Teilwiederholung der Berliner Bundestagswahl am 11. Februar
Bei der Bundestagswahl im September 2021 kam es in einigen Wahllokalen der Hauptstadt zu langen Warteschlangen, etwa weil Stimmzettel verloren gingen oder es zu wenige Wahllokale gab. Einige Wahllokale blieben bis nach 18 Uhr geöffnet, dann wurden erste Prognosen zum Ausgang veröffentlicht.
Daraufhin legten mehr als 1.700 Menschen, darunter auch der damalige Bundeswahlleiter selbst, Einspruch gegen die Wahl ein und der Bundestag beschloss im November 2022, dass aufgrund von Wahlfehlern Neuwahlen in den 431 Wahlkreisen Berlins stattfinden sollten. Den Unionisten reichte das nicht. Sie wandte sich an das Bundesverfassungsgericht, um eine Zweitstimme über die Parteilisten in der Hälfte der Berliner Wahlkreise zu erreichen.
Das Bundesverfassungsgericht hat eine derart erhebliche Ausweitung und deren Wiederholung in ganz Berlin jedoch nun abgelehnt. Die Entscheidung des Bundestags sei daher im Wesentlichen rechtskräftig, sagte Gerichtsvizepräsidentin Doris König. Allerdings lieferte das Parlament „unzureichende Aufklärung über die Wahlereignisse“. Das hat das Verfassungsgericht nachgeholt.
Nach einer Überprüfung erklärte es die Wahlen in einigen weiteren Wahlkreisen für ungültig und hob die Wahlen in einer Reihe anderer Wahlkreise für ungültig auf. Insgesamt muss dem Beschluss zufolge in 455 der 2.256 Berliner Wahlkreise erneut Bundestagswahl stattfinden.
Die Richter erklärten, dass zu langes Warten an sich kein Wahlfehler sei. Sie zeigten aber, dass es zu wenige Wahllokale bzw. Stimmzettel gab und damit gegen die Wahlregeln verstoßen. Die Wartezeit beträgt eine Stunde. Danach sei „es nicht mehr durch die besonderen Spitzenwerte während der sogenannten Hauptverkehrszeiten zu erklären.“
Kurz nach 18 Uhr kam es zu einer ähnlichen Abstimmung. Wenn Wahlberechtigte pünktlich am Wahllokal erscheinen, handelt es sich nicht per se um einen Wahlfehler. Die Tatsache, dass das Wahllokal erst nach 18:30 Uhr öffnete, deutet jedoch darauf hin, dass das Wahllokal nicht ausreichend ausgestattet war.
Am Dienstag erklärte das Gericht außerdem eine Wahlprüfungsbeschwerde der AfD-Fraktion für unzulässig. Dazu bedarf es einer exakten Wiederholung der Berliner Bundestagswahl. Das Gericht meinte jedoch, sie habe hierfür keine ausreichenden Gründe angegeben.
Der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler kündigte in Karlsruhe an, dass es am 11. Februar zu teilweisen Wiederholungswahlen kommen solle. Bereits begonnene Planungen können nun umgesetzt werden. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegener (CDU) sagte, er habe „vollstes Vertrauen“ in Brochler.
Die Politiker sind sich einig, dass es auch nach der teilweisen Verdoppelung möglicherweise keine wesentlichen Änderungen in der Zusammensetzung des Bundestages geben wird. Johannes Fechner, der sozialdemokratische Landtagsabgeordnete in Karlsruhe, sagte, dies dürfte „für die meisten Menschen keine Auswirkungen haben“.
Die Linke, die nur dank zweier Direktmandate aus Berlin in den Bundestag einzog, wirkte erleichtert. „In den beiden Wahlkreisen besteht keine Gefahr, dass wir klar gewonnen haben“, sagte die stellvertretende Parteivorsitzende Katina Schubert nach der Urteilsverkündung. In zwei Wahlkreisen wird es Neuwahlen geben, allerdings nur in einer Handvoll Wahlkreisen.
Dietmar Bartsch, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag, sagte der Rheinischen Post: „Wir werden bis zum Ende der Legislaturperiode weiterhin Linke im Bundestag bleiben und unsere Aufgaben als sozialistische Partei erfüllen.“ "
Wolfgang Kubicki, Bundesvizepräsident der FDP, sagte der Zeitung: „Dieses Urteil stärkt die Demokratie und macht noch einmal deutlich, dass Wahlfehler kein Kavaliersdelikt sind, aber wenn es Zweifel gibt, muss es Konsequenzen geben.“
Nina Stahr und Philmon Ghirmai, Berliner Landesvorsitzende der Grünen, erklärten: „Der Prozess der Konsensfindung muss weitergehen, strukturelle Verbesserungen bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen müssen fortgesetzt werden.“
Für die AfD begrüßte Landesvorsitzende Kristin Brinker das Urteil. „In einer funktionierenden Demokratie darf es keinen Zweifel über den Prozess geben, durch den die Wahlergebnisse zustande gekommen sind“, sagte sie.
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Quelle: www.stern.de