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SPD übt Druck auf Scholz wegen Haushaltsstreitigkeiten aus

Hat er vor dem Einfluss der Freien Demokratischen Partei kapituliert?

Parteikollegen Klingbeil, Esken, Scholz: Die SPD würde die Schuldenbremse gerne aussetzen, nur...
Parteikollegen Klingbeil, Esken, Scholz: Die SPD würde die Schuldenbremse gerne aussetzen, nur Scholz möchte Kanzler bleiben - und dafür braucht er die FDP, die strikt dagegen ist.

SPD übt Druck auf Scholz wegen Haushaltsstreitigkeiten aus

Die Uhr klingelt: SPD, Grüne und FDP streben nach Abschluss des Haushaltsvertrags bis zum 3. Juli. Chancellor Scholz, Vice-Chancellor Habeck und Finanzminister Lindner befinden sich in Verhandlungen. Der Druck wächst auf sie, wobei die SPD Scholz Druck ausübt, während die FDP Druck auf die gesamte Verkehrslichtkoalition ausübt. Ist dieser Vertrag noch rettbar?

Ein Leistungsträger wie Niklas Füllkrug könnte der Verkehrslichtkoalition in dieser Situation ihren Ritter in Rüstung sein. Jemand, der am letzten Augenblick auftritt und den Siegtreffer erzielt. Aber anders als die Euro-Meisterschaft kämpft die Verkehrslichtkoalition nicht um die Gruppensiege; sie kämpft um finanzielle Stabilität. Das erforderliche Ziel ist eine Einigung über den Haushalt für das kommende Jahr. Leider liegt der Lückenübergang in den Verhandlungen weitaus weiter als der Positionaldifferenz zwischen den Zähnen von Niklas Füllkrug. Die Gesprächspartner diskutieren üblicherweise um die 25 Milliarden Euro plus zusätzliche Beträge.

Die Drei von Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner haben sich seit den Europawahlen zwei Wochen lang über den Haushalt 2025 auseinandergesetzt. Ihr Ziel ist, bis zum 3. Juli eine Einigung zu erzielen. Danach gibt es eine Kabinettsitzung, in der der Haushalt vorgestellt wird. Ausgedehnte Verhandlungen sind möglich, aber sie versprechen nicht viel. Eine Lösung bleibt ausgesucht. Lindner erzählte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vor zwei Wochen: "Wir haben noch nicht die Landungsbahn erreicht."

Die Verhandlungen bleiben eng unter Verschluss gehalten, es strömt kaum Informationen heraus. Die Parteigänger halten den Fortgang der Verhandlungen genau im Blick. Die Spannung ist hoch. Letzte Woche startete die SPD-Linke eine Mitgliederinitiative gegen ein Budget auf FDP-Grundsätzen. Das Hauptthema ist der Schuldenbremse. Soll sie aufgehoben werden, oder nicht? Die FDP ist entschlossen dagegen, die SPD fordert eine allmähliche Annäherung dazu.

SPD fordert Aufhebung der Schuldenbremse, Scholz ablehnt

SPD-Vorsitzende Saskia Esken riet am Montag gegen Hastigkeiten, insbesondere eine weitere Aufhebung der Schuldenbremse, an. Sie sieht in der Ukraine-Krise eine Begründung dafür. Die drei großen Parteifraktionen — der konservative Seeheimer Kreis, die Parlamentarische Linken und das Berliner Netzwerk — sprachen in Einklang für die Aufhebung der Bremse. "Given the extraordinary emergency situations in Ukraine and German flood areas, we should also use the exceptional regulation of the debt brake this year," forderten Dorothee Martin (Network Berlin), Matthias Miersch (PL) und Dirk Wiese (Seeheimer Kreis). Die SPD bleibt ausdrücklich schweigend.

Jede Aussage ist Gegenstand intensiver innerparteilicher Überwachung für versteckte Bedeutungen. Zum Beispiel Scholz' Sommerinterview in ARD. "Wir werden den Sozialstaat schützen und weiterentwickeln," versprach der Bundeskanzler. Dieser Aussage fiel in der SPD wohl, da sie eine Erhöhung von Geldern für soziale Angelegenheiten, nicht Kürzungen — gewiß nicht einen Ausgabenrausch, wie das FDP fordert. Auch wenn sie es "Priorisierung" nennen.

