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Mehr Abschreckung gegen Russland: Wiederkehr des Wettrüstens?

Ab 2026 werden erneut US-Kreuzflugkörper in Deutschland stationiert werden. Viele Details und Hintergründe sind erst kurz nach der Ankündigung bekannt geworden.

Zukünftige Starts aus Deutschland sollen US-amerikanische Tomahawk-Kreu Cruise-Missiles beinhalten.
Zukünftige Starts aus Deutschland sollen US-amerikanische Tomahawk-Kreu Cruise-Missiles beinhalten.

- Mehr Abschreckung gegen Russland: Wiederkehr des Wettrüstens?

Die USA suchen die Zustimmung Deutschlands, um erstmals seit Jahrzehnten landgestützte Marschflugkörper und Langstreckenraketen in Deutschland zu stationieren. Kann diese Initiative die Abschreckung gegen Russland stärken? Weniger als einen Monat nach der Ankündigung liefern Experten Details und Hintergrundinformationen in diesem Q&A:

Was ist der Plan?

Auf der NATO-Gipfelkonferenz in Washington am 10. Juli gaben die USA und die deutsche Regierung bekannt, dass Langstreckenwaffensysteme der USA bis 2026 in Deutschland stationiert werden sollen. Diese konventionellen Einheiten, darunter SM-6, Tomahawks und derzeit in Entwicklung befindliche Hyperschallwaffen, werden eine deutlich größere Reichweite haben als bestehende landgestützte Systeme in Europa.

Die USA beschrieben dies als Beitrag zur europäischen Abschreckung und Demonstration des US-Engagements für NATO. Es wurden damals wenige Details genannt.

Welche Waffen kommen nach Deutschland?

Tomahawks sind Marschflugkörper mit einer Reichweite von über 2.000 Kilometern, die Ziele in Russland treffen können. Experten sagen, sie tragen eine 450-Kilogramm-konventionelle Sprengladung und haben eine Genauigkeit von etwa zehn Metern.

SM-6s sind vielseitige Raketen, die andere Raketen sowie Schiffe und in einer modifizierten Version Bodenziele abfangen können. Beide werden im Falle eines Notfalls in Deutschland von einem neuen mobilen System namens Typhon gestartet.

Was ist mit den neuen Hyperschallwaffen?

Die neue US-Hyperschallwaffe ("Long Range Hypersonic Weapon") nähert sich dem Abschluss, wie der deutsche Militär-experte und pensionierte Brigadegeneral Heinrich Fischer in der Augustausgabe von "European Security & Technology" schreibt. Sie fliegt mit fünffacher Schallgeschwindigkeit und hat eine Reichweite von über 2.500 Kilometern.

Wann gab es zuletzt Mittelstreckenraketen in Deutschland?

Das war während des Kalten Krieges. Als Antwort auf die Bedrohung durch sowjetische SS20-Mittelstreckenraketen beschloss NATO 1979 die "Doppelte Entscheidung", die den Einsatz von atomar bestückten US-Pershing-II-Raketen und Marschflugkörpern in Europa vorsah, während gleichzeitig Entspannungsgespräche mit der Sowjetunion eingeleitet wurden. Diese Gespräche endeten mit dem INF-Vertrag.

Was deckte der INF-Vertrag ab?

Der 1987 von den USA und der Sowjetunion unterzeichnete INF-Vertrag sah die Beseitigung aller landgestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 1.000 Kilometern sowie zwischen 1.000 und 5.500 Kilometern vor. Die USA traten 2019 aus dem Vertrag aus, da Russland die Entwicklung und Stationierung des 9M729 (NATO-Code: SSC-8) Mittelstrecken-Marschflugkörpersystems, das sowohl konventionelle als auch atomare Sprengköpfe tragen kann, vorgeworfen wurde.

Ist die Stationierung von US-Waffen in Deutschland eine Antwort auf den 9M729?

Zumindest teilweise. Andere Gründe sind die Stationierung von Iskander-Raketen, die atomare Sprengköpfe tragen können, im Kaliningrader Exklave und die Verlegung von russischen Kampfflugzeugen, die mit Luft-Boden-Hyperschall-Kinzhal-Raketen ausgestattet sind, in dieselbe Region.

Laut dem deutschen Verteidigungsministerium sind die US-Waffen hauptsächlich dazu gedacht, Deutschland durch Abschreckung zu schützen. Der politische Direktor Jasper Wieck erklärte in einem YouTube-Video, dass das Ziel darin besteht, einem potentiellen Aggressor zu verdeutlichen, dass ein Angriff schädlicher wäre als nützlich. Im Krisenfall könnten diese Waffen potenziell Raketenwerfer tief im russischen Territorium neutralisieren.

