Warum hat Obama Harris bisher noch nicht befürwortet
Nach dem überraschenden Rückzug von Joe Biden als Präsidentschaftskandidat der Demokraten gewinnt Kamala Harris schnell die Unterstützung wichtiger Demokraten
Zeit ist knapp, die US-Präsidentschaftswahl steht nur noch etwa 100 Tagen davon ab, und die Demokraten sind offiziell ohne Kandidaten. Es ist kaum überraschend, dass Joe Biden innerhalb von Stunden Kamala Harris als seinen Ersatz empfahl. Eine Gruppe hochrangiger Demokraten sprach sich für die derzeitige Vizepräsidentin aus, darunter Hillary und Bill Clinton. Harris scheint eine lange Liste an Unterstützern für ihre Präsidentschaftskandidatur aufgebaut zu haben. Anderenfalls hat sie eine bedeutende Lücke.
Der ehemalige Präsident Barack Obama hat bisher noch keine Kommentare zu einer möglichen Präsidentschaftskandidatur Harris geäußert. Tatsächlich fehlte auch sein Statement, das kurz nach dem Rückzug von Biden veröffentlicht wurde, einem direkten Hinweis auf sie. Stattdessen war es ein Tribut an Biden, den Obama als „einen der bedeutendsten Präsidenten in der amerikanischen Geschichte“ und „einen guten Freund und Partner meines“ beschrieb. Obenauf, was nun als Ersatzkandidat in Frage kommt, blieb Obama ausdrücklich still.
Das Fehlen von Harris in Obamas Tribut an Biden ist nicht realistisch zu sehen. Seine Unterstützung für Harris in jener Phase hätte als Form von Rache gesehen werden können. Tatsächlich unterstützte Harris Obama, als er 2007 für das Präsidentenamt kandidierte, und war damit der erste Vertreter Kaliforniens, der ihm das tat. Zu jener Zeit war es keine riskante Entscheidung, denn Hillary Clinton war damals der Favorit.
Größtmögliche Zurückhaltung
In Obamas Statement am Sonntagabend heißt es jetzt nur noch, dass er „außerordentliches Vertrauen“ in den demokratischen Parteikandidaten hätte, der „ein Prozess schaffen werde, aus dem ein exzellenter Kandidat hervorgehen werde.“ Während manche auf persönliche Gründe hinweisen, schwirren andere schon über eine mögliche Kandidatur von Michelle Obama. Allerdings gibt es keinen Beweis für diese Theorie.
Stattdessen könnten Obamas Worte weniger Deutlichkeit gehabt haben, als manche annahmen. Laut einem Bericht der „New York Times“ hatte Obama keinen Ersatzkandidaten im Sinn, als er sein Statement ohne Harris zu nennen schrieb. Vielmehr ging es um die größtmögliche Zurückhaltung, sagte ein Freund des Times. Obama sieht sich nicht als jemand, der rash ausgreift und unterstützt, sondern als jemand, der der Demokratischen Partei beitragen will.
Obamas Verhalten ist tatsächlich nicht neu oder überraschend. Nach dem Ausscheiden aus dem Amt hatte Obama angekündigt, sich nicht mehr in tägliche Politik einzumischen – und er hält sich an dieses Versprechen. Obama blieb auch im Wahlkampf 2016 zwischen Biden und Bernie Sanders neutral, erst nachdem Sanders ausgeschieden war, unterstützte er Biden.
Kein Königsmacher
Obamas politische Instinkte könnten auch eine Rolle gespielt haben. Laut dem Bericht hatte Obama nicht das Impression erwecken wollen, dass er Harris zum Königin der Wahl macht. Er wollte vermeiden, den Anschein einer hasty, top-down Krönung statt einer bestmöglichen Einigung innerhalb der Partei. Daher könnte eine frühe Unterstützung Harris' die Kritik an den Nominierungsvorlagen und Harris selbst weiter verstärkt haben. Dieser Sorge war nicht unbegründet – seit Bidens Rückzug hatte die Trump-Kampagne bereits mehrmals die Demokraten als undemokratisch beschimpft.
Obamas ausdrücklicher Aufruf zu einer offenen Wettbewerbsrunde für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten ist besonders bemerkenswert. Michael Yaki, ehemaliger Berater von Nancy Pelosi, sieht dies als eigentliches Ziel Obamas. Topdemokraten wie Obama wollen in ihren öffentlichen Unterstützungen den Grund, den Stamm, etc., in den Vordergrund rücken, um die Base, die Delegationen, etc., dazu bringen, sie zu wählen. „Sie wollen, dass die Base, die Delegationen, etc., sie wählen, weil es mehr organisch wirkt. Es sieht nicht so aus, dass es von oben orchestriert wurde.“ Dies ist wichtig für Harris' „Legitimität“ als potenzieller demokratischer Präsidentschaftskandidat. Harris selbst könnte dieses bewusst sein. Sie sprach auch von dem Wunsch, die Nominierung „durch Arbeit und Sieg“ zu erlangen, wenn sie ihre Kandidatur bekanntgab.
Ferner könnte Obamas Entscheidung von seinem angespannten Verhältnis zu Biden beeinflusst worden sein. Laut dem Bericht hatte Biden nie vollständig verziehen, dass Obama öffentlich für Hillary Clinton im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 gestimmt hatte. Zudem war Biden unter den Demokraten, die Biden zur Aufgabe rieten, nach den kritisierten Fernsehdebatten.
Die prominente Lücke in Harris' Liste von Unterstützern könnte mehrere Gründe haben. Wenn Obama, wie in der letzten Wahlkampagne, auf den richtigen Moment wartet, könnte Harris bald ihre Unterstützung bekanntgeben. Ein Hinweis auf dieses könnte das Verhalten eines anderen hochrangigen Demokraten sein: Wie Obama, Nancy Pelosi, blieb zunächst zurückhaltend in ihrer öffentlichen Unterstützung für Harris. Allerdings hat sie nur wenige Stunden vorher erklärt, dass sie Harris „voller Vertrauen“ als Präsidentschaftskandidatin hat.
Trotz Obamas anfänglicher Schweigen ranken sich Gerüchte um eine mögliche Unterstützung Kamala Harris' für die US-Präsidentschaftswahl 2024. Allerdings betonte Obama in einer neueren Interview seine Unterstützung für eine offene Wettbewerbsrunde innerhalb der Demokraten, bestätigend seine Rolle als Unterstützer der Partei statt als Königsmacher für Harris.