Präsidentschaftsvorwahlen - Richter wirft Donald Trump von der Wahl in Colorado ab. Was bedeutet dieses Urteil für seinen Wahlkampf?
Es ist ein schwerer Misserfolg, dass Donald Trump so kurz vor Weihnachten solche Maßnahmen ergreifen muss. Der Oberste Gerichtshof der USA in Colorado befand, es sei erwiesen, dass der ehemalige Präsident am 6. Januar 2021 an einer verfassungswidrigen „Rebellion oder einem Aufstand“ teilgenommen habe. Damit verstieß Trump gegen den vierzehnten Verfassungszusatz, der ihn wiederum von einer erneuten Kandidatur für das Weiße Haus disqualifizierte.
Trump und sein Team waren natürlich wütend. Ein Wahlkampfsprecher sagte, die Entscheidung sei „zutiefst undemokratisch“ und kündigte an, sie werde dem Obersten Gerichtshof in Washington vorgelegt.
Unabhängig davon sind es historische, wertende, umständliche und vielleicht auch Konsequenzen. Aber: Was sind sie eigentlich? Droht Trump wirklich ein politischer Untergang? Überblick.
Vierzehnter Verfassungszusatz – Unbestimmtheit ist explosiv
Das Urteil in der Bundeshauptstadt Denver fiel mit knapp vier zu drei Stimmen zugunsten von Trump aus. Sie betreten rechtliches Neuland. Die Richter wollen sich ihre Entscheidung nicht leicht machen – sie kennen die Auswirkungen. Die New York Times nannte es ein „politisches und rechtliches Erdbeben“, während die Washington Post es als „einen bedeutsamen Tag in der politischen Geschichte Amerikas“ bezeichnete.
Grundlage für diese Entscheidung ist der Vierzehnte Verfassungszusatz, genauer gesagt dessen Artikel III. Vereinfacht gesagt heißt es darin, dass als vereidigter Beamter eine Person berechtigt sein darf, die „an einem Aufstand ihrer [Vereinigten Staaten, Anm. d. Red.] teilgenommen oder davon profitiert hat oder ihre Feinde unterstützt oder von ihnen profitiert hat“. nicht für ein Amt kandidieren. „. Trump wollte die Wahlergebnisse am 6. Januar 2021 kippen und rief seine Anhänger dazu auf, auf das US-Kapitol zu marschieren, was genau das tat, was Trump tat.
Dabei geht es nicht nur darum, ob Trump den Aufstand angestiftet oder daran teilgenommen hat, sondern auch darum, ob der Vierzehnte Verfassungszusatz für den Präsidenten der Vereinigten Staaten gilt(Lesen Sie hier mehr darüber). Der Oberste Gerichtshof von Colorado hat nun in beiden Fällen zugestimmt.
Damit änderte es jedoch teilweise die bisherige Entscheidung des Landes. Ein Richter des unteren Gerichts kam außerdem zu dem Schluss, dass Trump den Aufstand angestiftet habe – dass er „mit der spezifischen Absicht gehandelt habe, politische Gewalt anzustacheln“. Der vage formulierte Verfassungszusatz erwähnt den Präsidenten der Vereinigten Staaten jedoch nicht ausdrücklich. Wie der ehemalige Generalstaatsanwalt Michael Mukasey im September im Wall Street Journal schrieb, bezieht sich der Gesetzestext auf „Beamte der Vereinigten Staaten“, aber ich beziehe mich nur auf „ernannte Beamte, nicht auf gewählte Beamte“. Gegner vermuten Spitzfindigkeiten in dieser Auslegung und sehen darin einen bewussten Versuch, die Rechtslogik zu verfälschen.
Eines ist sicher: Über ein obskures Wort, das mehr als 150 Jahre alt ist, haben die Menschen unterschiedliche Meinungen. Über die Vor- und Nachteile wird in den kommenden Wochen und Monaten heftig debattiert. Entschieden ist jedenfalls noch nichts.
Politisch wird sich Trump wohl kaum ändern
Aber selbst wenn Trump nicht auf dem Wahlzettel in Colorado landet, werden die Auswirkungen wahrscheinlich minimal sein – zumindest politisch. Der Staat ist in den letzten vier Präsidentschaftswahlen zuverlässig demokratisch geworden. Niemand in Trumps Team sollte damit rechnen, hier im Jahr 2024 zu gewinnen.
