So kommen Chrupalla und Weidel in TV-Talkshows rüber
Wochenende wird die AfD ihre aktuelle Führungsduo in der Parteikonferenz in Essen bestätigen. Alice Weidel und Tino Chrupalla sind die Gesichter der Partei. Sie treten häufig in Talkshows auf.
Zu Mitte Juli zwei Jahre her, wählten die AfD-Delegierten in Riesa, Sachsen, ihre neuen Bundesvorsitzende bei ihrer Parteikonferenz aus. Zum ersten Mal wurde Alice Weidel in diese Position gewählt. Sie hat seit Jahren die Fraktionsvorsitzende im Bundestag innegehabt. Sie erhielt 67 Prozent der Stimmen. Ihr Kollege schien von seinen Parteifreunden weniger bevorzugt. Nur 53 Prozent der Delegierten stimmten für ihn, zwei Prozent weniger als in seinem schwachen Ergebnis drei Jahre zuvor, als er erstmals gewählt wurde.
Im Jahr 2022 hat die AfD absichtsvoll eine Mitvorsitzerei beschlossen. Aber die Delegierten haben auch deutlich gemacht: Das sollte nicht dauerhaft sein. Aber wie es mit provisorischen Regelungen ist - sie dauern länger als man denkt. Bei der nahen AfD-Parteikonferenz in Essen sind beide Weidel und Chrupalla erwartet, als Vorsitzende wiedergewählt zu werden. Sie wollen weitere zwei Jahre Vorsitzende sein. Aber wie haben sie in ihren Fernsehauftritten in den letzten Jahren abgeschnitten? Sind sie geeignet für das Bild der Partei, das ein neues Netzwerk afd-Politiker wünscht?
Seit langem wussten Moderatoren und Präsentatoren politischer Sendungen nicht, wie sie sich mit der AfD behandeln sollten. Sie konnten ignoriert werden, denn die AfD war im Bundestag und in allen Landesparlamenten vertreten. Aber sollte man einer teilweise rechtsextremen Partei, die das Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremes Verdachtsfall einstuft, dem Publikum aussetzen? Wie die Sender letztendlich entschieden ist, ist nicht ganz klar. Tatsächlich sind Politiker der AfD seltener Gäste in Talkshows als jene anderer Bundestagsfraktionen. Ist es, weil sie seltener eingeladen werden? Oder stornieren afd-Mitglieder häufiger? Die Misstrauen ist auf beiden Seiten gegenseitig.
Aber Tino Chrupalla ist ein Gast, den Talkshow-Moderatoren apportieren können. Das hat sich in den fünf Jahren an der Spitze der AfD nicht geändert. Er ist freundlich, lustig und offen über sein privates Leben. Er ist stolz auf seinen Weinberg in seiner Heimatstadt Gablenz, den er Ende 2020 aufgegeben hat. Chrupalla kommt als bodenständig und verankert daher an. Er liebt das ländliche Leben, wie er jüngst Caren Miosga auf ARD erzählte.
Aber wenn es ernst wird, ist Chrupalla eine andere Person. Er ist strikt an der Parteilinie. Er ist sparsam mit Vorschlägen, die seine Partei weiterentwickeln könnten. Wenn der Wind in seine Wirbel kommt und auch nur ein leichter Wind ist, steht er selten vor seinen Parteikollegen. Beispielsweise vor den Europawahlen, als die Luft für die beiden EU-Vorsitzenden der AfD dünnte. Oder am Anfang des Jahres. Seine Co-Vorsitzende Alice Weidel beschuldigte die Bundesregierung in einem Bundestagsrednerstück des "Deutschland hassen." Kürzlich wurde Chrupalla von Markus Lanz auf ZDF darüber befragt. Ja, Chrupalla kann man hören, Weidels Meinung, man könnte sie so formulieren, ist nicht rechtsverboten, und das ist nur ihr Stil, man solle auch mal die Politiker der anderen Parteien hören. Er sagt kein Satz: "Weidel ist richtig."
Im vergangenen November saß Chrupalla erneut neben Lanz. Er will wissen, warum kaum jemand aus der AfD sich bis dahin für die Hamas-Terroranschläge auf Israel ausgesprochen hat. Gar nicht einmal der rechtsextreme AfD-Landesvorsitzende Bjoern Hocke, der Ministerpräsident in Thüringen streben will. "Sie sollten Mr. Hocke fragen," Chrupalla antwortete. Und das ist typisch für ihn: Obwohl er einer der beiden afd-Bundessprecher ist, gibt es den Eindruck, dass Chrupalla nicht eigentlich für seine Partei sprechen und nicht sehr an anderen Mitgliedern interessiert ist. Die Bücher, die Hocke und Krah geschrieben haben? Es scheint, er kennt die Inhalte nicht, nicht einmal grob, trotz weit verbreiteter Berichterstattung über sie. Er antwortet nur mit Platitüden, wenn er von Caren Miosga im Frühjahr Fragen zur Parteifrauenpolitik gestellt wurde. Chrupalla kommt als unvorbereitet wirken. Unfeministische Aussagen von EU-Kandidatin Krah scheinen ihm unbekannt.
