Justiz - Was ist in der Terrorismusbekämpfung erlaubt? Überprüfung durch das Verfassungsgericht
Das Bundeskriminalamt (BKA) verfügt über mehrere Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit der Polizei im Bereich der Terrorismusbekämpfung. Das Bundesverfassungsgericht muss nun klären, inwieweit diese Befugnisse die Grundrechte potenziell unschuldiger Bürger verletzen.
Auf der Tagesordnung der Karlsruher Anhörung standen Fragen zur Datenerhebung und -verarbeitung und nicht zuletzt zur Löschpraxis des BKA. Dabei geht es auch um die verdeckte Überwachung der Kontakte eines Verdächtigen. Mit einem Urteil wird in einigen Monaten gerechnet. (Az. 1 BvR 1160/19)
Kläger: Die Tür zur Datenerfassung ist offen
Der gemeinnützige Verein Freie Rechte (GFF) hat gegen die Novelle des BKA-Gesetzes aus dem Jahr 2017 Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die Möglichkeiten der Ermittlungsbehörden waren für sie zu groß. Das bedeutet, dass Personen, die nur mit verdächtigen Personen in Kontakt gekommen sind, Ziel von Überwachungsmaßnahmen werden können. „Davon betroffen sind auch die beiden Beschwerdeführer der Verfassungsbeschwerde, die durch die professionelle Arbeit ihrer Anwälte Kontakt zu dem Tatverdächtigen hatten.“
Die GFF beklagte außerdem, dass sensible personenbezogene Daten aufgrund vager Anhaltspunkte oder reiner Annahmen ohne weitere gezielte Maßnahmen oder Zeitbeschränkungen in großem Umfang gespeichert und verwendet werden könnten. „Dies ermöglicht die Erstellung und dauerhafte Speicherung umfassender Persönlichkeitsprofile von Personen, die noch nie ein Fehlverhalten begangen haben“, heißt es in der Erklärung.
Die Kläger forderten vom BKA die Festlegung konkreter verfassungsrechtlicher Standards für die Datenerhebung und -speicherung. In dieser Hinsicht betreten Verfassungsbeschwerden Neuland. Gegenstand der Klage ist auch die geplante Zusammenlegung polizeilicher Datenbanken. „Wir hoffen, dass das Urteil des Gerichts einerseits eine genauere Definition dieser Anforderungen liefert, vor allem aber, dass sie enger gefasst werden – und wenn sie nicht ausreichend begründet werden“, erklärt Bijan Moini von der GGF.
Der Senat hatte sich zuvor gegen Teile des Gesetzes ausgesprochen
Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Bundesgerichtshof mit dieser Frage befasst. Im Jahr 2016 schuf es neue Hürden für die Sicherheitsbehörden bei der Terrorismusbekämpfung und erklärte die weitreichenden Befugnisse des BKA zur Terrorismusbekämpfung für verfassungswidrig. Der Erste Senat stellte „Überschreitungen in einzelnen Einzelbestimmungen“ fest. (Az.: 1 BvR 966/09, 1 BvR 1140/09)
Um Terroranschläge zu verhindern, darf das BKA seit 2009 Wohnungen abhören und überwachen. Der Staat erlaubt auch den Einsatz von Trojanern, einer speziell entwickelten Software, die Daten von der Computerfestplatte eines Verdächtigen stehlen kann. All dies sei grundsätzlich mit den Grundrechten vereinbar, heißt es in der damaligen Rechtsprechung. Damit wird die Bedeutung der Terrorismusbekämpfung für Demokratie und Grundrechte anerkannt.
Allerdings ist die Beurteilung des Gerichtshofs hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Befugnisse des Gesetzgebers in mehrfacher Hinsicht unzureichend. Hinzu kommt, dass Kernbereiche des Privatlebens teilweise nicht ausreichend geschützt sind. Besonders hohe Anforderungen stellt das Urteil an die Wohnungsüberwachung und Online-Durchsuchungen. Auch für den Datenaustausch mit anderen Behörden im In- und Ausland legte der Senat klare Bedingungen fest.
Daher muss die BKA-Methode verbessert werden. Die neue Version ist ab Mai 2018 gültig. Wie die GFF im Rahmen ihrer Verfassungsbeschwerde erklärte, befürchteten sie „noch nicht ausgearbeitete Lücken in der Verfassung“. Den Angaben zufolge gehörten zu den Klägern neben zwei Verteidigern auch zwei Fußballfans, die in die Datenbank der Polizei gelangten, sowie ein Kommunikationswissenschaftler und Aktivist.
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Quelle: www.stern.de