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Ibrahim A. hat die Wahl zwischen Inhaftierung und psychiatrischer Behandlung.

Messerstecherei in Brokstedt

Ibrahim A. hatte Drogenprobleme und war ein Wiederholungstäter.
Ibrahim A. hatte Drogenprobleme und war ein Wiederholungstäter.

Ibrahim A. hat die Wahl zwischen Inhaftierung und psychiatrischer Behandlung.

Im Januar 2023 ereignete sich in einem Regionalzug im schleswig-holsteinischen Brokstedt ein schrecklicher Vorfall. Fast anderthalb Jahre später geht der Prozess gegen den Täter Ibrahim A. zu Ende. Der Richter muss entscheiden, ob er ein Mörder oder ein psychisch labiler Mensch ist.

Auf einer regulären Pendlerfahrt von Kiel nach Hamburg steigt Ibrahim A. in Neumünster in den Zug. Er hatte seinen vorherigen Zug nach Hamburg verpasst, weil er keine Fahrkarte hatte. Mit einem aus einem Supermarkt gestohlenen Messer geht er auf die Fahrgäste los. Am Bahnhof Brokstedt wird er überwältigt, zwei Menschen sterben, 5 weitere werden schwer verletzt.

Seit Juli 2023 steht A. wegen des Überfalls, der die Nation schockiert hat, vor Gericht. Dem heute 34-Jährigen werden zwei Morde, vier Mordversuche und Körperverletzung vorgeworfen. Eines seiner Opfer, eine Frau, die ihm gegenüber saß und sich später vor dem Prozess das Leben nahm, hatte schwere Verletzungen erlitten.

Die Staatsanwaltschaft fordert eine lebenslange Freiheitsstrafe und die Feststellung einer besonders schweren Schuld, die eine vorzeitige Entlassung ausschließt. Zu ihrer Verteidigung erklärte Staatsanwältin Janina Seyfert, die Zeugen hätten ausgesagt, der Angriff sei spontan erfolgt. Nach dem ersten Angriff seien die Passagiere geflüchtet, und A. habe wissentlich weitere Opfer ins Visier genommen. Der Angriff war seine Art, Fremde während einer regulären Zugfahrt zu töten, um seine Frustration über seine schwierigen Lebensumstände auszudrücken.

Problematische Situation

A. hatte zuvor bei den Behörden in Kiel erfolglos eine Verlängerung der Haftunterlagen beantragt. Er war vor den Anschlägen etwa ein Jahr in Hamburg aus der Haft entlassen worden und wurde als Drogenkonsument und Obdachloser identifiziert. Der aus dem Gazastreifen stammende Mann lebte seit 2014 legal als Flüchtling in Deutschland. Nachdem er jedoch mehrere Straftaten begangen hatte, wurde versucht, ihm den subsidiären Schutz zu entziehen.

Die Straftat löste eine politische Diskussion über A.s rechtliche und flüchtlingsrechtliche Verantwortung aus. Die Kommunikation zwischen den Strafverfolgungs- und Einwanderungsbehörden der verschiedenen Bundesländer und der Zentralregierung war stark gestört.

Seit Beginn des Prozesses im Juli 2023 haben 38 Verhandlungstage stattgefunden, an denen 97 Zeugen und Sachverständige befragt wurden. Fahrgäste, Polizeibeamte und Notdienstmitarbeiter schilderten ihre Erlebnisse während des Vorfalls im Regionalexpress und am Bahnhof in jener Winternacht.

Keine Rechtfertigung

Der Verteidiger Björn Seelbach drängte auf einen förmlichen Freispruch und wies A. in eine psychiatrische Anstalt ein. Er sah A. als psychisch krank und nicht schuldfähig an und bestand darauf, dass sein Mandant von Beginn des Prozesses an aus der Untersuchungshaft in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen wird.

Der vom Gericht bestellte psychiatrische Sachverständige, Professor Arno Deister, sah jedoch keine psychische Beeinträchtigung, die die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten mindern würde. Deister stellte das Vorliegen einer psychischen Erkrankung fest, die durch eine schwere posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) verursacht wurde. Es gab jedoch keine Beweise dafür, dass er am Tag des Vorfalls nicht in der Lage war, seine Handlungen zu verstehen oder zu kontrollieren. Das Gericht lehnte einen Antrag auf ein zweites Gutachten kurz vor Abschluss der Beweisaufnahme ab.

Der Verdächtige hatte anfangs in einer verwirrten Rede bestritten, der Täter zu sein. Später ließ er jedoch von seinem Anwalt eine Erklärung verlesen, in der er sich für die Tat entschuldigte und betonte, er sei provoziert worden und habe die Kontrolle verloren. In seinen letzten Worten erklärte der Palästinenser: "Ich habe nichts zu sagen".

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Quelle: www.ntv.de

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