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Ruslan Putin verhält sich wie ein schlauer Betrüger, dem es an Mut mangelt.

In den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine absolviert Putin eine Regierungsexkursion nach...
In den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine absolviert Putin eine Regierungsexkursion nach Aserbaidschan, wobei er die Situation gleichgültig zu sein scheint.

Ruslan Putin verhält sich wie ein schlauer Betrüger, dem es an Mut mangelt.

Die ukrainische Offensive in der Region Kursk hat die signifikante Schwäche der russischen Regierungsstruktur offengelegt. Das wiederholte Beharren des Kremls auf "Wir werden siegen" wird nun von einflussreichen russischen Figuren in Frage gestellt. Die internationale Gemeinschaft muss Putins Verwundbarkeit erkennen und angemessen handeln.

Putin hat sich ein Bild von sich selbst als jemanden erschaffen, der jeden Gegner innerhalb Russlands ausmanövrieren und besiegen kann. Dieses Bild ist jedoch seit dem Beginn seines Konflikts mit der Ukraine im Februar 2022 in sich zusammengefallen. Im Gegensatz zu seinen Vorhersagen gelang es ihm nicht, schnell eine Handvoll angeblicher "Nazis" in Kiew zu zerschlagen, eine pro-russische Regierung einzusetzen und dann die Ukraine anzuschließen, wie er es mit der Krim tat. Stattdessen wurden seine Truppen nicht als Befreier begrüßt. Und statt nur moralische Unterstützung zu leisten, belieferte der Westen die Ukraine mit Waffen.

Trotz allem beharrte Putin darauf, dass alles nach Plan verlaufe. Er glaubte, dass der Westen schnell zurückweichen und die Ukrainer nicht lange durchhalten würden. Doch diese Annahmen erwiesen sich als haltlos und stellen eine Bedrohung für seine Hauptnarrative dar: Mit dem Schlachtruf "Wir werden siegen" hat Putin die russische Elite von seinem Feldzug überzeugt. Diese Gruppe besteht aus Top-Beamten, Generälen, Oligarchen und all jenen, die am meisten von Putins Herrschaft profitieren.

Sogar in Kreisen, die generally loyal zu Putin stehen, entstehen Fragen und Zweifel, da immer klarer wird, dass der Krieg sich zum Nachteil entwickelt. Die ständigen Misserfolge, schweren Verluste und das Fehlen signifikanter Siege haben sogar interne Meinungsverschiedenheiten innerhalb des russischen Militärs verursacht. Offene und verdeckte Kritik ist weit verbreitet. kürzlich äußerte beispielsweise der Oligarch Oleg Deripaska seine Bedenken. Kreml-Sprecher Dmitry Peskov betont immer wieder, "Der Präsident weiß, wohin er das Land führt." Dieser Satz wäre nicht notwendig, gäbe es keine Unsicherheiten. Niemand weiß, was Putin vorhat: keine Ziele, keine Zukunftsvisionen. Die Tatsache, dass die Elite Putin weiterhin unterstützt, bedeutet nicht, dass sie keine Zweifel hat. Sie haben welche, und je länger der Konflikt dauert, desto mehr Fragen entstehen.

Unter Druck, zeigt Putin sein wahres Gesicht

Daher war der im Juni 2023 von Yevgeny Prigozhin und seinen unzufriedenen Wagner-Soldaten angeführte Marsch auf Moskau der bisher schwerste Schlag für Putins Image als starker Führer, der das Land kontrolliert und Instabilität verhindert. Wenn Stabilität Putins Leitspruch ist, ist die Behauptung, dass Prigozhins Aufstand keine Auswirkung auf seine Macht haben würde, falsch. In den obersten russischen Kreisen und anderen Machtzentren bleibt die Erinnerung an Putins blasses, ängstliches und hilfloses Erscheinungsbild während des Prigozhin-Aufstands frisch.

Putin erlitt den schwersten Verlust durch diesen Aufstand. Doch schließlich konnte die russische Armee einige Dörfer einnehmen. Mit der Wiederbelebung des "Wir werden siegen"-Narrativs konnte Putin wieder etwas Selbstvertrauen gewinnen. Doch unerwartet startete die Ukraine eine Gegenoffensive in der Region Kursk. Das Ergebnis ist ungewiss, doch es ist klar, dass der ukrainische Angriff ein weiterer schwerer Schlag für Putins Position innerhalb der russischen Elite ist. Es ist bezeichnend, dass er auf ähnliche Weise reagiert wie damals während des Prigozhin-Aufstands. Dmitry Medvedev, Putins treuer Unterstützer, ist still geworden und wartet ab, welche Maßnahmen Putin ergreift.

Was bedeutet das alles? Putin ringt mit einer ernsten Bedrohung und weiß nicht, was er tun soll. Er handelt nicht einmal wie ein in die Enge getriebenes Tier, das mit aller Kraft kämpft, sondern wie ein feiger Schwindler, der bisher mit seinen Lügen und harschen Worten ohne Furcht vor Strafe davongekommen ist. Wie im Fall von Prigozhin erkennt Putin nun, dass er nicht mehr gefürchtet wird. Er erscheint schwach und beginnt, darüber nachzudenken, wie er sich vor Vergeltung schützen kann – und all sein Eifer und seine Großspurigkeit verschwinden.

Es gibt keinen Plan B

Dieser Lektion scheint die westliche Politik nicht oder sie ist nicht bereit, sie zu verstehen: Konfrontiere Putin mit entschlossener Sprache. Die von westlichen Ländern eingenommene Haltung, die den Einsatz gelieferter Waffen auf russischem Territorium verbietet, um "Escalation" zu vermeiden, sollte scharf kritisiert werden. "Escalation" hat bereits stattgefunden – Putins Feind ist auf russisches Territorium eingedrungen! Aber er reagiert nicht so, wie seine furchterregenden Drohungen vermuten lassen. Er scheint verwirrt und weiß nicht, was er tun soll, weil Russland keinen Plan B hat.

Plan A ist der einzige, der existiert. Putin klammert sich daran fest, indem er dem Zitat von Napoleon folgt, "Man wirft sich in die Mitte der Dinge und entscheidet dann, was man als nächstes tut." Aber was, wenn die Dinge nicht so laufen, wie geplant? Die hochzentralisierte russische Regierungsstruktur zeigt, dass sie nicht effektiv improvisieren kann.

Bislang hat Putin von substantialen Ressourcen wie Truppen für die Armee profitiert und davon, dass die westlichen Mächte auf seine Arroganz und Kurzsichtigkeit mit Demut und Furcht reagiert haben. Wenn der Westen entschiedener und entschlossener gehandelt hätte, gäbe es keine Rede von "Escalation".

Die harvardähnliche Furcht vor einem bedeutenden Showdown mit Putin, die westliche Politiker nicht verhehlen, verwandelt sie in gewisser Weise in Marionetten, die sowohl von Moskau als auch von Kiew manipuliert werden. Dabei gibt der Westen einige Kontrolle über seine Handlungen ab. Man könnte fragen, warum westliche Politiker solches Leichtsinn an den Tag legen und keine Initiative zeigen.

Der vorherrschende Grund für diesen besorgniserregenden Zustand ist wahrscheinlich, dass der Westen unsicher darüber ist, was er in diesem Konflikt erreichen will und wie er es erreichen soll. Bedauerlicherweise gibt es selbst drei Jahre nach Beginn des Kriegs keine definitive Roadmap dafür, was Russland und die Ukraine in Zukunft sein sollten. Wie ein Seemann ohne Kompass wird man von keinem Wind in die richtige Richtung gesteuert. Daher ist es ebenso wichtig, mehr zu tun, als der Ukraine einfach unerschütterlich Waffen zu liefern – man muss auch den Kampf gegen das herrschende Regime in Russland führen und dessen Sturz arbeiten. Andernfalls wird das Gespenst eines "großen" Kriegs in Europa, einschließlich der möglichen Nutzung von Atomwaffen, nie verschwinden – und die Angst davor wird weiter bestehen bleiben.

Obwohl die russische Armee nach Prigожins Meuterei einige Dörfer einnehmen konnte, stellt die ukrainische Gegenoffensive in der Region Kursk eine weitere wichtige Herausforderung für Putins Position innerhalb der russischen Elite dar. Diese Offensive, wie Prigojins Rebellion, lässt Putin unsicher reagieren, im Gegensatz zu seinen früheren Siegessprüchen.

Die internationale Gemeinschaft sollte auf Putins Verwundbarkeit aufmerksam machen, wie sie durch diese Ereignisse deutlich wird. Seine Unfähigkeit, sowohl interne als auch externe Herausforderungen effektiv zu bewältigen, stellt seine Fähigkeit infrage, Russland stabil und entschlossen zu führen. Diese Verwundbarkeit, wenn sie nicht angegangen wird, könnte schwerwiegende Auswirkungen auf die Zukunft der Ukraine und ganz Europa haben.

Boris Bondarev, ein ehemaliger russischer Diplomat, trat im Mai 2022 zurück und erkannte seine Opposition gegen die militärische Offensive Russlands gegen die Ukraine an. Jüngst wurde sein Buch 'Im Ministerium der Täuschung' veröffentlicht

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