Neu gestaltete Karte der Chancen für die Anwerbung arbeitssuchender Migranten.
Zur Lage der Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft gehört eine ernsthafte Lücke, die zu schließen ist. Um dies zu erreichen, plant die Regierung, ausländische Arbeitskräfte durch geregeltes Arbeitsmigrationsrecht zuzulassen. Aktuell bieten sich solche Möglichkeiten über die Chancekarte.
Seit Jahren hängt die deutsche Arbeitsmarkt von Menschen mit ausländischen Wurzeln ab. Im Jahr 2021 stieg die Zahl der Aufenthaltsgenehmigungen für beschäftigte Ausländer aus Nicht-EU-Ländern um 68.000 auf 419.000 an. Dennoch wächst der Fachkräftemangel und der Arbeitskräftemangel weiter. Die Regierung will Deutschland so erfolgreich wie Länder wie Kanada, Neuseeland oder Australien werden, um qualifizierte Arbeitskräfte anzulocken. Jetzt wird die dritte Teil des Fachkräftezuwanderungsgesetzes umgesetzt, was folgendes mit sich bringt:
Wie viele Fachkräfte braucht Deutschland?
Bis 2035 wird die deutsche Gesellschaft altern, was sieben Millionen Fachkräfte ersetzen muss. Der Mangel ist besonders scharf im Pflegebereich und in der Gastronomie. Es fehlen auch IT-Spezialisten in vielen Unternehmen und Behörden. Obwohl im März des letzten Jahres nur 707.000 offene Stellen von der Bundesagentur für Arbeit gemeldet wurden, 70.000 weniger als im Vorjahr, wird erwartet, dass immer mehr Stellen unbesetzt bleiben. Laut Wirtschaftsminister Robert Habeck hängt dies von der Fähigkeit Deutschlands ab, Wachstum und Prosperität zu erhalten. Derzeit arbeiten etwa ein Viertel aller Beschäftigten mit Migrationshintergrund, insbesondere in Bereichen wie der Reinigung und der Gastronomie.
Was ist ab dem 1. Juni neu?
Die Chancekarte, die im Rahmen des Fachkräftezuwanderungsgesetzes im Vorjahr beschlossen wurde, wird umgesetzt. Diese Neuerung im Aufenthaltsgesetz soll es qualifizierten Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Ländern leichter machen, nach Deutschland zu kommen. Ein Arbeitsvertrag mit einem deutschen Arbeitgeber ist keine Voraussetzung. Zusätzlich wird ab dem 1. Juni die Möglichkeit für Arbeiter aus den Westbalkanländern, nach Deutschland zu kommen, um zu arbeiten, erweitert. Dies kann auch ungelernte Arbeiter betreffen. Allerdings müssen alle, die unter der sogenannten Westbalkanregel einreisen wollen, zunächst einen Arbeitsvertrag vorlegen.
Wie funktioniert die Chancekarte?
"Wir konzentrieren uns auf Sprachkenntnisse, Qualifikationen und Erfahrungen, um motivierte und talentierte Menschen nach Deutschland zu locken", sagt Innenministerin Nancy Faeser. Voraussetzung sind ein zweijähriges Berufsausbildung oder ein Hochschulabschluss aus dem Herkunftsland, sowie Sprachkenntnisse in Deutsch oder Englisch. Je nach Sprachkenntnissen, beruflichen Erfahrungen, Alter und Deutschland-Verbindung erhalten Interessierte Punkte, die ihnen die Chancekarte ermöglichen. Es gibt auch Punkte für Qualifikationen in Kurzarbeitsberufen. Mit der Karte können nicht-EU-Bürger nach Deutschland kommen und ein Jahr Zeit haben, um eine dauerhafte Arbeit zu finden. In bestimmten Fällen ist eine einmalige Verlängerung um zwei Jahre möglich.
Wie wirkt sich das auf die Länder aus dem Westbalkan aus?
