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Kürzere Einbürgerungsfrist: "Lippenbekenntnisse" sind nicht genug

Die Behörden rechnen mit mehr Anträgen aufgrund des neuen Staatsangehörigkeitsgesetzes. Es soll Menschen, die alle Voraussetzungen erfüllen, ermutigen, Deutsche zu werden. Ein Blick auf das Kleingedruckte.

Heute tritt in Deutschland ein neues Staatsangehörigkeitsgesetz in Kraft.
Heute tritt in Deutschland ein neues Staatsangehörigkeitsgesetz in Kraft.

Staatsangehörigkeitsrecht - Kürzere Einbürgerungsfrist: "Lippenbekenntnisse" sind nicht genug

Mit der Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsgesetzes hat die rot-grüne Koalition eines ihrer zentralen Projekte in der Migrationspolitik umgesetzt. Die neuen Regeln gelten seit Donnerstag und bieten kürzere Wartezeiten und die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft für alle. Um landesweit einheitliche Umsetzung zu gewährleisten, sollen laut Angaben des Bundesministeriums des Innern den Bundesländern Vorgaben zur Anwendung dieser Regeln vor der Beginn datum des neuen Gesetzes donnerstags gesendet worden sein.

Die Vorgaben haben jedoch keine bindende Wirkung für die Bundesländer, wie ein Sprecher dem Deutschen Presse-Agentur erklärte: "Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Bundesländer sich an den Anwendungsvorschriften des Bundesministeriums des Innern orientieren, um die Staatsbürgerrechtsvorschriften einheitlich anzuwenden."

Das Koalitionsgesetz sieht nun vor, dass eine Antragsstellung für die deutsche Staatsbürgerschaft nach fünf Jahren möglich ist, wenn der Antragsteller alle Bedingungen erfüllt. Ausgezeichnete Integrationsleistungen erlauben die deutsche Staatsbürgerschaft nach drei Jahren. Bedingungen für eine beschleunigte Staatsbürgerschaft sind gute Leistungen an der Schule oder einer Arbeit, hervorragende Sprachkenntnisse oder freiwillige Engagements. Die doppelte Staatsbürgerschaft ist in der Regel erlaubt.

Fünf-jährige Statt achtjährige Wartezeit

Alle Kinder, die in Deutschland geboren sind, sind nun deutsche Staatsbürger und können die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern beibehalten, wenn mindestens ein Elternteil nach deutschem Recht seit mehr als fünf - statt der vorherigen acht - Jahren und mit unbeschränkter Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland gelebt hat. Die sogenannte Optionsregelung, die bisher für junge Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind, galt, wird abgeschafft. Um die Leistungen der DDR-Arbeitsverträge und sogenannten Gastarbeiter zu würdigen, wurden die Anforderungen an die Staatsbürgerschaft für diese Gruppen gesenkt.

"Viele haben daran lange gewartet," sagte der Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD) dem Deutschen Pressedienst. "Deutschland hat endlich mit dieser Reform Schritt gehalten."

Die FDP betonte, dass die Gebühren für die Staatsbürgerschaft, trotz kürzerer Wartezeiten, nicht gesenkt würden. "Ein deutsches Pass wird schneller, aber schwerer, weil die Anforderungen an die Staatsbürgerschaft deutlich gesteigert wurden," sagte FDP-Interiorpolitiker Stephan Thomae.

Ein höherer Anzahl von Anträgen bedeutet nicht notwendigerweise, dass es im Langzeittem in einer erheblich höheren Anzahl von Neudeutschen geben wird. "Jene, die Deutsche werden wollen, müssen finanziell auf eigenen Füßen stehen, anders als bisher," sagte FDP-Bundestagsabgeordnete. "Des Weiteren machen wir Prüfungen schwerer, damit Antisemiten und Menschen, die unsere Werte nicht teilsamen, nicht naturalisiert werden," fügte sie hinzu.

