- Wer will was in einem Straßenlicht-Budget-Kampf?
Sie sind immer noch nicht auf einer Wellenlänge. Es ist über fünf Wochen her, seit die drei führenden Figuren der Ampelkoalition bekannt gaben: Der Haushalt für das kommende Jahr ist bereit. Doch es war lange klar, dass nicht alles so läuft, wie sie es sich vorgestellt hatten. Es gibt immer noch eine Finanzierungslücke von über fünf Milliarden Euro. Und so verhandeln sie wieder - Bundeskanzler Olaf Scholz, sein Finanzminister Christian Lindner und Vizekanzler Robert Habeck - nicht unbedingt die ganze Nacht im Kanzleramt, sondern mit Videoanrufen vom Urlaub. Telefonische Diplomatie, Ampelstil.
Im Kern geht es um eine überschaubare Summe. Bei einem Gesamtbudget von 480 Milliarden Euro sollten fünf Milliarden keinen großen Unterschied machen. Aber die Wahrheit ist auch: Der größte Teil des Geldes ist durch rechtliche Verpflichtungen gebunden, der Spielraum für die eigene Prioritätensetzung ist nicht so groß. Aber die Debatte innerhalb der Ampelkoalition geht über den Haushalt 2025 und die grundsätzliche Ausrichtung der Finanzpolitik zwischen Sparen und Schulden hinaus. Es geht auch darum, wer Recht hat und wer nachgibt, vor allem kurz vor der nächsten Bundestagswahl.
Insbesondere Scholz und Lindner, die zu Beginn ihrer Regierungszeit überraschend gut miteinander ausgekommen waren, sind sich uneins. Der Haushaltsentwurf soll am Freitag an den Bundestag übergeben werden, doch es gibt bisher keine Anzeichen für eine Annäherung. Stattdessen gibt es Diskrepanzen, weil Lindner die Interpretation von zwei Rechtsgutachten voreingenommen hat - und Scholz ihn in einer beispiellosen Weise öffentlich gerügt hat. Seitdem steht die Frage im Raum: Wer will eigentlich was in diesen Haushaltsverhandlungen?
Der Kanzler: Fan ungewöhnlicher Ideen
Schon als Finanzminister war der SPD-Politiker Scholz dafür bekannt, plötzlich eine ungewöhnliche Idee aus dem Hut zu zaubern, wenn es scheinbar keine Lösung mehr gibt. Querdenken hat bei EU-Hilfen während der Corona-Pandemie gut funktioniert. Aber es ging auch schief: Letztes Jahr hat das Bundesverfassungsgericht die Idee, Milliarden an Corona-Krediten für den Klimaschutz umzuschichten, kassiert. Die Entscheidung hat die Ampel in eine schwere Haushaltskrise gestürzt - obwohl Scholz immer wieder angedeutet hatte, dass er das Urteil nicht versteht.
Jetzt sagt der Kanzler: "Das ist möglich." Er meint Pläne, die Bahn und die Autobahn GmbH finanziell zu unterstützen, ohne dass dies gegen die Schuldenbremse verstößt. Rechtsgutachter halten dies allenfalls unter Vorbehalt für möglich - aber Scholz hat es schwer, von einer einmal eingenommenen Position wieder abzurücken. "Irgendwie wird es schon klappen", könnte man seine Worte auch verstehen.
Der Kanzler wird in den Verhandlungen von seiner Fraktion getrieben. Die Fraktion übt nicht nur Zeitdruck aus, sondern fordert auch immer wieder mantraartig, dass wegen des Ukraine-Kriegs mehr Schulden gemacht werden sollen. Sozialabschnitte sind für die SPD tabu. Es gibt viel Ärger, der primarily auf Lindner gerichtet ist, aber den Kanzler in eine Zwickmühle bringt.
Der Finanzminister: Hüter der Schuldenbremse
Für den FDP-Chef Lindner wäre eine erneute Ausnahme von der Schuldenbremse wahrscheinlich die größte Niederlage. Er begründet seine Ablehnung mit den Zinsen, die über die Jahre anfallen werden. Gleichzeitig ist die Schuldenbremse auch eines der wichtigsten Wahlkampfthemen der FDP, die um ihr politisches Überleben kämpft.
Lindner hat auch klar gemacht: Sein Haushalt muss rechtlich wasserdicht sein. Er ist schon einmal auf die Ideen der SPD-geführten Kanzlei hereingefallen und hat eine Abfuhr vom Bundesverfassungsgericht bekommen. "Das passiert nicht wieder", betonte der FDP-Mann in einem ZDF-Sommerinterview. Wenn es auch nur den geringsten rechtlichen Zweifel gibt, will Lindner die Notbremse ziehen.
Er hat bisher keine realen Lösungen öffentlich präsentiert. Einige in der Ampelkoalition sehen sein Einbeziehen der Koalitionsführer in die Haushaltsgespräche, die ein Finanzminister normalerweise alleine führt, als Zeichen von Schwäche. Andere werfen ihm vor, Verantwortung zu scheuen.
Der Vizekanzler: Kopfschütteln
Der Dritte im Bunde, Vizekanzler Habeck, scheint sich aus dem Streit herauszuhalten. Nach langem Schweigen zeigte er maximale Irritation über das Kommunikationsverhalten der anderen. Habeck scheint sich bewusst zu sein, dass er auf dem Thema Haushalt wenig gewinnen kann. Für seine Grünen ist es principalmente wichtig, dass es keine Significanten Einschnitte bei Klimaprojekten gibt.
Ansonsten scheint es mehr Enttäuschung als alles andere zu geben: Die Grünen wollen viel mehr investieren und sind auch bereit, Schulden zu machen. Sie sehen aber auch, dass das in der aktuellen Koalition nicht funktionieren wird. Das kontrovers diskutierte Thema Schuldenbremse will Habeck wohl für den Wahlkampf aufheben, den er wahrscheinlich als Grünen-Kandidat für den Bundeskanzler führen wird.