Mit der Chancekarte sollen Bürger aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien nach Deutschland kommen und arbeiten können. Bisher konnten Arbeiter aus diesen Ländern, die einen Arbeitsvertrag in Deutschland haben, jährlich 25.000 Genehmigungen von der Bundesagentur für Arbeit erhalten. Diese Quote soll auf 50.000 jährliche Genehmigungen verdoppelt werden.
Ist das Fachkräftezuwanderungsgesetz nicht mehr gültig?
Seit März 2020 gibt es ein Fachkräftezuwanderungsgesetz in Deutschland, das die Große Koalition zur Förderung des Zuzugs qualifizierter Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern eingeführt hat. Experten glauben, dass es aufgrund der Reisebeschränkungen während der Pandemie und der hohen Bürokratie für Migrantenschafter geringe Auswirkungen gehabt hat. Im November des letzten Jahres trat der erste Teil der Reform des Fachkräftezuwanderungsgesetzes in Kraft. Die wesentlichen Änderungen betrafen vor allem Vereinfachungen für den "Blue Card EU" und für anerkannte Fachkräfte.
Was hat seit März geändert?
Seit März ist die Aufenthaltsbasis auf Berufserfahrung, ein wesentlicher Bestandteil des Fachkräftezuwanderungsgesetzes, in Kraft. Qualifizierte Arbeitskräfte mit einem Abschluss und Berufserfahrung können nach Deutschland kommen und arbeiten, ohne vorher anerkannt zu sein. Sie sollten allerdings keine anerkannte Qualifikation in Deutschland haben. Dadurch sollen Verfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Der Arbeitsvertrag in Deutschland muss mindestens ein Jahresgehalt von 40.770 Euro garantieren, oder den Gehalt nach dem Tarifvertrag, wenn der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist. Eine beschränkte befristete Beschäftigung ist auch möglich. Die Bundesagentur hat eine Quote von 25.000 für dieses Jahr 2024 festgelegt.
Wird dies mehr Arbeitskräfte nach Deutschland locken?
Die Möglichkeiten für Einwanderung sind jetzt so vielfältig wie die Bedürfnisse der Unternehmen, sagt Arbeitministerin Heil. Es gibt allerdings auch hohe Anforderungen und bürokratische Hürden, sowie andere Herausforderungen. Aufgrund eines Arbeitskräftemanges von über 400.000 Personen pro Jahr ist die Chancekarte vor allem eine Chance für Deutschland, sagt Grünen-Innenpolitiker Misbah Khan. Das Land muss diese Änderungen effektiv umsetzen und noch attraktiver als Einwanderungsland werden.
Was für Migranten außer Sprachbarrieren Angst macht? [
Apart from language barriers, what else scares migrants?
Im Gegensatz zu anderen bekannten Einwanderungsnationen ist Deutschlands Steuersystem und die damit verbundenen Belastungen hoch. Die negative Auswirkungen auf hochqualifizierte Personen sind erheblich. Darüber hinaus gibt es Berichte über Schwierigkeiten, vernünftig preisige Wohnraum in bestimmten Ballungsgebieten zu finden. Fast lächerlich sind Gerüchte, wonach bestimmte Gemeinden von Arbeitgebern für neue ausländische Ankömmlinge Arbeitsgarantien verlangen.
"Legislativbemühungen sind noch nicht zu Ende", sagt Ann-Veruschka Jurisch, eine FDP-Abgeordnete, die sich mit Inneren Angelegenheiten im Deutschen Bundestag befasst. "Wir streben eine Vereinfachung der Einwanderungsgesetzgebung an; es ist ein laufendes Projekt." Sie hat hohe Erwartungen von der Umsetzung von künstlicher Intelligenz bei der Bearbeitung von Anträgen von möglichen wirtschaftlichen Einwanderern. Das Auswärtige Amt hat bereits in diesem Bereich die Führung übernommen. Das ist unerlässlich - Wartezeiten, die mehr als ein Jahr andauern, können Deutschland nicht ertragen.