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Nur die Seine war wirklich krank.

Die Olympischen Spiele in Paris gehen zu Ende - und werden in Erinnerung bleiben. Nicht nur bei den Schwimmern in der Seine. Die französische Hauptstadt sendet beeindruckende Bilder in die Welt. Es gibt auch hitzige Debatten, aber sie sind wichtig.

Vielleicht wird man am Ende der Olympischen Spiele in Paris darüber sprechen, dass diese die besten aller Zeiten waren. In der Vergangenheit wurde diese Einschätzung oft erzwungen und damit entwertet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass jemand, vielleicht der immer euphorische IOC-Präsident Thomas Bach, den Lorbeerkranz als Dankeschön und Abschied hervorholt. Er war bereits am Freitag kaum zu bremsen in seiner Liebe zu Paris. "Die Olympischen Spiele 2024 sind eine Liebesgeschichte", schwärmte er. Mehr noch: "Jeder ist verliebt darin: die Athleten, die Franzosen, die Fans auf der ganzen Welt."

Dieses Jahr könnte der Satz über die besten Spiele aller Zeiten der Wahrheit näher kommen als viele vergangene Ausgaben. Nicht nur wegen des Schattens der Corona-Pandemie. Die Olympischen Spiele, das größte Sportereignis der Welt, hatten in letzter Zeit einige Kratzer abbekommen. Zu viel Gigantismus. Zu viel Putin und China. Zu viel Hinterzimmerpolitik. Zu wenig Nachhaltigkeit. Konnte man die Olympischen Spiele noch genießen, ja sogar versuchen, sie in das eigene Land zu holen? Diese Fragen wurden gestellt.

Spektakuläre Arena, gigantische Atmosphäre

Paris hat die Antwort gegeben. Sie lautet "ja"! Die ermüdenden Debatten über Menschenrechte und überflüssige Prestigebauten waren nicht da. Die Sehenswürdigkeiten der Stadt wurden genutzt und in diese Spiele einbezogen, was großartige Bilder lieferte. Die bestehenden Arenen waren meist voll. Die euphorischen Fans schufen großartige, einzigartige, hochgelobte Stimmungen. Sie sangen den Klassiker "Aux Champs-Elysées". Und immer wieder die schön klingende Hymne "Marseillaise". Zum Beispiel überstrahlte der Beachvolleyball-Platz unter dem Eiffelturm die fantastische Arena in Copacabana 2016 in Rio. Vor der traumhaften Kulisse des Schlosses in Versailles konkurrierten die Reiter um Medaillen. Michael Jung gewann die dritte Goldmedaille im Vielseitigkeitsreiten. Der ARD-Mann Carsten Sostmeier war vor Freude außer sich. Die Radstars fuhren an Sacre-Coeur vorbei. Im Grand Palais fochten sie, und die Bögen wurden vor dem Invalidendom gespannt.

Und was passierte in Arena Sud 4, wo neue Tischtennis-Helden geboren wurden und große Legenden Abschied nahmen? Felix Lebrun ist vielleicht der unglaublichste Held der Spiele, Annett Kaufmann die größte Entdeckung, und Timo Boll der Mann, dem alle zu Füßen lagen. Die Tischtennis-Duelle wurden von Dezibel-Zahlen begleitet wie ein Formel-1-Rennen. Es war ähnlich beim Schwimmen im renovierten Rugby-Stadion. Leon Marchand, das französische Schwimmungeheuer, brachte sogar Präsident Emmanuel Macron dazu, seine Krawatte abzunehmen. Wo sonst passiert das? Fast alle Athleten, männlich und weiblich, erhielten große Aufmerksamkeit und viel Liebe: Sogar die oft belächelten Geher. Und die Surfer, die in der gefährlichsten Welle der Welt, 16.000 Kilometer entfernt, wettkämpften und ikonische Bilder schufen. Gabriel Medina in Stille, zum Beispiel, oder der Walrossgruß an die Sportwelt.

Die Spiele beginnen mit einer großen Provokation

Nein, natürlich war auch bei diesen Olympischen Spielen nicht alles perfekt. Und das ist auch gut so. Die Spiele sind nicht nur wegen Glanz und Gloria da, sondern auch wegen Dramen. Was vielleicht nicht hätte passieren dürfen, waren die Dramen, die sich nach dem Schwimmen in der Seine entfalteten. Mehrere Athleten wurden krank. Leonie Beck zum Beispiel musste neunmal kotzen und litt an Durchfall. Die belgische Triathletin Claire Michel wurde ebenfalls schwer getroffen. Nicht alles konnte auf die Wasserqualität zurückgeführt werden, aber der Fluss blieb ein beständiges Problem. Es war bereits vor dem Start und erst recht währenddessen ein Thema. Der Einzug der Nationen war dieses Mal anders. Statt in das Stadion zu gehen, grüßten sie von Booten auf der Seine. Die interessante Idee für die umstrittene Eröffnungsfeier ging nicht ganz wie geplant auf.

