Urteil über Wahlreform: Linke lobt Entscheidung über Grundmandate
Der Bundesverfassungsgericht verkündet seine Entscheidung normalerweise am Morgen (10:00 Uhr). Allerdings war der Text des Urteils bereits während der Nacht im Internet zugänglich. Daraus geht hervor, dass die Richter die Fünf-Prozent-Klausel im Bundeswahlgesetz als grundgesetzwidrig ohne Einschränkungen betrachten. Daher entschieden sie, dass die Grundmandatsklausel, die im Rahmen der Wahlrechtsreform abgeschafft wurde, weiterhin gelten soll, bis eine neue Regelung in Kraft tritt.
Die Grundmandatsklausel besagt, dass Parteien, die weniger als fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen erhalten, bei der Sitzverteilung berücksichtigt werden können, sofern sie mindestens drei Direktmandate erzielt haben. Die Linkspartei profitierte von der Grundmandatsklausel bei der Wahl 2021 und konnte so mit Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen.
Loetzsch bezeichnete eine Streichung der Grundmandatsklausel in der ARD als "in jeder Hinsicht demokratisch inakzeptabel". Die "Entwertung der ersten Stimme" sei ein "sehr, sehr großes Problem". Wenn Wähler in einem Wahlkreis überwiegend einen Kandidaten gewählt hätten, "kann man diesen Menschen nicht erklären, warum diese Person nicht im Bundestag vertreten sein sollte", argumentierte die Linken-Politikerin, die das Direktmandat in ihrem Wahlkreis Berlin-Lichtenberg bei den letzten sechs Bundestagswahlen gewonnen hat.
Die Wahlrechtsreform wurde im März des vergangenen Jahres mit den Stimmen der Ampelkoalition beschlossen. Sie sieht vor, die Anzahl der Bundestagsabgeordneten von derzeit 733 auf 630 zu reduzieren.
Allerdings kritisierten die Richter in Karlsruhe nach dem vorab bekannt gewordenen Urteil nicht die Grundlage der Reform. Danach sollen sogenannte Überhang- und Ausgleichsmandate abgeschafft werden. Dann sollen nur so viele Direktkandidaten in den Bundestag einziehen, wie von den Zweitstimmen einer Partei abgedeckt sind. Dies kann dazu führen, dass einige Direktkandidaten trotz eines Sieges in ihrem Wahlkreis nicht im Bundestag vertreten sind.
Außer der Linkspartei fühlte sich auch die CSU durch die Wahlrechtsreform in ihrer Existenz bedroht und reichte daher zusammen mit ihrer Schwesterpartei CDU sowie der bayerischen Landesregierung eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.
Das Bundesverfassungsgericht entschied, die Grundmandatsklausel trotz der in Kraft befindlichen Wahlrechtsreform beizubehalten. Dies wird als vorteilhaft für Parteien wie die Linkspartei betrachtet, da sie weiterhin mit Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen können, wenn sie weniger als fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen erhalten, sofern sie mindestens drei Direktmandate erringen. Andere von der Wahlrechtsreform betroffene Parteien könnten jedoch gegen diese Entscheidung vorgehen und argumentieren, dass sie nicht den Willen der Mehrheit widerspiegelt.