Raucht man Listerine Mundspülung den Krebsrisiko auf?
Frisches Luft und sauberer Geruch im Mund - das verspricht Mundspülung. Aber nach einer Studie könnte eine bestimmte Art schaden, anstatt die Mundflora zu schützen, auch karzinogen zu sein. Wie real ist die Gefahr? Ein Experte erklärt.
Mundspülen ist ein tägliches Hygienevorhaben für viele Menschen. Allerdings vermuten die Autoren einer belgischen Studie, die in dem wissenschaftlichen Journal "Journal of Microbiology Society" veröffentlicht wurde, eine mögliche Verbindung zwischen einem bestimmten Mundspülungstyp und der Entwicklung von Darm- oder Rektumskrebs. Es handelt sich um "Listerine Cool Mint," das in Deutschland seit 1995 verkauft wird.
Die Forscher hatten das Ziel, herauszufinden, "ob die tägliche Anwendung von Listerine Cool Mint die Zusammensetzung der oralen Mikrobiom verändert." Bis dahin war unklar, ob der antimikrobielle Mundspülungstoff von Listerine "eine gesunde Mundmikrobiom fördert oder untergräbt."
Nach der Studie nutzten 59 Teilnehmer "Listerine täglich drei Monate lang, gefolgt von drei Monaten Placebo-Mundspülung oder umgekehrt." Die Forscher fanden dann heraus, dass sich die Zusammensetzung der oralen Mikrobiom "signifikant unterschieden" hatte. Das bedeutet, dass nach drei Monaten täglicher Verwendung von Listerine bei den Teilnehmern die Mikrobiom-Komposition geändert war, sodass mehr Bakterien vorhanden waren, die mit "periodontalen Erkrankungen, Darm- oder Rektumskrebs und systemischen Erkrankungen" in Verbindung gebracht wurden.
Bedeuten diese Ergebnisse, dass die regelmäßige Anwendung antibakterieller Mundspülungen Krebs fördern kann?
Bakterien im Mund müssen nicht schlecht sein
Nein, sagt der Allgemeinarzt und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht in einem Interview mit RTL/ntv. Aus den Studienergebnissen kann man nicht sagen, dass Listerine Krebs verursacht - "das wäre ganz falsch," erklärt der Medizinexperte.
Aber die Studienergebnisse heben eine weitere wichtige Aspekt hervor, so der medizinische Experte. Übermäßige Hygiene kann notwendige Mikrobiome zerstören, was langfristig negative Gesundheitsfolgen haben kann. Gegensätzlich zu der allgemeinen Meinung, dass Bakterien im Mund nur etwas Schlechtes sind, besitzen Menschen auch eine Mikrobiom-Komposition im Mund - "eine spezifische Zusammensetzung, die uns gut tut," sagt Specht. Regelmäßige Anwendung antibakterieller Substanzen, wie Mundspülung, könnten potenziell nicht nur schädliche, sondern auch nützliche Bakterien töten. "Studien aus den letzten Jahren haben gezeigt, dass es nicht die beste Idee ist, Mundspülung täglich zu verwenden," sagt Specht. "Wir brauchen Bakterien. Ohne Bakterien hätten wir keine Verdauung und kein Abwehrsystem." Sie spielen auch eine Rolle im Mund bei der Aufrechterhaltung einer funktionierenden Flora. "Wenn wir zu stark einschreiten, stören wir ein funktionierendes System, was nicht gut ist."
Mehr Schaden als Nutzen
Spechts Appell ist somit an alle, die neigen zu übermäßiger Hygiene: "Einmaliges Benutzen von Mundspülung ist sicherlich eine gute Idee und kann auch sinnvoll sein." Aber: "Die Idee, dass wir leben müssen, oder dass es keine Keime in unserem Körper geben soll, ist völlig falsch." Denn dadurch würden wir uns mehr schaden als nutzen.
Die Firma Kenvue, der Listerine gehört, antwortete auf eine Anfrage von RTL/ntv wie folgt: "Es gibt keinen Beweis, dass Listerine Krebs verursacht." Der Mundspülungstoff ist sicher, wenn nach der Beilage verwendet wird.
Weiterhin kritisiert die Firma, dass "die Studie methodologische Schwächen aufweist, die die Gültigkeit der Ergebnisse in Frage stellen könnten." Laut Kenvue fehlen "wesentliche Kontrollen in der Studiendesign sowie ausreichende Robustheit [...], um Schlüsse über potenzielle Auswirkungen auf menschliches Gesundheit ziehen zu können."
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