Paris empfing die Athleten mit viel Glanz und zeigte der unfreien Welt den Stinkefinger. Die stark polarisierende Show mit verschiedenen Provokationen brachte nicht nur den immer wütenden Donald Trump und das weitgehend suspendierte Russland, sondern auch das entrüstete Vatikan auf den Plan. Viele Kritiker sahen in der Veranstaltung eine Nachstellung von Leonardo da Vincis Gemälde "Das letzte Abendmahl" - unter anderem von Dragqueens.

Die Pariser Organisatoren und Kunsthistoriker bestreiten dies: Die Inspiration für die Show war nicht da Vincis "Das letzte Abendmahl", sondern ein Gemälde namens "Gastmahl der Götter", das ein lebhaftes Fest auf dem Olymp zeigt. Die Spiele hatten ihren ersten großen Kontroverse, aber auch eine Debatte darüber ausgelöst, wie wir leben wollen. Die Olympischen Spiele sind ein Schmelztiegel, kein antiseptisches Friedensfest. Sie werden im Kontext von Weltbegebenheiten gefeiert, nicht isoliert davon. Ein marokkanischer Judoka weigerte sich, einem Israeli die Hand zu schütteln. Eine afghanische B-Girl schickte eine Botschaft für die Frauenrechte in ihrem Heimatland, wo die mittelalterlichen Taliban mit brutaler Kraft regieren. Dafür wurde sie disqualifiziert.

Die Diskussion um die Eröffnungszeremonie wurde schnell von der Geschlechterdebatte um Boxerin Imane Khelif überschattet. Sie hatte ihre Gegnerin im ersten Kampf so hart ausgeknockt, dass diese schockiert aufgab. Der Fall eskalierte, da sowohl Khelif aus Algerien als auch Lin Yu-ting aus Taiwan von der umstrittenen Box-Föderation IBA von Wettbewerben ausgeschlossen wurden, die vom IOC suspendiert wurde. Der Fall entwickelte sich zu einem bizarren Kulturkrieg, der tagelang tobte und auch nach dem Gewinn der Goldmedaillen durch beide Boxer noch nachhallen wird. Er wird weiter nachhallen, da das IOC, wie in der Vergangenheit, Schwierigkeiten hat, das Geschlecht in das binäre System von Mann und Frau einzuordnen. Eine Lösung ist dringend erforderlich - egal wie schwierig sie zu erreichen scheint. Das gilt auch für das Dopingproblem. Der China-Fall lastete schwer auf den Schwimmwettbewerben**. Das IOC und die Welt Anti-Doping Agentur (WADA) lehnen постоянное Eingreifen ab, insbesondere von US-Behörden. Die WADA hat regelmäßig belastendes Beweismaterial gegen die Chinesen ignoriert, einschließlich von der ARD-Dopingredaktion.

Der "Steven van der Velde"-Fall ist schwer zu ertragen.

Schwer zu ertragen war auch der Fall von "Steven van der Velde". Der niederländische Beachvolleyballspieler kam als überführter Kinderschänder zu den Spielen. Er hatte seine Strafe abgesessen, wurde aber von Fans als solcher beschimpft und ausgebuht. Doch der Fall ist nicht so einfach (wie hier erneut zu lesen). Und so entbrannte eine Debatte darüber, wie mit dem 30-Jährigen umgegangen werden soll. Hat er eine Chance auf Rehabilitation oder wird er für "den größten Fehler seines Lebens" immer bezahlen müssen? Vor den Spielen war die Vergangenheit kein Thema, doch auf der großen Bühne wurde sie ins Rampenlicht gezerrt. Für den Athleten und seine Familie, die ein junges Kind hat, bleibt es eine schwere Last.

Im Sandkasten unter dem Eiffelturm endete eine große Karriere. Beachvolleyball-Ikone Laura Ludwig erkannte nach ihrer ersten-Runden-Katastrophe, dass es Zeit zum Abschiednehmen war. Und mit ihr gehen viele große Athleten. Boll wird nicht zurückkehren auf die große Bühne. Auch Angelique Kerber und der verletzungsgeplagte Tennis-Gigant Andy Murray beenden ihre Karriere. Und niemand weiß, was mit Rafael Nadal passieren wird, der von Novak Djokovic gedemütigt wurde. Sogar Nikola Karabatic, der erfolgreichste Handballspieler der Geschichte, hat das Ende seiner großen sportlichen Reise erreicht, dramatisch besiegt von der deutschen Mannschaft.

