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Zahlreiche Jugendliche unterstützten die AfD bei den Wahlen.

"Weniger umweltfreundlich im Vergleich zu ihren Vorgängern"

Zum ersten Mal durften auch 16- und 17-Jährige an den Europawahlen teilnehmen.
Zum ersten Mal durften auch 16- und 17-Jährige an den Europawahlen teilnehmen.

Zahlreiche Jugendliche unterstützten die AfD bei den Wahlen.

An den letzten Europawahlen haben junge Wähler hauptsächlich die Grünen Partei bestraft und stattdessen der AfD ihre Stimmen gegeben. Ist das ein Hinweis auf eine rechtsextreme Verschiebung unter der Jugend, oder ist das Klimathema nicht mehr prioritätswichtig?

Chancellor Olaf Scholz äußerte seine Gedanken zur Ausgangslage der Deutschen Europawahlen in der Vergangenheitswoche und sagte: "Das Wahlergebnis war für alle drei regierenden Parteien enttäuschend. Wir können es jetzt nicht ignorieren." Es bleibt offen, ob Scholz überrascht und deswegen vorsichtig kommentierte, oder ob die Verkehrslichtkoalition tatsächlich bestraft wurde - insbesondere durch die junge Bevölkerung.

16-24-Jährige wandten sich von ihren Stimmverhalten der Europawahl 2019 ab. Die AfD erlebte eine Steigerung um 11 Prozent und überholte andere Altersgruppen. Die Union erzielte 17 Prozent, während die Grünen bei den 16-24-Jährigen eine beeindruckende Verluste von 23 Prozent hinnehmen mussten - eine Abnahme, die in keiner anderen Altersgruppe zu beobachten war.

"Mangel an Vertrauen in ein besseres Morgen"

Wendelin Haag, Vorsitzender des Deutschen Bundesjugendrats, ruft zur Vorsicht bei der Deutung der Wahlergebnisse auf. "Wir sollten nicht übertreiben, dass nur ein kleiner Bruchteil junger Menschen für eine nicht-demokratische Partei gestimmt hat. Wir müssen auch anerkennen, dass 83 Prozent junger Wähler – Erststimmberechtigte – ihre Stimmen für demokratische Parteien abgaben." Haag äußerte diese Überlegungen im ntv-Podcast "Wieder was gelernt."

Aber der kleine Bruchteil stößt dennoch Sorge bei Thomas König, Politikwissenschaftler von der Universität Mannheim. In einer vorwahlen Studie hatte er vorhergesagt, dass junge Menschen tendenziell populistische Parteien wie die AfD oder Sahra Wagenknechts Linke Partei wählen. Der Grund für diesen Trend erklärt König im Podcast: "Junge Menschen zeigen eine hohe Flexibilität bei ihrer Parteiwahl und eine gewisse Enttäuschung über die bestehende Situation." Junge Menschen glauben nicht mehr an das Potenzial eines besseren Lebens als ihre Eltern.

Sozialmedien spielten eine entscheidende Rolle, wie König herausstellt, da sie "von rechtsextremen oder populistischen Parteien stark geprägt sind." Sie üben eine größere Wirkung aus, indem sie eine emotionale Tönung bei der Konfrontation mit anderen einsetzen.

AfD entgeht Skandalen unversehrt

Die AfD hat jungen Leuten effektiv zugesprochen, anders als jede andere Partei. Dies beunruhigt viele in Deutschland. Aber auch im Umgang mit den Skandalen um die beiden AfD-Kandidaten Maximilian Krah und Peter Bystron blieb die Partei unbeeindruckt.

Haag betont die Bedeutung der Anerkennung der Rechte junger Menschen, ihre Kandidaten zu wählen: "Es ist nicht ihre Verantwortung, besser zu wählen als andere. Jungen Menschen, wie jede andere Altersgruppe, haben die Freiheit, ihren Kandidaten zu wählen." Zudem navigieren jungen Menschen herausfordernde Umstände, was ihre Entscheidungen beeinflusst.

Zudem äußerte Haag Besorgnis über die Art und Weise, wie die Medien und die öffentliche Debatte durch die AfD beeinflusst wurden: "Leider ist die AfD effizienter in ihre Narrative zu verbreiten, insbesondere auf sozialen Medien."

Junge Wähler wenden sich zu Volt

Beim 2021er Bundestagswahl standen die Grünen noch an der Spitze der jungen Wähler mit 23 Prozent. Die FDP folgte mit 21 Prozent. Aber bei der Europawahl erzielten sie nur noch 11 Prozent der Stimmen von 16-24-Jährigen.

Obwohl das Hauptprogramm der Grünen, der Klimaschutz, für junge Menschen unbedeutend ist: Laut diesem Jahr's Sinus-Jugend-Studie und dem "Zukunft? Jugend fragen!" – 2023-Studium des Bundesumweltamtes, ist Umwelt- und Klimaschutz ein bedeutender Anliegen für fast 80 Prozent der jungen Menschen. Aber die Politik scheitert, diese Themen angemessen anzusprechen, beide Studien suggerieren.

Die Unfähigkeit der Grünen, junge Wähler zu gewinnen, wird von vielen im Bundesjugendrat auf einen Wechsel der Unterstützung zum oppositionellen Volt-Partei zurückgeführt. Haag postuliert im "Wieder was gelernt" Podcast, dass dies kein Ablehnung der umweltrelevanten Anliegen ist, die jungen Menschen fünf Jahre her sind, sondern ein Wechsel von der regierenden Partei (Grüne) zu einer oppositionellen Partei (Volt).

Kleine Parteien gewinnen Stimmen junger Wähler

"Kleine Parteien waren sehr erfolgreich bei der Gewinnung junger Wähler," behauptet Haag. Fast ein Drittel, 28 Prozent, ihrer Stimmen kamen von kleinen und mikro-Parteien, einschließlich Volt. Volt erhielt 7 Prozent der Stimmen von 16-24-Jährigen, was einen bemerkenswerten Anteil ihrer insgesamt 2,6 Prozent Gesamtergebnisse ausmacht. Dieser Anteil wurde in keiner anderen Altersgruppe übertroffen.

Politischer Analytiker Uwe Jun von der Universität Trier hält das überraschende Erfolg der Volt-Partei bei der Europawahl für das wichtigste Ergebnis. "Viele, insbesondere aus der Verkehrslichtkoalition, aber auch aus der CDU und CSU, haben möglicherweise die 'Bundestagswahlkampagne' unterschätzt. Sie könnten die Wünsche junger Menschen hinsichtlich europäischer Angelegenheiten möglicherweise überschätzt haben."

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