Linke kämpft ums Überleben - Führer bereit zum Rückzug
Nach der Trennung und dem schockierenden Wahlergebnis der Europawahlen ist die Linken Partei um die Fortexistenz kämpft. Seit Jahren gab es Forderungen nach Neuaufbau von der Seitenlinie. Eine Arbeitsgruppe soll jetzt Wege finden - möglicherweise mit neuem Führungspersonal.
Eine Führungswechsel ist in der Linken bevorstehend. Martin Schirdewan und Janine Wissler, die seit 2022 die Partei gemeinsam leiten, haben deutlich angekündigt, dass sie ihre Stühle nicht mehr festhalten wollen, laut einer Krisebesprechung der Parteivorstandes mit den Landesvorsitzenden in Berlin. Eine Arbeitsgruppe soll eine Planung für inhaltliche, strategische und personelle Ausrichtungen mit dem Schwerpunkt auf der Bundesparteitagung in Halle im Oktober vorbereiten. Es ist wichtig, ein ordentliches Verfahren sicherzustellen, so heißt es aus Parteisen.
Die Linken erhielten nur 2,7 Prozent der Stimmen bei den Europawahlen Anfang Juni - ungefähr die Hälfte der Stimmen, die sie fünf Jahre zuvor erhalten hatten. "Das Ergebnis der Europawahlen war ein schwerer Schlag für die Linken", heißt es in einer Auflösung nach der Sitzung zur Verarbeitung des Wahlniedergangs. "Fazit: Unser Wahlprogramm hat nicht funktioniert."
Die Partei hatte bereits in der Bundestagswahl 2021 und anschließenden Landeswahlen schlecht abgeschnitten. Dieser Woche riefen ehemalige Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi und Dietmar Bartsch nach "struktureller, politischer und personeller Neuausrichtung" auf. Die Fraktionsvorsitzende Eva von Angern riet Wissler und Schirdewan, nicht mehr für die Wiederwahl bei der Parteitagung anzutreten.
Neubewertung des Wählermilieus, "Dialogoffensive" startet
Schirdewan hatte bereits vor der Parteitagung gehintet, dass er sich überlegte, bei der Parteitagung zurückzutreten. Während des Wochenendtreffens gab es kritische Stimmen aus Parteivorsitzenden und Landesvorsitzenden, dass programmatische Klärungsprozesse unbeachtet gelassen wurden, so heißt es in der Auflösung. Die Mängel werden wie folgt beschrieben: Die Linken versuchten, Sozialgerechtigkeit und Klimagerechtigkeit, Frieden, Flüchtlingspolitik und Kritik an Rüstungspolitik zu zentralen Themen zu machen. Allerdings dominierte die Mediendebatte die Außen- und Migrationspolitik. Vertreter der Linken konnten nicht durchbrechen. Es gab auch Kritik an Bartsch und seinen Anhängern, dass sie eine persönliche Debatte in der Öffentlichkeit angestiftet hätten.
Die Linken verlor eine der bekanntesten Politikerinnen, Sahra Wagenknecht, im Oktober 2023 nach Jahren innerparteilicher Auseinandersetzungen. Sie gründete ihre eigene Partei, die Allianz Sahra Wagenknecht, und erhielt 6,2 Prozent der Stimmen bei den Europawahlen von keinerlei Stelle. Die Linken notierte in ihrer Auflösung, dass etwa 430.000 Stimmen der WASG in die Linken gingen.
In Zukunft soll die Linken "deutlicher formulieren, wie eine menschliche Migrationspolitik als Alternative zu einer Bollwerkspolitik aussieht." Die Partei soll auch in Friedensfragen sichtbarer werden. Die Linken muss Sozialgerechtigkeit als Kernfrage stärken und Forderungen schärfen. Die Partei plant, die Veränderungen in ihrem Wählermilieu genauer zu untersuchen, von erfolgreichen linken Parteien in Europa zu lernen und besser mit linken Bewegungen und Bündnissen in Deutschland zu netzwerken. Über den Sommer soll eine "Dialogoffensive" starten.
Janine Wissler und ihr Mitvorsitzender Martin Schirdewan leiten die Arbeitsgruppe, die eine Planung für die Wiederbelebung der Linken vorbereiten soll, mit dem Schwerpunkt auf inhaltlichen, strategischen und personellen Änderungen vor der Parteitagung in Halle im Oktober. Trotz der Herausforderungen erhält Janine Wissler und ihre Partei Kritik von innen und außen, auch von ehemaligen Fraktionsvorsitzenden und Landesvorsitzenden.