Die Deutsche Vereinigung der Landkreise erwartet eine signifikante Erhöhung von Staatsbürgerschaftsanträgen. "Wir schätzen, dass die Anzahl der Staatsbürgerschaftsanträge verdoppelt, in manchen Fällen sogar dreifacht so hoch wird," sagte Präsident Reinhard Sager dem "Bild"-Zeitung.

In den letzten Jahren hat die Anzahl der Neudeutschen deutlich zugenommen: In Deutschland wurden 2023 etwa 200.100 Ausländer naturalisiert - die höchste Zahl seit Beginn der Zeitserie im Jahr 2000. Laut Bundesstatistikamt lag die Zahl etwa 31.000 (plus 19%) höher als im vorherigen Jahr, als die Zahl bereits um rund 37.000 (+28%) angewachsen war.

Eine "Lippenbekenntnis" von Deutschland reicht nicht aus

Laut Angaben des Innenministeriums enthalten die an die Bundesländer gesandten Anwendungsvorschriften Hinweise auf Indikatoren, die auf eine unzureichende "Lippenbekenntnis" an die frei demokratische Grundordnung des Grundgesetzes und Deutschlands "Sonderverantwortung" für die Nationalsozialistische Diktatur und ihre Folgen hinweisen könnten. Dazu zählten beispielsweise Aufrufe zur Zerstörung des Staates Israel und entsprechende Sympathien auf sozialen Medien, sowie Aufrufe zum Krieg und homophobe Maßnahmen.

Das Bundesministerium des Innern bietet praktische Anleitungen an, wie man feststellen kann, ob jemand, der als Teil der sogenannten Gastarbeitergeneration gilt, keinen schriftlichen Sprachkenntnisnachweis mehr benötigt, mindestens ausreichende mündliche Sprachkenntnisse hat.

Genauere Richtlinien existieren für die nun beschränkte Möglichkeit einer so genannten "diskreten Naturalisierung". Das gilt beispielsweise in Fällen ernsthafter Krankheit oder wenn jemand wegen der Pflege von Angehörigen nicht unabhängig verdienen kann. Laut Ministerkreisen ist die Voraussetzung für eine Naturalisierung aufgrund der Notstandsregelung, dass jemand, der zu den in Gesetz genannten gefährdeten Gruppen gehört, "objektiv alles Mögliche getan und fähig war, um eigene Einkünfte zu sichern" und noch, teilweise oder vollständig, von der öffentlichen Hilfe abhängig ist.

  1. Das Bundesministerium des Innern hat den Bundesländern vor der Gültigkeit der neuen Staatsbürgerschaftsregeln Vorschriften zur Anmeldung mitgeschickt.
  2. Das Migrationspolitik-Projekt der Verkehrslicht-Koalition, das Staatsangehörigkeitsgesetz, bietet kürzere Wartezeiten und erlaubt Doppelbürgerschaft.
  3. Das neue Staatsbürgerrecht erlaubt Kindern, die in Deutschland geboren sind und ausländischen Eltern haben, nach fünf Jahren Deutsche zu werden, wenn sie alle Bedingungen erfüllen.
  4. Die FDP kritisierte den Fehlenschluss bei der Senkung der Naturalisationsgebühren trotz kürzerer Wartezeiten und engere Naturalisationsanforderungen.
  5. Die Deutsche Städtetag erwartet aufgrund der neuen Regeln einen bedeutenden Anstieg an Naturalisationsanträgen.
  6. Das Bundesministerium des Innern hat Richtlinien zur Bestimmung erlassen, ob jemandes "Lippenbekenntnis" an Deutschland demokratischen Prinzipien unzreiche ist.
  7. Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik wurden in Deutschland im Jahr 2023 rund 200.100 Ausländer naturalisiert, die höchste Zahl seit 2000.
  8. Das neue Staatsbürgerrecht enthält auch Bestimmungen für discrétionäre Naturalisierung in Fällen von schweren Krankheiten oder finanzieller Not.

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