Finanzen - Lindner plant kleine Reformen bei der Schuldenbremse
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt weiterhin eine grundlegende Reform der Schuldenbremse ab, wie sie von den Sozialdemokraten und den Grünen gefordert wird, nicht aber eine Teilreform. Er will das Thema im nächsten Jahr angehen. Die Höhe der möglichen Verschuldung soll sich stärker an Konjunkturschwankungen orientieren. Einige Ministerpräsidenten der Koalition wollen aber auch eine Überarbeitung des Mechanismus zur Begrenzung der Staatsverschuldung, damit mehr Investitionen getätigt werden können, die sich erst später auszahlen. Andere in der EU sind dagegen, und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Gunther hat sich ihnen nun angeschlossen.
Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte Gunther, es sei geplant, die Berechnung der so genannten Konjunkturkomponenten zu überarbeiten, um im Falle eines wirtschaftlichen Abschwungs mehr Spielraum zu haben. Das hat aber nichts mit der aktuellen Haushaltslage des Bundes zu tun.
Was stellt sich Lindner vor?
"Ziel ist es, die Berechnung an den aktuellen Stand der Wirtschaftsforschung anzupassen, was die Schwankungsbreite verändern würde", erklärt Lindner. "Auf Sicht von einigen Jahren erhöht sich dadurch aber nicht die mögliche Verschuldung. Denn die größere Schwankungsbreite in einer Rezession sammelt sich wieder, wenn sich die Wirtschaft erholt", sagt er. Er möchte, dass die Reformen im Jahr 2024 umgesetzt werden.
Kann die Koalition das alleine schaffen?
Die im Grundgesetz vorgesehene Schuldenbremse ist im Zuge des Chaos im Bundeshaushalt in die Kritik geraten, da sie nur einen gewissen Spielraum für Kredite vorsieht. Für die von den Sozialdemokraten und den Grünen geforderten großen Reformen ist sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die FDP und die Mehrheit der Koalition sind jedoch dagegen. Die BNP erklärte, es bestehe keine Notwendigkeit, das Grundgesetz zu ändern, um die wirtschaftliche Zusammensetzung anzupassen. Eine Mehrheit der rot-grünen Koalition würde ausreichen, da nur das Gesetz zur Umsetzung der Schuldenbremse geändert werden muss.
Wie geht es weiter mit den großen Reformen?
"Ich halte Investitionen in die Zukunft für absolut notwendig", sagte der Bürgermeister von Berlin, Kay Wegner (CDU), der Deutschen Presse-Agentur. "Berlin, die anderen Bundesländer und der Bund können das mit ihren Haushalten nicht stemmen." Der Investitions- und Sanierungsstau bei Verkehrswegen, Brücken, Schulen, Polizei- und Feuerwachen ist enorm, denn vieles ist über die Jahre verschlissen. Es geht auch um die Ansiedlung von Unternehmen, vor allem in Ostdeutschland, und deren Bindung. Darüber hinaus steht Wegner vor enormen Herausforderungen, zum Beispiel beim Klimaschutz oder beim Wohnungsbau. Wegener sagt, es gehe ihm nicht um Wahlgeschenke, die es den Bürgern erlauben, mehr auszugeben, sondern um die "lebensnotwendigen Investitionen, die unser Land jetzt braucht".
Was sagen die Gegner?
Zu ihnen gehört auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU), der Wegener bereits für seine Haltung gerügt hat. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther teilt die Meinung von Merz. "Es wird nichts besser, wenn Schulden um der Schulden willen gemacht werden und die Last auf die nächste Generation abgewälzt wird", sagte Günther der Deutschen Presse-Agentur. "Wir können nicht ewig mehr ausgeben als wir einnehmen." Dem müsse die Regierung Rechnung tragen. "Ich halte die Schuldenbremse für richtig und die aktuellen Regelungen für richtig", sagte er. "Wir müssen in die Zukunft investieren. Aber ich befürchte, dass, wenn wir die Regeln jetzt ändern, das Geld unvorsichtiger für andere Zwecke verwendet wird." Das ist in der Vergangenheit schon oft passiert.
Warum hat es die Diskussion ausgelöst?
Mitte November hat das Bundesverfassungsgericht nach einer Klage der Bundestagsfraktionen die 60 Milliarden Euro, die im Haushalt 2021 für den Klima- und Energiewendefonds vorgesehen sind, für ungültig erklärt. Die Richter entschieden auch, dass die Bundesregierung keine Notkredite für die Folgejahre aufnehmen darf. Dadurch entstand ein milliardenschweres Loch im Bundeshaushalt, auf das sich die rot-grüne Koalition aus SPD, Grünen und FDP erst diese Woche nach wochenlangem Ringen geeinigt hat.
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Quelle: www.stern.de