Gibt es auch Kernsprengköpfe für die Tomahawks?

Hans Kristensen, ein Atomwaffenexperte der Federation of American Scientists, antwortet klar mit nein. Er erklärt, dass die kernwaffenfähige Version (Block II, TLAM-N) ausgemustert und nicht mehr im Arsenal vorhanden ist. Die Kernsprengköpfe des Typs W80-0 wurden 2010 ausgemustert und 2012 zerstört.

Kristensen betont auch, dass es keine Pläne gibt, Kernsprengköpfe für die nach Deutschland bestimmten Waffen zu entwickeln. Allerdings hat das Westens anscheinend entschieden, dass es mehr konventionelle Feuerkraft mit mittlerer und langer Reichweite benötigt, um einen möglichen russischen Angriff auf NATO abzuwehren.

Beginnt ein neuer Rüstungswettlauf und ein neuer Kalter Krieg?

Aus Kristensens Perspektive ist es schwierig, die heutige Situation mit dem Kalten Krieg zu vergleichen. Er erkennt jedoch an, dass die angekündigte Stationierung von Langstreckenraketensystemen in Europa ein signifikanter Schritt in der eskalierenden militärischen Konkurrenz zwischen Russland und NATO ist.

"Mit dem Ende des INF-Vertrages sind beide Seiten frei, alles zu stationieren, was sie wollen, und die einzige Frage ist, wie stark die Aktion-Reaktion-Dynamik sein wird", sagt er der Deutschen Presse-Agentur. Der laufende Krieg in der Ukraine und das zunehmende militärische Aufrüsten und Säbelrasseln auf beiden Seiten haben die Bühne für eine noch tiefere militärische Rivalität bereitet.

Wie viele Tomahawks werden nach Deutschland entsandt und wohin?

Die deutsche Bundeswehr erklärt nur, dass noch viel Planung und Organisation bis 2026 erforderlich ist, so dass noch nicht gesagt werden kann, wie viele Tomahawks wo in Deutschland stationiert werden.

Werden Langstrecken-US-Waffen auch in anderen europäischen Ländern stationiert?

Bisher gibt es keine Ankündigungen in dieser Richtung. Ein möglicher Grund könnte sein, dass eine Stationierung weiter östlich eine zusätzliche Provokation für Russland darstellen würde. Die deutsche Bundeswehr erklärt, dass Deutschland aufgrund seiner zentralen Lage in Westeuropa besonders geeignet für die Stationierung ist.

Kristensen, der Atomwaffenexperte, findet es bemerkenswert, dass der Aufbau in Deutschland bilateral und nicht von NATO angekündigt wurde. Dies deute darauf hin, dass es schwierig war, eine NATO-Einigkeit über die Stationierung zu erzielen, sagt er.

Muss der Deutsche Bundestag in die Stationierungsentscheidung einbezogen werden?

Die geplante Einsätze haben in einigen Mitgliedern der SPD, der Partei der Bundeskanzlerin, Bedenken ausgelöst. Der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich warnte vor dem Risiko einer militärischen Eskalation. Im Gegensatz dazu betont der SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius die Bedeutung einer glaubwürdigen Abschreckung für die eigene Sicherheit Deutschlands. Er sagt, dass der Bundestag das Thema debattieren kann, aber nicht vor der Entscheidung der Regierung konsultiert werden muss.

Was passiert als nächstes?

Für Kristensen ist die Prognose klar: "Die USA reagieren auf russische Raketen mit INF-Reichweite und den russischen Krieg in der Ukraine, und Russland wird likely auf die US-Entscheidung reagieren", sagt er. "Das ist die Dynamik, die jetzt in vollem Gange ist und likely mit der Vertiefung des politischen und militärischen Rivalität zwischen den beiden Seiten fortgesetzt wird."

Obwohl die USA betonen, dass sie die Abschreckung verbessern, äußern einige Experten Bedenken regarding die mögliche Eskalation der Abschreckung von Russland. Die Einsätze dieser Waffensysteme könnten Spannungen verschärfen und eine unerwünschte Reaktion aus Moskau provozieren.

Die Ankündigung des Einsatzes hat Debatten innerhalb Deutschlands ausgelöst, da einige Mitglieder der Partei der Bundeskanzlerin Bedenken regarding das Risiko einer militärischen Eskalation haben. Der Verteidigungsminister betont jedoch die Notwendigkeit, eine glaubwürdige Abschreckung für die Sicherheit Deutschlands aufrechtzuerhalten.

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