"Schreiende Mumie" verrät einige Geheimnisse
Bislang ging man davon aus, dass das weit aufgerissene Maul der sogenannten "schreienden Frau" auf einen schlampigen Mumifizierungsprozess zurückzuführen ist. Neuere Untersuchungen deuten jedoch auf eine andere Schlussfolgerung hin.
Die Frau, die als "schreiende Mumie" bekannt ist, könnte vor etwa 3500 Jahren unter Qualen gestorben sein. Dies ergab eine ausführliche Untersuchung durch Mumienexpertin Sahar Saleem von der Kairoer Universität unter Einsatz modernster wissenschaftlicher Technologie.
Die Mumie, die als CIT8 bezeichnet wird, fiel zuvor durch ihren einzigartigen Gesichtsausdruck und das weit geöffnete Maul auf. Da die Einbalsamierer im alten Ägypten normalerweise den Unterkiefer und den Schädel einbanden, um den Mund des Verstorbenen geschlossen zu halten, stellte sich die Frage, warum dies hier nicht erfolgte. Laut Saleem wurde ein offenes Maul bisher nur bei zwei anderen ägyptischen Mumien gefunden, beide untersucht von ihr.
Im ersten Fall handelt es sich mutmaßlich um die Überreste des Prinzen Pentawere, der an der Ermordung seines Vaters Ramses III. (1185-1153 v. Chr.) beteiligt war. Sein Körper war kaum mumifiziert, was darauf hindeutet, dass der Mumifizierungsprozess nicht sorgfältig durchgeführt wurde.
Im zweiten Fall handelt es sich mutmaßlich um die Prinzessin Meritamun, die an einem Herzinfarkt starb. Das offene Maul wird hier auf postmortale Kontraktion oder Bewegung des Unterkiefers zurückgeführt.
Saleem wollte mehr über die "schreiende Mumie" erfahren und untersuchte CIT8 mithilfe verschiedener Techniken wie Computertomographie und Infrarottechnologie. Man könnte sagen, dass CIT8 "virtuell zergliedert" wurde. Die Expertin stellte fest, dass die 1,54 Meter große Frau im Alter von 48 Jahren starb. Sie litt an leichter Wirbelsäulenarthrose und hatte mehrere Zähne verloren, die sie vor ihrem Tod wahrscheinlich verloren hatte. Einige der verbliebenen Zähne waren gebrochen oder wiesen Abnutzungsspuren auf.
Weihrauch und Wacholder
Die Expertin beobachtete auch, dass der Körper der Frau mit kostbaren Substanzen wie Weihrauch und Wacholderharz mumifiziert wurde, die zu dieser Zeit aus dem östlichen Mittelmeerraum und Ostafrika oder Südarabien importiert wurden.
Außerdem war das natürliche Haar der Frau mit Henna und Wacholder gefärbt. Ihre lange Perücke bestand aus Dattelpalmenfasern und wurde mit Quarz-, Magnetit- und Albitkristallen behandelt, wahrscheinlich um die Locken zu stärken und ihnen die von den alten Ägyptern als Symbol der Jugend bevorzugte schwarze Farbe zu verleihen.
Beachtenswert ist, dass das Gehirn, das Zwerchfell, das Herz, die Lungen, die Leber, die Milz, die Nieren und die Eingeweide vor der Mumifizierung nicht entfernt wurden. Dies ist ungewöhnlich, da bei der klassischen Mumifizierungsmethode dieser Zeit alle Organe außer dem Herzen entfernt wurden.
Trotz einer gründlichen Untersuchung des mumifizierten Körpers fand der Forscher keine offensichtliche Todesursache. Basierend auf den bisherigen Ergebnissen schloss Saleem jedoch, dass die Frau ihren Mund nicht aufgrund nachlässiger Mumifizierung weit aufgerissen hatte. Sie glaubt, dass es einen anderen Grund gibt. "Der schreiende Gesichtsausdruck der Mumie in dieser Studie könnte auf Rigor mortis zurückzuführen sein, was darauf hindeutet, dass die Frau unter Qualen oder Schmerzen starb", spekuliert Saleem. Ein solcher Rigor mortis ist eine seltene Form von Muskelsteifheit, die typischerweise mit gewaltsamem Tod unter extremen physischen Bedingungen und intensiven Emotionen verbunden ist.
Die Mumie der Frau wurde 1935 von Archäologen des Metropolitan Museums in New York während einer archäologischen Expedition in der Nähe von Luxor entdeckt. Zunächst wurde das Grab des alten ägyptischen Architekten Senenmut in Deir Elbahari gefunden. Unter seiner Grabkammer wurden weitere Körper entdeckt, darunter die Frau mit der schwarzen Perücke, dem weit offenen Mund und den goldenen und silbernen Skarabäus-Ringen. Man glaubt, dass die Frau mit Senenmut verwandt war.
Obwohl die Untersuchungen keine definitive Antwort auf die Todesursache der Frau und den Grund für ihren furchterregenden Gesichtsausdruck lieferten, sind die Ergebnisse der aktuellen Studie für andere Forscher hilfreich. Die von den Autoren bevorzugte Erklärung für das offene Maul der Mumie wird als "plausibel" angesehen, wie der Kardiologe Randall Thompson, der ebenfalls alte Mumien mithilfe von Computertomographie untersucht hat, gegenüber CNN sagte.
Die Ergebnisse der Studie wurden im akademischen Journal "Frontiers in Medicine" veröffentlicht.
Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die "schreiende Mumie" nicht aufgrund nachlässiger Mumifizierung gestorben sein könnte, wie bisher angenommen. Stattdessen könnte das offene Maul auf Rigor mortis zurückzuführen sein, was auf einen schmerzhaften oder beunruhigenden Tod hindeutet. Darüber hinaus betont die Studie die Notwendigkeit von verbesserten Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen während des Mumifizierungsprozesses, um solche beunruhigenden postmortalen Veränderungen zu verhindern und die Integrität der Verstorbenen zu wahren.