Lassen Neandertaler-Gene früh aufstehen?
Jeder Mensch verfügt über eine innere Uhr, die die Schlaf- und Wachphasen steuert. Das Team hat nun herausgefunden, dass Frühaufsteher ihre Eigenschaften möglicherweise von besonderen prähistorischen Menschen geerbt haben.
Wer gerne früh aufsteht und früh zu Bett geht, hat möglicherweise Gene, die ursprünglich von Neandertalern stammen, in seinem Genom. Das hat ein Forschungsteam unter der Leitung von John Capra, einem Epidemiologen an der University of California in San Francisco, herausgefunden. Experten sprechen in diesem Zusammenhang vom sogenannten circadianen Rhythmus, also der Fähigkeit eines Organismus, alle seine Prozesse während eines 24-Stunden-Tages zu synchronisieren.
Insgesamt wurden 246 Gene, die mit der menschlichen circadianen Uhr zusammenhängen, genauer untersucht. Darüber hinaus wurde Neandertaler-DNA genutzt und mit der genetischen Information moderner Menschen verglichen. „Als wir die Teile der Neandertaler-DNA analysierten, die in modernen menschlichen Genomen enthalten sind, stellten wir einen alarmierenden Trend fest“, sagte der Epidemiologe John Capra von der University of California in San Francisco, zitiert „Guardian“ .
Um die vorläufigen Ergebnisse zu validieren, verwendeten die Forscher Daten der britischen Biobank, die genetische, Gesundheits- und Lebensstilinformationen von einer halben Million Menschen enthält. Wissenschaftler glauben, dass aufgrund der Kreuzung der Vorfahren des modernen Menschen mit Neandertalern einige heute lebende Menschen möglicherweise Neandertaler-Varianten in sich tragen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Genome Biology and Evolution veröffentlicht.
Innere Uhr und Anpassung an das Tageslicht
Die Auswertung der Daten ergab, dass die meisten Menschen, die Träger von Neandertaler-Genvarianten sind, auch dem Frühaufsteher-Chronotyp zuzuordnen sind. Für das Forschungsteam ist es denkbar, dass diese Gene von Vorteil waren, weil sie es den Neandertalern ermöglichten, sich besser an das Leben in hohen Breiten mit saisonalen Änderungen der Tageslänge anzupassen. Es ist auch denkbar, dass diese Gene als evolutionärer Vorteil bis heute weitergegeben wurden. Allerdings glauben Forscher nicht, dass Frühaufsteher zu Zeiten des Neandertalers tatsächlich von Vorteil waren. „Stattdessen glauben wir, dass es ein Signal dafür ist, dass die innere Uhr schneller läuft und dass Menschen besser in der Lage sind, sich an saisonale Schwankungen des Lichtniveaus anzupassen“, sagte Capra.
Moderne Menschen tragen bis zu vier Prozent Neandertaler-DNA in sich. Dazu gehören Gene, die mit der Hautpigmentierung, dem Haar und dem Immunsystem zusammenhängen. Der Grund: Vor etwa 70.000 Jahren wanderten die direkten Vorfahren des Menschen, der Homo sapiens, von Afrika nach Eurasien ein. Dort trafen sie auf Neandertaler, die vor Hunderttausenden von Jahren in der Gegend gelebt und sich an das kalte Klima angepasst hatten.
Obwohl die Daten der aktuellen Studie starke Beweise liefern, hängt die Frage, ob ein Mensch ein Morgenmensch ist, nicht allein von den Neandertaler-Genen ab. An der Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus des modernen Menschen sind viele weitere Faktoren wie Umwelt- und Kultureinflüsse sowie andere Gene beteiligt. Für Neandertaler vor Tausenden von Jahren wäre es jedoch zweifellos von Vorteil gewesen, mit der Nahrungssuche zu beginnen, sobald das Licht hell genug war.
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Quelle: www.ntv.de