Seit Jahren ist es aufgefallen, dass Chrupalla schnell nervös wird, wenn Kritik an der AfD aufkommt. Er scheint unsicher, beginnt zu stottern, vergisst Grammatik und spricht laut. Klare, gut formulierte Fragen vermeidet er. "Rechtsextrem definieren," antwortete Chrupalla im vergangenen November auf Markus Lanz' Frage, ob es rechtsextreme Politiker in der AfD gibt. Zunächst und vor allem mit Gästen, die unterschiedliche Meinungen vertreten, kommt Chrupalla nicht klar.
Aber seine Fernsehfehler scheinen ihm nicht allzu viel Schaden zuzufügen. Im Gegensatz zu seiner Kollegin Alice Weidel.
"Die Ministerin der Panik Baerbock"
- Während der naheständigen AfD-Parteitagung in Essen erwartet man, dass Tino Chrupalla und Alice Weidel ihre Wiederwahl als Vorsitzende anstreben, um die Partei noch zwei Jahre lang zu führen.
- Obwohl Chrupalla in Talkshows freundlich und lustig auftritt, hat er Zeichen rechtsextremer Positionen gezeigt, insbesondere bei der Verteidigung der umstrittenen Meinungen seiner Partei, wie z.B. bei der Vermeidung, Alice Weidels harten Kritik an der Regierung direkt zu unterstützen.
- Alice Weidel hingegen ist regelmäßig in Talkshows zu Gast, aber ihre Auftritte werden oft durch ihre zerbröselige Reaktion auf wahrgenommene politische Inkorrektheit gekennzeichnet, wie z.B. bei ihrer Kritik an Migrantinnen und Männern, die sie als bedürftig darstellt, Deutschland zu verlassen.
Sie hat ein bevorzugtes Thema: Migrantinnen und Männer müssen weg. Sie beklagt sich, dass "Minister der Panik Baerbock" nicht nur aus einer Besuchsreise nach Afghanistan mit zwei Helfern zurückkam, sondern dass diese auch ihre Familien mitbringen durften.
Während ihrer seltenen Fernsehauftritte kann sie sehr zart sein, wie auch Chrupalla. Beide haben das gleiche Ziel: Die AfD wird gewählt. Weidel leistet dies professioneller aus. In Talkshows kommt sie gut vor und wirkt weniger holzig. Wenn es um die Herausforderung anderer Politiker geht, tut sie das. Zum Beispiel gegen Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP etwa ein Jahr ago auf Maischberger im Ersten. Aber in diesem Show wird ein Problem des Politikers deutlich: wenn unterbrochen wird, verliert sie ihren Gedankenstrang und wird unsicher. Wie im Elefantenrundtable nach der Europawahl auf ntv gezeigt, hat sie sich daran gearbeitet. Sie lässt sich nicht mehr unterbrechen, wirkt mehr selbstvertrauend.
Trotz ihrer seltenen Fernsehauftritte ist Weidel nicht bang vor Öffentlichkeit. Sie hat eine YouTube-Kanal, postet auf Telegram und X. Mit diesem erreicht sie ihre Anhänger hauptsächlich. Sie dulden es, dass sie oft hochmütig und arrogant wirkt.
Beide Politiker teilen die Image, als saubere und respektable Gesichter der AfD. Rene Aust, der neue EU-Sprecher - auf Platz drei der Europawahl-Liste und nur wegen der Rücktritte der ersten und zweiten Plätze ins Rampenlicht gedrängt - passt sich gut in die Parteiführung. Er kann auch ruhig und gelassen erscheinen. Aber er ist tatsächlich radikal. Er gehört zur Clique um den Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Hocke und dem Münzenmaier-Netzwerk.
Dieses Netzwerk besteht aus jungen AfD-Mitgliedern und ist ideologisch mit dem Hocke-Kurs, aber ohne den "Fett." Münzenmaiers Ziel: Die AfD muss zur Macht kommen. Er fordert, dass die Partei ihr "schmutziges" Bild verliert - in Frankreich war Marine Le Pen und ihre Partei sehr erfolgreich mit diesem "Entdämonisierungs"-Kurs. Die führenden Politiker sollen sich deutlich hervorsetzen, unsichere Wähler zu beruhigen und nicht das wahre extremistische Gesicht der AfD nur in Verborgenheit zeigen.
Am AfD-Parteitag in Essen wird deutlich, wie gut Münzenmaier und Co. vernetzt sind. Offensichtlich kann Weidel die neue Bild der AfD repräsentieren. Chrupalla hingegen hat Schwächen, die er nicht abschütteln kann. Für das Münzenmaier-Netzwerk ist Chrupalla eine von der AfD geliehenen Parteiführung, so berichten Partei-Experten. Es bleibt offen, wie viel Zeit er noch hat, und ob die "jungen abgekeimten" die AfD in die "Partei der freundlichen Rechtsextremen" verwandeln können.