Mobilität und Schutzmaßnahmen - Nach Solingen will die Asylpolitik ihre Vorschriften stärken.
Nach dem tragischen Messerangriff in Solingen hat die Bundesregierung neue Maßnahmen zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus, zur Moderation der Migration und zur Stärkung der Waffengesetze beschlossen. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat diese umfassenden und strengen Maßnahmen präsentiert.
Reduzierung der Unterstützung für bestimmte Asylbewerber
Die Koalitionsregierung hat beschlossen, die Unterstützung für bestimmte Asylbewerber zu reduzieren. Diese Änderung betrifft Migranten, für die ein anderes europäisches Land zuständig ist, das sie zurücknimmt. Das Ziel ist es, den Druck auf die Abreise zu erhöhen. Allerdings betonte Faeser, dass "niemand in Deutschland hungern oder auf der Straße leben muss." In Deutschland wird keine Unterstützung mehr gewährt - das zuständige Land ist für diese Versorgung verantwortlich.
Zweifel von Grünen-Fraktionsvorsitzender Britta Hasselmann
Britta Hasselmann, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, hat Bedenken gegen diesen Plan geäußert. Sie verwies darauf, dass ausreisepflichtige Personen eingeschränkte Anspruchsrechte auf Leistungen haben und der Bundesverfassungsgericht sowie der Europäische Gerichtshof klare Vorgaben zum Existenzminimum für alle, einschließlich Flüchtlinge, machen.
Erleichterte Abschiebungen, Erweiterung der Ausschlussgründe für Asyl
In Zukunft sollen Menschen leichter abgeschoben werden können, wenn sie ein Verbrechen mit einer Waffe oder einem anderen gefährlichen Werkzeug begangen haben. Außerdem können Migranten leichter von Schutz in Deutschland ausgeschlossen werden, wenn sie das Gesetz verletzt haben. "In Zukunft kann Menschenhandel und Verbrechen, die auf Antisemitismus, Rassismus, Xenophobie, geschlechtsspezifische Faktoren, sexuelle Orientierung oder andere Formen der Missachtung der Menschenwürde zurückzuführen sind, auch zum Verlust des Schutzstatus führen", heißt es in dem Dokument.
Eine Bundes- und Landesregierung-Arbeitsgruppe wird Wege zur Verbesserung der Dublin-Verfahren - die Regelungen für die Abschiebung von Asylbewerbern in andere europäische Staaten - untersuchen.
Personen, die ohne gültige Gründe in ihr Heimatland zurückkehren, verlieren den Schutz in Deutschland - zum Beispiel bei Urlaubsreisen. Allerdings kann eine Rückkehr zu einer Beerdigung gestattet sein, erklärte Staatssekretärin Anja Hajduk vom Bundesministerium für Wirtschaft.
Weniger Waffen in der Öffentlichkeit
Außerdem wird der Umgang mit Waffen in öffentlichen Räumen weiter geregelt. Dies beinhaltet ein Verbot, Waffen auf Fernbussen und Zügen, bei Volksfesten und anderen Großveranstaltungen mitzuführen. Switchblades werden ebenfalls verboten, mit Ausnahme von Jägern. Die Kriterien für Waffenerlaubnisse werden erhöht, um zu verhindern, dass Extremisten Waffen und Sprengstoffe erhalten.
Erweiterte Befugnisse für Sicherheitsbehörden
Die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Islamismus werden erweitert. Ermittlungsbehörden dürfen öffentlich zugängliche biometrische Bilder mit Fotos von Verdächtigen oder Gesuchten vergleichen. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wird dies zur Identitätsverifikation von Asylbewerbern gestattet.
Eine neue Task Force zur Prävention des Islamismus, bestehend aus Mitgliedern aus Wissenschaft und Praxis, wird die Bundesregierung in Zukunft beraten. Das Instrument der Vereinsverbote wird weiterhin gegen islamistische Vereinigungen eingesetzt.
Ein mutmaßlicher islamistischer Anschlag auf ein Stadtfest in Solingen am letzten Freitagabend hat drei Todesopfer und acht Verletzte gefordert. Der mutmaßliche Täter ist der syrische Issa Al H., der derzeit in Haft ist. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung Islamischer Staat (IS), die die Verantwortung für den Vorfall übernommen hat. Der Verdächtige sollte letztes Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden, doch das Verfahren scheiterte.