Auch der Einfluss innerparteilicher Vorwahlen ist relativ gering. Sie finden am 5. März statt, dem sogenannten „Super Tuesday“, an dem Konservative in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten gleichzeitig über einen Kandidaten entscheiden. Angesichts der Umfragewerte braucht Trump Colorado möglicherweise überhaupt nicht.
Unabhängig davon hat ein Richter aus Colorado das Urteil bis zum 4. Januar ausgesetzt, um Trump die Möglichkeit zu geben, beim Obersten Gerichtshof in Washington Berufung einzulegen. Bis dahin bleibt Trump auf dem Stimmzettel und wird es bleiben, bis der Oberste Gerichtshof seine endgültige Entscheidung fällt. Daher bestehen gute Chancen, dass die Wahl zunächst wie geplant stattfinden wird.
Die Entscheidung von Denver ist jedoch nicht nur historisch, sie könnte auch Signalwirkung haben. Colorado ist nicht der einzige Bundesstaat, in dem Trump-Gegner Klagen gegen den erneut kandidierenden Republikaner eingereicht haben, bislang jedoch erfolglos. Das könnte sich nun ändern.
Der Oberste Gerichtshof hat das letzte Wort
Zumindest auf dem Papier muss es nicht dazu kommen. Der Kongress könnte das Verbot auch aufheben, dafür wäre jedoch eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern erforderlich. Das ist, gelinde gesagt, unwahrscheinlich. Die New York Times spekulierte, dass der Oberste Gerichtshof seine Entscheidung indirekt auch durch die Präsidentschaftswahl an die Wähler weitergeben könnte. Eine kühne Hoffnung.
US-Rechtsexperten schrieben im „Election Law Blog“, dass eine Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof der USA „unvermeidlich“ erscheint. Der Druck auf Richter kann enorm sein. In Washington häufen sich die Fälle von Trump, und sie spüren bereits die Hitze. Erst kürzlich beantragte Sonderermittler Jack Smith beim Gericht ein zusammenfassendes Urteil über Trumps Immunitätsanspruch.
Ein weiterer Grund für Trumps Optimismus: Im Gegensatz zu Colorados traditionell demokratischen Jurys, von denen drei für Trump gestimmt haben, ist die Mehrheit der Richter des Obersten Gerichtshofs konservativ – drei von ihnen wurden damals von den Republikanern selbst zum Richter ernannt. Wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, ist ihre Haltung kein Garant für eine Entscheidung zugunsten Trumps. Sollte sich wider Erwarten ein Richter in Washington weigern, das Urteil seines Kollegen aus Colorado zu überprüfen, könnte Trump tatsächlich aus der Wahl geworfen werden.
Republikaner unterstützen Trump
Parteiintern trugen die schlechten Nachrichten aus Denver zunächst wenig dazu bei, Trumps Dominanz zu erschüttern. Es überrascht nicht, dass die Republikaner den ehemaligen Präsidenten – sogar seine direkten Rivalen – fast einhellig unterstützen. Letztlich geht es in diesem Fall um Grundlagen.
„Die Gerichte sollten Donald Trump nicht daran hindern, Präsident zu werden. Die Wähler dieses Landes sollten ihn daran hindern, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden“, schrieb Präsidentschaftskandidat Chris Christie, einer der größten Kritiker Trumps.
Donald Trump should not be prevented from being President by any court. He should be prevented from being President of the United States by the voters of this country. pic.twitter.com/77ChhLFkFz
— Chris Christie (@GovChristie) December 20, 2023
Laut aktuellen Umfragen liegt Trump deutlich vor „Verfolgern“ wie Christie, Nikki Haley und Ron DeSantis. Das Urteil wird die Bewunderung der Trumpisten für den 77-Jährigen nur noch verstärken und seiner Geschichte einer politischen Hexenjagd neues Leben einhauchen.
Dies offenbart einmal mehr die bislang größte Schwäche dieses Rennens: Ein Angriff auf Trump würde die ideologische Nähe zu den verhassten Demokraten demonstrieren. In einer Zeit der politischen Spaltung kann und will kein Konservativer einen solchen Preis tragen.
Quellen: „New York Times“; „Election Law Blog“; „Vox“; „Washington Post“; CNN
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Quelle: www.stern.de