Scholz übernahm zudem ein typisches Phrasenpaar von Lindner. Er forderte die Erhöhung der "Treffsicherheit" des Bürgergeld. Das bedeutet, dass niemand gezwungen sein soll, arbeiten zu müssen, um seine Arbeitslosigkeit überwinden. Das Wort "Treffsicherheit" trägt für die SPD eine doppelte Bedeutung: Kürzungen. Und Scholz unterstützt es? Das könnte in der SPD Augenbrowns aufwerfen. Aber Scholz weiß genau: ohne die Liberalen hat die Rote-Grüne Koalition kein regierendes Mehrheit.

Danach folgte auch der Kommentar zur Schuldenbremse. Scholz sagte: "Jetzt geht es darum, unser Haushaltsbudget ordnungsgemäß zu ordnen, jede einzelne Haushaltsausgabezeile genau durchzugehen und nicht die leichte Lösung zu suchen. Die 'leichte Lösung' wäre die Aufhebung der Schuldenbremse." solches Formulierungen mag der SPD nicht zusagen, da es auf den FDP-Standpunkt hin klingt. Zufälligerweise forderte die FDP diesen vermeintlich einfachen Weg aus dem nächsten Tag an. Das war kein Zufall, Scholz lässt es nicht aus. "Was wir dann getan haben, wenn wir alle das getan haben und sehen, dass noch ein Problem aufzulösen ist, müssen wir uns zusammen unterbreiten."

FDP hebt den Ton

Die FDP lehnt jede Berührung der Schuldenbremse ab. Sie können es deutlicher nicht ausdrücken: Keine Berührung der Schuldenbremse, unter keinen Umständen. Am Montag äußerte sich FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dahingehend: "Die SPDs fiskalische Populismus ist auch gefährlich für die Zukunft und Entwicklung unseres Landes." Der Vorsitzende der FDP-Jugend, Jens Teutrine, war klar mit der "Bild"-Zeitung: "Ohne die Schuldenbremse, ohne uns."

Der laufende Konflikt in der Ukraine, wie es die FDP sieht, rechtfertigt nach Ansicht der Partei keine Unterbrechung der Hilfe. Sie sehen es als langfristiges Problem an, das nicht durch plötzliches Leihen gelöst werden kann. Die Liberalen fordern dagegen, dass der Krieg aus dem Etat gefinanziert wird. Zudem wollen sie sich nicht für einen weiteren verfassungswidrigen Etat entscheiden, angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Herbst letzten Jahres.

Wenn keine Einigkeit erzielt wird, ist es für die Verkehrslichtkoalition vorbei. Eine Regierung, die über Ausgaben und Prioritäten nicht entscheiden kann, ist mehr nicht funktionierend. Aber wie können 25 Milliarden Euro gespart werden, ohne soziale Dienste zu kürzen? Lindner schlägt vor, die Solidaritätsbeiträge für alle abzuschaffen und das Fortschrittssteuersystem aufzugeben, was zu weniger Steuereinnahmen führen würde.

Verteidigungsminister Boris Pistorius, neben Außenministerin Annalena Baerbock, Innenministerin Nancy Faeser und Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze, haben alle zusätzliche Gelder angefordert. Anpassungen am Etat könnten hier und da einen Milliarde einsparen oder Ausgaben auf das nächste Jahr verschieben. Aber die Entrichtung von 25 Milliarden Euro scheint herausfordernd, zu sagen im Ausgangspunkt.

Zu einer Seite hat die FDP am Montag auch die Reduzierung der Bürokratie thematisiert. Ihr Parteivorstand präsentierte eine Studie, die fordert, mehr Bürokratiereduzierung in verschiedenen Bereichen. Für die Liberalen ist die Bürokratiereduzierung fast so wichtig wie der Schuldenbremse. Sie sind offen für jede Lösung, die Bürokratiereduzierung enthält, aber sie sind nicht bereit, den Schuldenbremse aufzugeben.

Letztlich muss eine von allen Parteien akzeptable Lösung gefunden werden. Es bleiben noch neun Tage, bis zur Kabinettsitzung am 3. Juli. Es ist wie der 76. Minute im Deutschland vs. Schweiz-Spiel, aber noch kein klarer Sieger in Sicht, und der Abstand wird nur weiter wachsen.

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