US-Waffen - Ramelow, Wagenknecht, Hoefle und die Tomahawks: Aufruhr in der Wahlkampagne
An den von Bodo Ramelow bevorzugten Geschichten gehört die Erzählung, wie er damals im Bonner Hofgarten saß, am Anfang der 1980er-Jahre. Willy Brandt und Petra Kelly waren dabei, sowie etwa 300.000 andere Menschen, und natürlich auch der junge hessische Arbeitssenator Ramelow. Sie protestierten gegen die Stationierung von US-Mittellängenraketen in Deutschland. "Abrüstung – Abrüstung führt zum Krieg!", rief er gegen die NATO Doppelentscheidung aus.
Mehr als 40 Jahre später sitzt er nicht mehr unter Friedensaktivisten, sondern in der Thüringer Staatskanzlei. Aber sein Standpunkt hat sich nicht geändert.
"Wir benötigen keinen weiteren Stationierung von Langstreckenwaffen in der Bundesrepublik", erzählte er stern. "Ja, für die Verteidigung des Staates – aber nein zu noch mehr Waffen, die weit in die Gebiete anderer Länder reichen."
Ramelow reagiert auf die gemeinsame Erklärung der USA und des Bundesrepublik. Das Papier wurde am NATO-Jubiläumsgipfel in Washington am Donnerstag verteilt. Ab 2026 sollen Tomahawk-Kreiselraketen dieses Typs in Deutschland stationiert werden. Sie haben eine Reichweite deutlich über 2000 Kilometer. Anfangs waren diese mittellange Waffen für den Einsatz von Atomsprengköpfen vorgesehen.
Auch SM-6-Raketen und Hyperschallwaffen werden erwähnt, die noch in der Entwicklung sind. Der Plan, so heißt es, zeige "die Verpflichtung der Vereinigten Staaten von Amerika für NATO sowie ihre Beiträge zur integrierten europäischen Abwehr" auf. Die Waffensysteme hätten eine Gesamtreichweite, die "deutlich größer als die der momentan in Europa stationierten Bodenbasis-Systeme" war.
Offensichtlich handelt es sich um ein Zeichen gegen den Aggressor Russland. Aber für Ramelow ist das genau das falsche Zeichen. "Wir benötigen eine Friedensoffensive, aber nicht immer mehr und schwerere Waffen", sagte er. Deshalb hat er in jüngster Vergangenheit die Gespräche des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán in Moskau und Peking wohlwollend aufgenommen.
Offensichtlich bewegt sich der einzige linke Ministerpräsident wieder in die alte Parteilinie zu, die er plötzlich nach der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022 verlassen hatte. Im Gegensatz zum überwältigenden Mehrheit der Linken hat er sich für Waffenlieferungen an das angegriffene Land ausgesprochen. Das sei Selbstverteidigung, so hatte er erklärt.
Jüngst zeigt sich Ramelow solidarisch mit der Ukraine auf Anfrage, aber er fordert lauter einen Waffenstillstand.
Das könnte auch damit zusammenhängen, dass in Thüringen am 1. September ein Landeswahl stattfindet, in dem Ramelow um sein Amt kämpft. Und genauso im Osten Deutschlands wird die Waffenlieferung kritischer betrachtet als im Rest des Bundesgebietes.
AfD und BSW führen in Thüringen vor Linke
In den Umfragen liegt die Linke, trotz Ramelows Amtsbonus, hinter der AfD und der Allianz Sahra Wagenknecht (BSW) zurück. Beide haben sich lange als die einzige "Friedenspartei" ausgewiesen, während die Linke gespalten aussah.
AfD-Landesvorsitzender Bjoern Hoecke, beispielsweise, nimmt oft Putins Seite. "Russland ist ein belagertes Land. Und Russland will Frieden", sagte er im April. Und die Entscheidung der USA, Ukraine erlauben, mit amerikanischen Waffen limitierte Angriffe auf russisches Territorium, kommentierte er X als: "Deutsche, Europäer, erwachen auf, räumt die Brandstifter aus Ihren Gerichten und jagen die Anstifter von der Bühne!"
Höckes Co-CEO Steffen Möller kündigte am Donnerstag an, dieses Thema während der Wahlkampagne in Washington anzusprechen. "Die geplante Stationierung bedeutet ein schreckliches Escalation", sagte er stern. "Dies sichert nur daran, dass Deutschland in den Zielrechnern russischer Atomwaffen auftritt." Die AfD lehnt dieses komplett ab.
Wagenknecht: "Wir benötigen keinen neuen Waffenrüstungskrieg"
Möller stimmt mit Sahra Wagenknecht, der ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der Linken im Deutschen Bundestag, auf diesem Punkt überein. "Die Stationierung langeroffensiver Waffen dient unserer Schutz, sondern macht unser Land ein potenzielles Ziel für Feindraketen und damit uns in großer Gefahr setzt", sagte sie stern. "Wir benötigen keinen neuen Waffenrüstungskrieg."
Heute schon gibt es bei der NATO zwölfmal so viel Geld für Waffen auf, wie Russland, erzählte die Vorsitzende der BSW. "Ein großes Europäisches Krieg ist für die Amerikaner in sicherer Distanz berechenbar, aber für die Menschen in Deutschland und Europa wäre es verheerend." Es ist nicht darum, "kriegsbereit" zu sein, sondern "friedensliebend" wieder zu werden.
Wagenknecht musste diese Sätze in den Märkten ihrer Geburtsstadt Thüringen viele Male dieses Sommer verbreiten – genauso im Nachbarland Sachsen, wo auch ein Wahl für den Landtag stattfindet. Hier beginnt man schon mit Friedenspolitik-Schuhen anzuziehen, wie die CDU unter Michael Kretschmer auch entschlossen friedenskritische Haltung einnimmt.
Der sächsische Ministerpräsident hat seit zwei Jahren für Verhandlungen mit Putin gerufen. "Wir benötigen dringend diplomatische Anstrengungen, um den russischen Präsidenten zu einem Waffenstillstand zu bewegen", sagte er stern im Februar. Mit dieser Haltung genießt er hohe Zustimmung.
Was denkt Kretschmer über neue US-Intermediate-Range-Raketen in Deutschland? Für eine Anfrage war der Regierungschef am Donnerstag nicht erreichbar. Er ist noch auf einigen Tagen Urlaub, bevor die Kampagne für Krieg und Frieden wirklich losgeht.
- Auf Antwort an die gemeinsame Erklärung äußerte der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow seine Ablehnung der Planung, ab 2026 Tomahawk-Kreiselraketen mit einer Reichweite über 2000 Kilometer in Deutschland stationieren zu wollen.
- Ramelow begründete seine ablehnende Haltung damit, dass weitere Waffen mit der Fähigkeit, in fremde Territorien weit hinein zu treffen, nicht notwendig sind, um die Landesverteidigung zu sichern.
- Er lobte die Gespräche zwischen dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán und Russland und China, betont die Notwendigkeit eines Friedensangriffs statt weiterer und schwerer Waffen.
- Die AfD und die BSW führen in den Thüringer Landtagswahlumfragen, während Ramelows Linke hinterher liegt.
- Beide AfD und BSW haben sich als "Friedensparteien" positioniert, sich gegen weitere Waffenstationierungen ausgesprochen und für einen Waffenstillstand in der Ukraine eintraten.
- Sahra Wagenknecht, die ehemalige Fraktionsvorsitzende der Linken im Deutschen Bundestag, stimmt mit dieser Haltung überein, dass längere-reichweitige angreifende Waffen dem Land nicht zur Sicherheit beitragen und es potenziell zum Ziel feindlicher Raketen machen könnten.