Apotheken - Hustensaft bis Insulin – Klagen über anhaltende Lieferengpässe
Nach Angaben des Niedersächsischen Apothekerverbandes hat sich das Problem der Lieferengpässe bei Medikamenten verschärft. DPA-Vorstandsmitglied Gabriele Röscheisen-Pfeifer sagte, dass beispielsweise verschiedene blutdrucksenkende Medikamente, Antidepressiva für Jugendliche oder bestimmte Asthmamedikamente nicht verfügbar seien. „Wir haben Hustensäfte und nicht einmal Insulin. Täglich kommen neue Produkte zum Portfolio hinzu“, sagt der Oldenburger Apotheker.
Die Kammer rät den Patienten, ihre Apotheke vor Ort aufzusuchen, da diese viel bewirken kann – zum Beispiel einen Arzt konsultieren, alternative Behandlungen in Anspruch nehmen oder zum Beispiel Fiebersaft oder Zäpfchen für Kinder selbst herstellen.
„Die Gesundheitsversorgung der Bürger ist gewährleistet“, sagte Christina Arbogast, Staatssekretärin im Niedersächsischen Gesundheitsministerium. „Aber es gibt durchaus Probleme, etwa die unmittelbare Verfügbarkeit bestimmter Arzneimittel. Arbogast sagte, die Bundes- und Landesregierungen hätten Veränderungen eingeleitet und würden nach Lösungen suchen, auch digital.
Apotheker sind frustriert über die Bundesregierung. Sie kritisieren sich selbst dafür, dass sie mit zunehmender Bürokratie belastet werden. Röscheisen-Pfeifer sagte, Lieferschwierigkeiten führten zu Mehrarbeit, die weder wertgeschätzt noch belohnt werde. Besorgniserregend ist auch der Mangel an Palliativmedikamenten, die das Leiden Sterbender lindern sollen.
Versorgungsschwierigkeiten sind ein nationales Problem. Cathrin Burs, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Branche habe Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seit Jahren auf sich verschärfende Lieferengpässe hingewiesen. „Wir fordern den Minister auf, uns zuzuhören und einen konstruktiven Dialog zu führen“, betonte Burse.
Als Hauptgrund nannte der Kammerpräsident schlechte Entwicklungen in der Vergangenheit. Aus Kostengründen wurde daher die Produktion von Wirkstoffen für den Weltmarkt auf mehrere Unternehmen in Fernost verlagert. So hieß es in der Ankündigung beispielsweise, dass im Ausland produzierte Schilddrüsenmedikamente erst ab 2028 verfügbar sein werden. Boors forderte eine weitere Steigerung der Produktion von Wirkstoffen und Medikamenten in der EU.
„Wenn die Politik jetzt nicht handelt, wird sich der Niedergang der Apotheken weiter beschleunigen“, warnte Berend Groeneveld, Präsident des Niedersächsischen Apothekerverbandes. Die Bewältigung von Lieferengpässen sei aufgrund des Personalmangels schwieriger geworden. In Niedersachsen gibt es rund 1.700 Apotheken, vor einem Jahrzehnt waren es noch über 2.100. Groeneveld forderte außerdem mehr Studienplätze und Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich Pharmazie für Niedersachsen.
Die lange Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte hat Apotheker verärgert. Seit Samstag müssen sie prüfen, ob das Medikament tatsächlich verfügbar ist, bevor sie selbst Maßnahmen ergreifen. Andernfalls könnten sich die Krankenkassen Ersatzprodukte möglicherweise nicht leisten, erklärte die Kammer. Doch niedersächsische Apotheker kritisierten die Liste als nicht aktuell.
„Wenn eine Mutter mit einem fiebrigen Baby vor der Tür stünde, würde ich ungeduldig darauf warten, dass der Geburtsengpass in 14 Tagen entdeckt wird“, sagte Jens-Peter Kloppenburg, Apotheker in Goslar. Kloppenburg bezeichnete die Liste als „bürokratisches Monster“. „Ich habe immer daran geglaubt, dass es zu den Versprechen des Sozialstaates gehört, Kinder zumindest regelmäßig mit bestmöglichen Medikamenten zu versorgen. Dieses Versprechen wird brüchig.“
Premierminister warnt vor Lieferengpässen
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Quelle: www.stern.de