Die Heldengeschichten sind es, die die Menschen fesseln. Und nirgendwo werden sie dichter geschrieben als bei den Olympischen Spielen. Die deutschen Handballer, angeführt von dem phantastischen Renars Uscins, sorgten mehr als einmal für Herzklopfen. Yemisi Ogunleye verzauberte das Stade de France mit Gold im Kugelstoßen. Darja Varfolomeev berührte Herzen mit ihrer gymnastischen Super-Show auf dem Weg zum Gold. Das 3x3-Basketball der Frauen trieb das schnelle Spektakel auf die Spitze. Die deutschen Sprinter weinten vor Freude, Horst Hrubesch geht mit dem unglaublichsten Happy End imaginär in den Ruhestand. Lukas Märtens flog zum Gold im Pool und gab dann eine charmante, verliebte "Magdeburg"-Botschafter-Performance.

Es gibt zu viele große Geschichten, um sie alle aufzuzählen. Kerbers feurige Tennis-Tänze sind darunter, Mihambos Silberkampf gegen die Folgen von Corona. Aber es sind nicht nur die deutschen Geschichten, die die Menschen hier fesseln. Da ist Simone Biles zwischen Sensation und Drama. Der extrovertierte Sprinter Noah Lyles, der vier Goldmedaillen gewinnen will, läuft mit einer Corona-Infektion und muss dann aufhören. Oder der phantastische Rückkehrer Teddy Riner, der Judo-Geschichte schrieb und Frankreich für einen Moment innehalten ließ. Das Dach des Stade de France flog ab, als das wilde Rugby-Sevens-Team um Antoine Dupont die Fijianer entthronte. Die Wrestlerin Vinesh landete im Krankenhaus in ihrem verzweifelten Kampf um 100 Gramm. Oder der schwebende "Mondo" Duplantis und die rasend schnelle Femke Bol. Und da sind die Hockey-Spieler, die fast aufeinander losgingen am Ende eines dramatischen Finales. Die Frauen-Mannschaft überraschte Coach Valentin Altenburg mit seiner direkten Ansage: "Anne, halt jetzt die Klappe."

Sicherheit kaum ein Thema

Was glücklicherweise kaum ein Thema bei diesen Spielen war, war die Sicherheit. Es hatte vor den Spielen große Bedenken gegeben, dass es einen terroristischen Anschlag geben könnte. Paris hatte die Sicherheit verschärft, Polizei und Militär in Alarmbereitschaft versetzt. Doch abgesehen von ein paar isolierten Vorfällen mit vergessenen Gegenständen, die sich als harmlos herausstellten, gab es nichts, was besorgte Momente auslöste.

Frankreich hat mit diesen Spielen eine große Statement gesetzt, für den Wert, den sie haben, insbesondere in gefährlichen globalen politischen Zeiten, stehend für Liebe, Versöhnung und Verständnis. Sie haben gezeigt, dass sogar müde und wankende Demokratien große, freie Feiern organisieren können. Diese Spiele waren lustig und haben große Emotionen ausgelöst, wie das Verlustspiel der französischen Basketball-Mannschaft gegen die USA mit dem unglaublichen Stephen Curry, das Wunderkind Victor Wembanyama zum Weinen brachte. Das ist alles Teil der olympischen Tradition, zusammen mit dem Grummeln über Bedingungen und Essen im Athletendorf.

Waren sie die besten Spiele ever? Das spielt keine Rolle. Sie haben Größe erreicht. Sie haben die Makel dieses Festes mit schönen Bildern und großen Momenten überdeckt, die Vorfreude auf Mailand und dann Los Angeles weckend. Ihr Vermächtnis ist bedeutend.

Nach den Olympischen Spielen könnten die Menschen darüber nachdenken, ob dies die besten aller Zeiten waren, bedenkt man die verbesserte Organisation und die öffentliche Resonanz im Vergleich zu früheren Ausgaben. Trotz einiger Herausforderungen, wie gesundheitlichen Problemen durch das Schwimmen in der Seine, wurden die Olympischen Spiele in Paris für ihre einzigartigen Atmosphären und ikonischen Momente gelobt, wie zum Beispiel den Beachvolleyball-Platz unter dem Eiffel-Turm.

Die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele war umstritten aufgrund provokanter Elemente, die Debatten auslösten und Kritik von einigen Weltführern und religiösen Institutionen hervorriefen. Trotz der Kontroversen dienten diese Spiele als Plattform für kulturellen Austausch und ermutigten Diskussionen über wichtige gesellschaftliche Themen.

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