Inhaltsverzeichnis
- Wo soll im Nordseegebiet Erdgas gefördert werden?
- Wie soll das Erdgas aus der Nordsee gefördert werden?
- Was für einen Anteil der deutschen Nachfrage kann das Erdgas aus der Nordsee decken?
- Was ist der Zeitplan für das Projekt vor Borkum?
- Kann das Projekt weiter verzögert werden?
- Warum ist eine internationale Rechtsvereinbarung notwendig?
- Wie sieht die Politik das Energieprojekt?
- Was sagt die zuständige Behörde zu den Klimaschutzbedenken?
- Was sagen Umweltaktivisten?
- Ist das Erdgasprojekt vor Borkum das Wattenmeer zerstörend?
Nach 18 Jahren hat die zuständige niedersächsische Behörde die Bohrung genehmigt. Worum geht es bei dem Projekt? Wann startet es? Und was bedeutet das alles für die Wattensee? Ein Überblick:
Wo soll im Nordseegebiet Erdgas gefördert werden?
Die niederländische Öl- und Gasfirma One-Dyas möchte zusammen mit Partnerunternehmen Erdgas fördern – und zwar bis zu fast vier Kilometer tief aus dem Feld N05-A, das die Niederländer im Jahr 2017 entdeckt haben, sowie möglicherweise aus umliegenden Gasfeldern. Das Feld N05-A befindet sich etwa 20 Kilometer nordwestlich der Inseln Borkum und Schiermonnikoog an der Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden, in der Nähe des Niedersächsischen Wattenmeer-Nationalparks.
Das Gasfeld wird auf ein förderbares Volumen von bis zu 13 Milliarden Kubikmetern Erdgas geschätzt. Das Feld N05-A gehört zur sogenannten GEMS-Region. One-Dyas schätzt, dass dort insgesamt rund 50 Milliarden Kubikmeter förderbares Erdgas vorhanden sind.
Laut früheren Unternehmensangaben könnten jährlich bis zu zwei Milliarden Kubikmeter Gas über die geplante Plattform gefördert werden. Da die Förderung nur für den Inlandsbedarf gedacht ist, wird das Volumen laut One-Dyas in den kommenden Jahren mit dem voraussichtlichen Rückgang der Nachfrage sinken. One-Dyas plant, Erdgas über einen Zeitraum von 10 bis 35 Jahren zu fördern.
Wie soll das Erdgas aus der Nordsee gefördert werden?
Mit einer Produktionsplattform, die etwa 500 Meter vor den deutschen Hoheitsgewässern errichtet werden soll. Von der etwa 40 Meter hohen Plattform aus werden die Bohrungen schräg in das Gasfeld getrieben. Um das Gas an Land zu transportieren, wird eine Pipeline verlegt, die an eine bestehende Pipeline in der Nordsee angeschlossen wird. Die Plattform wird mit Strom aus dem benachbarten deutschen Offshore-Windpark Riffgat versorgt.
Was für einen Anteil der deutschen Nachfrage kann das Erdgas aus der Nordsee decken?
Nur einen relativ kleinen. Laut Bundesnetzagentur wurden letztes Jahr rund 81 Milliarden Kubikmeter Gas in Deutschland verbraucht. Das waren etwa fünf Prozent weniger als im Vorjahr. Mit zwei Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Jahr würde die Plattform demnach eine eher überschaubare Bedeutung haben.
Im Vergleich zur vorherigen deutschen Gasförderung wäre der Standort jedoch von Bedeutung. Laut Bundesverband Erdgas, Öl und Geothermie wurden letztes Jahr landesweit rund 4,3 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefördert – der Großteil davon in Niedersachsen (98 Prozent). Mit dem hier geförderten Erdgas wurde letztes Mal etwa 5,7 Prozent des deutschen Gasbedarfs gedeckt.
Was ist der Zeitplan für das Projekt vor Borkum?
One-Dyas möchte bereits Ende 2024 mit der Förderung des ersten Erdgases beginnen. Der Einbau der Produktionsplattform war bereits für den Anfang August geplant. Zudem wird temporär eine mobile Bohrmaschine eingesetzt. Des Weiteren werden im Herbst eine neue etwa 15 Kilometer lange Gasleitung und eine etwa acht Kilometer lange Stromleitung unter Wasser verlegt, um die Produktionsplattform anzuschließen.
Kann das Projekt weiter verzögert werden?
Ja, das Projekt kann weiterhin verzögert werden.
Dies ist möglich. Es ist damit zu rechnen, dass, wie in den Niederlanden, auch gegen die deutsche Planungsgenehmigung rechtliche Schritte eingeleitet werden. Letztes Jahr hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) angekündigt, gegen das Projekt vor Gericht zu gehen, wenn es von den niedersächsischen Behörden genehmigt würde. Zudem ist ein Vertrag zwischen Deutschland und den Niederlanden erforderlich.