Union fordert mehr Maßnahmen, AfD sieht es als "Panik-PR"
CSU-Fraktionsvorsitzender Alexander Dobrindt sagte: "Es scheint, dass Dinge, die die Ampelkoalition bisher immer abgelehnt hat, jetzt doch möglich sind." Er kündigte eine gründliche Überprüfung an. Die Zahlen der illegalen Migration und Abschiebungen müssten sinken, sagte Dobrindt der Deutschen Presse-Agentur. Der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte dem "Tagesspiegel": "Es ist wenig daran falsch, aber es ist auch viel zu wenig, um die aktuelle Herausforderung anzugehen." Außerdem seien Grenzabweisungen entscheidend.
AfD-Chefin Alice Weidel nahm das Projekt nicht ernst. "Die Hauptschuldigen für die Migrationskatastrophe und die Verschlechterung der inneren Sicherheit tun nun, kurz vor den Landtagswahlen, so, als würden sie die Migrationskrise, die sie selbst verursacht haben, ernsthaft angehen", schrieb sie auf X. "Wähler werden sich von dieser reinen Panik-PR nicht blenden lassen."
Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der verbundenen BSW, zweifelte ebenfalls an der Ernsthaftigkeit der Pläne. "Während die BSW schon vor den Verbrechen in Mannheim und Solingen eine Begrenzung der unkontrollierten Migration gefordert hat, verkündet die Ampelkoalition die Maßnahmen nicht aus Überzeugung, sondern aus Angst vor Sonntag", sagte sie der dpa.
Das "Sicherheitspaket" wird voraussichtlich Diskussionen auslösen, insbesondere bei den Grünen. "Dass die Ampelkoalition auf den schrecklichen Terroranschlag in Solingen mit weiterer Verschärfung des Asylrechts reagiert, ist ein schlechtes Zeugnis", kritisierte die Vorsitzende der Grünen Jugend, Katharina Stolla. Allerdings lobte der Parteivorsitzende Omid Nouripour die Pläne: "Es ist gut, dass die Sicherheitsbehörden gestärkt werden, das Waffengesetz verschärft wird und wir in der Prävention Fortschritte machen."
SPD-Chefin Saskia Esken betonte in der "Augsburger Allgemeinen" den anhaltenden Kampf gegen den von Islamisten orchestrierten Terror. Sie betonte, dass bei der Umsetzung notwendiger Maßnahmen Humanität und Einhaltung internationaler Vereinbarungen für die SPD weiterhin Priorität haben werden. Justizminister Marco Buschmann (FDP) hob die Relevanz und Wirksamkeit einer geplanten Verbesserung der deutschen Sicherheitslage hervor.
Gruppen, die gegen den Plan sind, werden sich in der folgenden Woche zu weiteren Diskussionen treffen.
Das Vorgehen zur Erstellung dieses Maßnahmenpakets hatte bereits am Wochenende begonnen, ausgelöst durch den jüngsten Angriff. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte die Dringlichkeit, diese Maßnahmen nicht auf das kommende Jahr zu beschränken. Darüber hinaus versprach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), am Mittwoch Gespräche mit den Bundesländern und der Union, der größten Oppositionspartei, zu führen. Diese erste gemeinsame Sitzung wird Vertreter der drei Koalitionsparteien der Ampelkoalition zusammenbringen, die für die kommende Woche geplant ist.
Das neue Maßnahmenpaket enthält auch strengere Konsequenzen für Migranten, die Straftaten begehen, wie es in dem Dokument heißt: "In Zukunft werden Menschen leichter abschoben, wenn sie eine Straftat mit einer Waffe oder einem anderen gefährlichen Werkzeug begangen haben."
Die Grünen haben Bedenken geäußert, dass diese Maßnahmen die Rechte von Individuen beeinträchtigen könnten, wobei Britta Hasselmann feststellte: "Der Bundesverfassungsgericht hat klare Leitlinien zur Existenzsicherung für jeden, einschließlich Flüchtlinge, sowie zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs."