-Fans zunächst das Nachsehen haben. Das Endspiel wird jedoch auf einer großen Leinwand übertragen. Das Spiel wird auf drei Bildschirmen auf der Seebühne an der Waterfront gezeigt, von der aus man einen herrlichen Blick auf den Werfthafen hat. Nach Angaben des Bremer Wirtschaftsressorts ist kein weiteres Public Viewing geplant. Doch obwohl die Stadt diesen Schritt theoretisch begrüßt, will sie nicht der Veranstalter sein. Bislang sind keine Anträge für Public Viewing eingegangen.
Hamburg
In der Hansestadt beginnt am 14. Juni das Fanfest auf dem Heiligengeistfeld. Alle 51 Spiele werden live auf verschiedenen Leinwänden übertragen. Außerdem öffnet das Gelände an 15 Spieltagen für das große Public Viewing, bei dem alle gemeinsam feiern können. Auf einer 100 Quadratmeter großen Leinwand werden die Spiele der deutschen Nationalmannschaft, die fünf Partien im Hamburger Viktoriastadion und alle Spiele der Endrunde gezeigt.
Hessen
Am Frankfurter Mainufer wird eine 1,4 Kilometer lange Fanzone mit einer schwimmenden Leinwand eingerichtet, die 30.000 Menschen Platz bietet.
Mecklenburg-Vorpommern
Am "Fußballstrand" in Heringsdorf auf Usedom werden ab Mitte Juni wieder viele Fans die deutsche Mannschaft anfeuern. Alle deutschen Spiele, Auswahlspiele, Achtel-, Viertel- und Halbfinalspiele sowie das Endspiel werden am Strand an der Seebrücke übertragen. Es wird auch versucht, die Spiele der polnischen Nationalmannschaft zu zeigen.
Während der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine diente der ZDF-Fußballstrand an der Seebrücke Heringsdorf auf Usedom als Hauptstandort für die Live-Übertragung. Damals moderierten Katrin Müller-Hohenstein und Oliver Kahn für das ZDF und schalteten von Heringsdorf zu den Spielorten.
Niedersachsen
In Niedersachsen sind bislang keine nennenswerten Public-Viewing-Veranstaltungen geplant. Oldenburg erklärte: "Die Stadt selbst organisiert kein Public Viewing, aber wir sind im Gespräch mit einem externen Veranstalter."
Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen gibt es an jedem der vier Spielorte spezielle Fanzonen und mindestens einen offiziellen Public-Viewing-Bereich. Hier werden alle Spiele, die in der jeweiligen Stadt stattfinden, sowie alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft gezeigt. Zusätzlich können an einigen Standorten weitere Spiele übertragen werden.
In Dortmund gibt es eine Fanzone auf dem Friedensplatz mit Übertragungen aller EM-Spiele und einen Public Viewing Bereich im Westfalenpark mit Übertragungen aller deutschen Spiele und aller Spiele aus dem Dortmunder Stadion.
Düsseldorf plant ein Public Viewing am Rheinufer für ca. 7.800 Fans, bei dem alle deutschen Spiele und alle Spiele aus der Düsseldorf Arena gezeigt werden.
Köln organisiert ein Public Viewing am Tanzbrunnen für die Spiele der deutschen Mannschaft und alle Spiele in Köln, mit Platz für bis zu 12.500 Personen. Beim WM-Finale 2006 hatte Köln eine Kapazität von über 65.000 Zuschauern.
Gelsenkirchen plant eine Fanzone und ein Public Viewing im Amphitheater für jeweils 6.000 Zuschauer. Duisburg, Essen, Wuppertal, Bielefeld, Bochum, Bonn und Münster planen kein zentrales Public Viewing.
Sachsen
Sachsen hat nur einen EM-Spielort, Leipzig, wo es eine große Fanzone geben wird. Auf zwei Leinwänden werden alle Spiele übertragen, so dass bis zu 15.000 Menschen vor der Oper und dem Gewandhaus Platz finden. Die Zone wird während des gesamten Turniers geöffnet sein, und die Fans können sich auf ein Rahmenprogramm mit Riesenrad und Musik freuen. Am 29. Juni tritt LaBrassBanda auf, am Finaltag steht Dieter Thomas Kuhn auf der Bühne. Die Städte Dresden und Chemnitz planen keine größeren Public Viewings.
Sachsen-Anhalt
In Sachsen-Anhalt werden nur wenige Städte eigene Public Viewings anbieten. Die meisten Städte und Gemeinden verlassen sich auf private Initiativen. Halle teilt deren Gedanken: "In der Vergangenheit haben sich die verschiedenen Public-Viewing-Angebote privater Dritter als sehr erfolgreich erwiesen."
Schleswig-Holstein
Das schleswig-holsteinische Innenministerium hat noch keine konkreten Angaben zu Anzahl, Ort und Größe der Veranstaltungen im Land: "Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass diese auch vom Verlauf des Turniers abhängen."
Thüringen
Ein schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer und große Menschenmassen müssen Fußballfans bei der Europameisterschaft in größeren Thüringer Städten nicht erleben. Die Städte Erfurt, Jena, Gera und Weimar planen keine Fanmeilen oder Großbildleinwände einzurichten. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 versammelten sich Tausende von Menschen auf den zentralen Plätzen der Thüringer Städte. Erfurt hatte damals eine Großleinwand auf dem Domplatz. "Damals war die Euphorie anders", sagt eine Stadtsprecherin.
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Quelle: www.ntv.de