Warum ist ein internationales Abkommen notwendig?
Da One-Dyas Erdgas sowohl auf niederländischem als auch auf deutschem Territorium fördern möchte, ist neben Bergbaurechten ein internationales Abkommen zwischen Deutschland und den Niederlanden erforderlich – eine sogenannte Unitarisierungsvereinbarung. Die Bundesregierung verhandelt dies seit dem Sommer 2022. "Der Hauptinhalt des Abkommens ist die Aufteilung der Lagerstätte, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Behörden und die Feld- und Fördergebühren", sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums.
Diese Verhandlungen laufen noch, wie das Ministerium von Robert Habeck (Grüne) mitteilt. Kein Sprecher machte Aussagen zu einem möglichen Zieltermin. Vom Niedersächsischen Wirtschaftsministerium von Olaf Lies (SPD) wurde gesagt, dass die Erdgasförderung vor Borkum ultimately only be implemented if the federal government reaches an agreement with the Dutch state. "Hier liegt die finale Entscheidung", sagte ein Ministeriumssprecher in Hannover.
Wie sieht die Politik das Energieprojekt?
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte im Jahr 2022: "Das Beste wäre, das Erdgasförderprojekt zu stoppen." Die Koalitionsparteien der Bundesregierung haben sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt: "Wir wollen keine neuen Genehmigungen für Öl- und Gasbohrungen jenseits der bereits erteilten Rahmengenehmigungen für die deutsche Nord- und Ostsee."
In Niedersachsens Landespolitik hat es ein Hin und Her um dieses Projekt gegeben. Ursprünglich war die damalige Regierung aus SPD und CDU klar gegen die Erdgasförderung vor Borkum. Allerdings hat diese Koalition ihre Position unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine revidiert. Im Koalitionsvertrag der aktuellen rot-grünen Landesregierung steht, dass der "Schutz der Umwelt, der Natur, der Waddensee und der Insel" bei der Planfeststellungsverfahren für die Förderung vor Borkum zentral sein wird.
Der niedersächsische Umwelt- und Energieminister Christian Meyer (Grüne) erklärte im Frühjahr, dass es aus Sicht seines Ministeriums und vor dem Hintergrund der Klimaziele Niedersachsens "grundsätzlich keinen Bedarf mehr" für die Erdgasförderung vor der niedersächsischen Küste gebe. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) verzichtete hingegen darauf, eine persönliche Meinung zur Gasförderung zu äußern. Er verwies beispielsweise auf das laufende rechtliche Verfahren, durch das die geplante Förderung geht.
Was sagt die Landesbehörde zu den Klimaschutzbedenken?
Der Präsident der Behörde, Carsten Mühlenmeier, betonte, dass die Genehmigung ein frühes Ende der Gasförderung vorsieht, sobald in Deutschland kein natürliches Gas mehr als Energieträger benötigt wird. "Aber solange in Deutschland noch Erdgas verbraucht wird, gilt: Das Erdgas aus heimischen Lagerstätten ist deutlich klimaschonender als das importierte", sagte Mühlenmeier.
Was sagen Umweltaktivisten?
Für Umwelt- und Klimaschützer ist die Genehmigung eine Katastrophe. Eine Umweltallianz plant, die umstrittene Gasfördergenehmigung vor der Nordseeinsel Borkum gerichtlich anzufechten. Die Deutsche Umwelthilfe hat dies angekündigt. Ihr Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner warf dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) vor, die Interessen eines Gasunternehmens über die Natur und die Einheimischen zu stellen. "Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen", sagte er. Der Status des Wattenmeers als Weltnaturerbe ist bedroht.
Kritik an der Genehmigung für das Bohren kam auch von Greenpeace. Die Umweltorganisation hatte kürzlich gegen die Pläne vor Borkum demonstriert und fordert nun, dass die Bundesregierung das Projekt stoppt. Greenpeace verlangt, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) keinen etwaigen Vertrag zwischen den Niederlanden und Deutschland genehmigen.
Das Gasfeld N05-A, das in der Nähe des Niedersächsischen Wattenmeer-Nationalparks liegt und bis zu 13 Milliarden Kubikmeter Erdgas enthält, soll aus bis zu vier Kilometern Tiefe gefördert werden. Dieses Erdgas, das jährlich über eine Plattform gefördert werden könnte, würde potenziell durch eine bestehende Pipeline in der Nordsee an Land transportiert werden.
Trotz der Genehmigung des Projekts durch die niedersächsische Landesbehörde sehen Umweltaktivisten die Genehmigung als Desaster für die Natur und die lokale Gemeinschaft und haben angekündigt, sie gerichtlich anzufechten. Der Status des Wattenmeers als Weltnaturerbe könnte durch diese Förderung gefährdet sein.